Einflussgrößen ESR und Rippelstrom

Tipps zur Auswahl des richtigen Kondensators

2. Dezember 2023, 11:00 Uhr | Von Alexander Nebel, Yageo; Redaktion: Kathrin Veigel
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Schritt für Schritt zum passenden Kondensator

In einem ersten Beispiel geht es um eine DC-Link-Anwendung. Diese Anwendungen benötigen Kondensatoren, um kurzfristige Lastwechsel zwischen Eingang und Ausgang zu puffern. Durch die eventuell auftretenden hohen Rippelströme sollte auch der verwendete Kondensator eine hohe Rippelstrombelastbarkeit und natürlich auch eine lange Lebenszeit haben. Im folgenden Beispiel wird die beste DC-Link-Lösung gesucht.

Die Anforderungen sind:

  • Kapazität: min. 800 μF
  • Spannung: min. 650 V (DC)
  • Umgebungstemperatur: 80 °C bis 85 °C
  • Lebenszeit: min. 40 k Stunden
  • AEC-Q200 qualifiziert

Für diese Anforderungen kommt Tantaltechnologie nicht infrage, da deren maximal mögliche Spannung von 75 V (DC) die Anforderungen weit unterschreitet. Auch Keramikkondensatoren sind weniger gut geeignet, denn aufgrund des hohen geforderten Kapazitätswertes müsste eine hohe Anzahl Keramikkondensatoren parallelgeschaltet werden. Demnach erscheinen auf den ersten Blick Film- oder Elektrolytkondensatoren als sinnvolle Wahl.

Bei der Filmtechnologie ist die C4AQ-Serie von Yageo eine gute Wahl speziell für Automotive-Anwendungen. Das Bauteil C4AQJEW6130M3BJ mit einer Kapazität von 130 µF bei 700 V (DC) passt sehr gut. Um die geforderte Mindestkapazität von 800 µF zu erreichen, werden insgesamt sieben Kondensatoren in Parallelschaltung benötigt (7 x 130 µF = 820 µF). Insgesamt ist der maximale errechnete Rippelstrom 42,9 Arms.

In Aluminium-Elektrolyt-Technologie ist die Snap-in-Serie ALA8D für Automotive-Anwendungen geeignet. Es werden insgesamt vier Kondensatoren (je zwei in Reihe und parallel) des Typs ALA8DC821EF400 mit einer Kapazität von 820 µF bei 400 V benötigt, um die geforderte Spannung von 650 V (DC) zu realisieren. Damit wird ein Rippelstrom von 7,81 Arms erreicht. Die errechnete Lebenszeit dieser Aluminium-Elektrolyt-Lösung ist höher und die Gesamtkosten wären niedriger und gleichzeitig ist auch der benötigte Platz auf der Platine kleiner. Allerdings ist der maximale Rippelstrom auch deutlich niedriger als bei der Lösung mit Filmkondensatoren.

Welche Lösung am Ende die beste ist, hängt also von den Anforderungen der Applikation und dem Fokus ab.

Ein weiteres Beispiel behandelt eine Resonanzkondensator-Anwendung. In Resonanzkreisen werden Kondensatoren parallel zum Halbleiter geschaltet, um Spannungsspitzen zu begrenzen. Bei der Schaltung parallel zum Halbleiter wird auch der Begriff Snubber-Kondensator verwendet. Die höchste Effizienz wird erreicht, wenn die Resonanzfrequenz erreicht ist. Also ist hierfür ein ideal passender Resonanzkondensator nötig.

Die typischen Anforderungen für Resonanzkondensatoren sind ein möglichst niedriger ESR-Wert und eine hohe Rippelstromverträglichkeit bei der gewählten Frequenz. Auch muss der Resonanzkreiskondensator eine hohe dv/dt-Verträglichkeit haben und natürlich stabil über den kompletten Temperaturbereich sein.

Die Anforderungen sind:

  • Kapazität: 60 nF bis 70 nF
  • Spannung: min. 2000 V (DC)
  • Strom und Spannung: 15 Arms und 310 Vrms bei 75 kHz dV/dT: 5 V/µs
  • Umgebungstemperatur: 85 °C
  • Lebenszeit: min. 40 k Stunden
  • AEC-Q200 qualifiziert

Bei diesen Anforderungen lässt sich aufgrund der hohen geforderten Maximalspannung kein Tantalkondensator verwenden. Außerdem bieten Aluminium-Elektrolyt-Kondensatoren nicht die hohen geforderten Stromwerte aus dem Applikationsbeispiel; man würde gleich mehrere Kondensatoren parallelschalten müssen. Daher ist der erste Ansatz in diesem Fall die Film- oder Keramiktechnologie.

