IEDM 2017

Energieeffizientes Computing und Sensing für die Zettabyte-Ära

7. Dezember 2017, 0:13 Uhr | Gerhard Stelzer
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Energieeffizientes Computing

Für energieeffizientes Computing gibt es derzeit nur zwei Drehknöpfe, niedrigere Spannungen durch neue Transistorstrukturen oder ein Betrieb bei niedrigerer Temperatur (kryogenische Elektronik). Vor 2000 folgte die Skalierung der Spannung Dennard’s Law. Bis 2010 dann verlangsamte sich der Prozess und mündete in eine Quasisättigung bei 0,8 V, die bei konventionellem CMOS auf dem Prinzip der Anregung von Elektronen beruhen, die eine Barriere überwinden müssen. Um mit diesem fundamentalen Problem fertig zu werden, wurde eine neue Klasse an Schaltern mit steilem Gefälle (Steep Slope Devices) entwickelt, wie TFETs (Tunnel-FETs), NEM-Relais, NC-FETs (FETs mit negativer Kapazität) und Metall-Insolator-Transition- oder Phasen-Wechsel-Schalter. Jeder dieser Schalter besteht aus drei Transistoren. Steep-Slope-Schalter wie TFETs erlauben mit Versorgungsspannungen von 0,3 V und Schwellenspannungen von 0,1 V energieeffizientere Schaltungen, mit CMOS unmöglich. Jenseits von CMOS ist der TFET mit einer gated p-i-n-Diode, die in Sperrvorspannung betrieben wird und quantenmechanisches Band-zu-Band-Tunneln nutzt, der erfolgreichste Vertreter dieser neuen Gattung. Von Steep-Slope-Transistoren wie Tunnel-FETs verspricht man sich, dass man die Möglichkeiten des energieeffizienten Designs auf Basis von Nano-CMOS bis 2030 erweitern kann.

Jenseits der Transistorstrukturen versprechen 3D-Chips mit feinkörniger monolithischer 3D-Integration mit ultradichten Datenübertragungskanälen ebenfalls Verbesserungen bis zum Faktor 1000 beim Energy-Delay-Produkt. Ein Beispiel dafür ist die Nano-Engineered Computing-Systems Technologiekonzept (N3XT). Die Schlüsselelemente für N3XT sind Logik und Speicher die sich bei niedrigen BEOL-kompatiblen Temperaturen (Back End of Line) in dünnen Schichten herstellen lassen und die die Formung von ultra-dichten Vias zwischen den Lagen zulassen. Beispiele dafür sind die EU-Projekte e-BRAINS und e-CUBES, bei denen es sich um vollständige IoT-Sensorknoten mit integriertem Fog-Computing handelt.

Könnte Quanten-Computing ein konvergenter Pfad mit Nano-CMOS sein? Im Gegensatz zu einem konventionellen Computer ist die Informationseinheit bei einem Quantencomputer das Quanten-bit oder Qubit. Qubits zeichnen sich dadurch aus, dass sie gleichzeitig eine Überlagerung (Superposition) mehrerer Zustände repräsentieren und damit die Rechenleistung gewaltig steigern. Bereits eine kleine Zahl von Partikeln in Überlagerung kann eine enorme Menge an Informationen tragen. 1000 Partikel in Überlagerung beispielsweise repräsentieren jede Zahl von 1 bis 21000 (ca. 10300) und Quantencomputer können diese Zahlen parallel manipulieren. Als Implementierungen kommen beispielsweise gefangene Ionen (trapped ions), Elektronen-/Löcher-Spin, Dotierungssubstanzen und Stickstoff-Leerstellen in Diamanten-Gittern in Frage. Nachteil ist, dass praktisch alle Quantencomputer derzeit stark gekühlt in der Nähe des absoluten Nullpunkts betrieben werden müssen.

Beispiel für ein 3D-Nanosystem, das im Rahmen des Programms Nano-Engineered Computing System Technology (N3XT) entworfen wurde.
Beispiel für ein 3D-Nanosystem, das im Rahmen des Programms Nano-Engineered Computing System Technology (N3XT) entworfen wurde.
© EPFL / IEDM 2017

Neuromorphisches Computing ist ein weiteres Verfahren, das sich in Kontrast zum von-Neumann-Computing an der Biologie orientiert und Gehirnstrukturen nachbildet. Die Blaupause für eine vom Gehirn inspirierten neuromorphischen Prozessors ist die Art wie Speicher und Recheneinheiten organisiert und verbunden sind. In biologischen Systemen sitzen Speicher und Recheneinheiten beieinander, so dass ein Neuron-Synapsen-Konstrukt gleichzeitig mehrere Funktionen ausführen kann, wie speichern und nicht-lineare Operationen. Die Energieeffizienz einer solchen Architektur ist außergewöhnlich. Während konventionelle Computer MegaWatt an Leistung aufnehmen, um solch komplexe Rechnungen anzustellen, kommt das menschliche Gehirn mit rund 20 Watt hin. Neuromorphisches Computing kann so extrem von niederschwelligen (subthreshold) CMOS-Implementierungen profitieren und so kommen neue Familien von Low-Power-Devices wie Memristive Komponenten mit zwei Anschlüssen und Steep-Slope-Devices mit 3 Anschlüssen.

IBM hat mit TrueNorth einen energieeffizienten, vom Gehirn inspirierten Prozessor realisiert, mit Fähigkeiten der Wahrnehmung, Aktion und Erkenntnis. Der neurosynaptische Prozessor mit 4096 neurosynaptischen Cores, 1 Mio. digitalen Neuronen und 256 Mio Synapsen kommt mit 65 mW aus und liefert dabei eine Rechenleistung von 400 GSOPS/W.


  1. Energieeffizientes Computing und Sensing für die Zettabyte-Ära
  2. Energieeffizientes Computing
  3. Energieeffizientes Sensing

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu IBM Entwicklung und Forschung

Weitere Artikel zu Mikroprozessoren

Weitere Artikel zu Grafikprozessoren

Weitere Artikel zu Energy Harvesting