Die Konnekt-KC-Link-Keramik-Class-1-C0G-Lösung von Yageo ist eine sehr kleine Lösung in SMD-Bauart und daher ein guter Ansatz, wenn nur wenig Platz auf der Platine zur Verfügung steht. Mit 2.000 V (DC) gibt es einen 30-nF-Kondensator, von dem insgesamt zwei Stück parallelgeschaltet werden müssen, um die geforderte Kapazität von 60 nF zu erreichen. Der maximale Rippelstrom pro Kondensator beträgt 8,2 Arms.

Das Online-Tool K-SIM von Yageo macht es leicht, unterschiedliche Kondensatoren miteinander zu vergleichen – blaue Kurve: Keramikkondensator, gelbe Kurve: Filmkondensator
Bild 2 und 3. Das Online-Tool K-SIM von Yageo macht es leicht, unterschiedliche Kondensatoren...
© Yageo

In Filmtechnologie ausgeführt eignet sich ein metallisierter Polypropylen-Typ, wie zum Beispiel die R76-Serie. Das Bauteil R76UR2330GYH3J bietet eine Maximalspannung von 2.000 V (DC)/700 V (AC) und 33 nF. Auch hier sind zwei Kondensatoren parallel nötig. Pro Kondensator ist ein maximaler Rippelstrom von 9,8 Arms möglich, also unwesentlich mehr als mit der Lösung mit Keramikkondensatoren.

Das Online-Tool K-SIM von Yageo macht es leicht, unterschiedliche Kondensatoren miteinander zu vergleichen – blaue Kurve: Keramikkondensator, gelbe Kurve: Filmkondensator
...miteinander zu vergleichen – blaue Kurve: Keramikkondensator, gelbe Kurve: Filmkondensator
© Yageo

Mit dem Online-Tool K-SIM ist es möglich, beide Kondensatoren in einem Diagramm darzustellen und damit die individuellen Eigenschaften zu erkennen (Bild 2 und 3). Die blaue Kurve stellt den Keramikkondensator dar, die gelbe Kurve den Filmkondensator. Auch der Graph zeigt, dass der Filmkondensator einen höheren Rippelstrom bietet.

Mit Keramik-MLCCs spart man Platz auf der Platine, die Filmlösung bietet einen höheren Rippelstrom. Auch hier kommt es auf die Anforderungen in der Applikation und die Prioritäten an, um die richtige Entscheidung zu treffen. Genau wie im ersten Beispiel gibt es auch hier nicht die eine perfekte Lösung.

Zusammenfassung

Um die beste Auswahl eines Kondensators für Anwendungen mit hohen Rippelströmen zu finden, müssen mehrere Aspekte der Applikation und der unterschiedlichen Kondensatortechnologien berücksichtigt werden. Die zwei Beispiele haben gezeigt, dass es nicht die eine Lösung gibt, sondern dass mehrere Ansätze die gewünschten Anforderungen erfüllen – und darüber hinaus jeweils individuelle Vorteile haben können.

Bei Keramikkondensatoren sind hohe Spannungswerte bei hohen Frequenzen möglich und das auf besonders wenig Bauraum. Gleichzeitig sind die maximal möglichen Kapazitätswerte limitiert, sodass in einigen Fällen nur eine Parallelschaltung aus mehreren Kondensatoren infrage kommt. Tantalkondensatoren können Rippelströme gut vertragen, bieten höhere Kapazitätswerte als Keramikkondensatoren, sind aber bei der Maximalspannung limitiert.

Aluminium-Elektrolyt-Kondensatoren bieten hohe Kapazitätswerte mit akzeptabler Rippelstrombelastbarkeit. Mit den etwas teureren Polymer- oder Hybridkondensatoren sind sogar noch höhere Rippelströme zu erzielen. Filmkondensatoren sind die beste Technologie, wenn es um hohe Rippelströme und hohe Spannungen geht, allerdings wird hier im Verhältnis zu den anderen Technologien mehr Bauraum benötigt und der Preis eines einzelnen Kondensators kann auch höher sein.

Um die beste Kondensatorlösung zu finden, sollte man also idealerweise alle zur Verfügung stehenden Technologien hinsichtlich ESR, Strom, benötigter Bauteilmenge, dem benötigten Platz auf der Platine und den Kosten abwägen. Natürlich kommt auch immer eine Kombination verschiedener Technologien infrage, um die einzelnen Vorteile kombiniert nutzen zu können.

Als Hilfe für die Auswahl gibt es Simulationstools wie das von Yageo. Sie bieten realistische Anhaltspunkte, die Anwender optimal dabei unterstützen, das Verhalten der Bauteile unter unterschiedlichen Bedingungen zu simulieren. Final kann ein Test in der Applikation unter realen Bedingungen die letzten wichtigen Erkenntnisse liefern.

Alexander Nebel von Yageo-Elektronik
Alexander Nebel von Yageo-Elektronik.
© Yageo

Der Autor

Alexander Nebel
ist Technical Marketing Coordinator und Field Application Engineer für globale Automotive-Kunden bei der Yageo Group.

 


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  2. Schritt für Schritt zum passenden Kondensator

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