Der Brillouin-Effekt beruht auf der inelastischen Streuung von Licht an akustischen Photonen. Das bedeutet, dass Licht, das an thermisch erregten Schallwellen gestreut wird, eine Frequenzverschiebung erfährt, die gleich der Frequenz der streuenden Schallwelle ist. Bei der verteilten Brillouin-Sensorik werden mittels einer Glasfaser Dehnungs- und Temperaturänderungen auf 0,5 m entlang der gesamten Sensorkabellänge positionsgenau angezeigt.
Die Sensorfasern werden in geeignete Kabel integriert. Über das Brillouin-Messgerät werden optische Laser-Signale unterschiedlicher Frequenz von beiden Seiten in die Glasfaser geschickt. Treffen die Wellen aufeinander, entsteht charakteristisches Streulicht (die sogenannte Brillouin-Rückstreuung), das von der Messelektronik ausgewertet wird. Es ändert sich signifikant, sobald die Faser infolge mechanischer oder thermischer Beanspruchung gedehnt oder gestaucht wird.
Durch eine Laufzeitmessung des Laserlichts erfolgt die Ortszuordnung. Eine Laufzeit von zum Beispiel 10 ns entspricht etwa einer Strecke von 1 m. Wird parallel eine Referenzfaser so verlegt, dass auf sie keine Kräfte einwirken, dann kann man mit dieser die Temperaturänderungen allein erfassen. Durch Vergleich mit den Werten der Messfaser lassen sich die mechanischen Verformungen ermitteln. In der Praxis kann die Faser eine Länge bis zu einigen km haben.
Auch für dieses Messverfahren eignen sich Standard-Glasfasern. Ein sicherer Kraftschluss zwischen Faser und überwachtem Objekt ist unumgänglich. Dazu dienen speziell entwickelte Klebe- und Instrumentierungstechniken.
Praktisch angewendet wird dieses Verfahren zur Überwachung von Großbauwerken wie Strecken der Bahn (Bild 4), Brücken und Tunneln. Die Messungen beginnen bereits während der Bauzeit und laufen nach Fertigstellung weiter. Damit lassen sich kleinste elastische Verformungen (Bild 5) ebenso wie plastische Verschiebungen und Senkungen im Boden nachweisen. Wird die Faser in einem Mäandermuster verlegt, sind die Veränderungen auch zweidimensional erfassbar.
Kasten: Kommerzielle Messgeräte für Bauwerk-Überwachung |
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Messgeräte, die die Rayleigh-Streuung nutzen, stellt zum Beispiel die US-Firma Luna Innovations (www.lunainc.com) her (deutscher Vertrieb: Polytec, www.polytec.de). Die Grund-Wellenlänge ist hier 1550 nm, der Abstimmbereich 90 nm, die erreichbare räumliche Auflösung 10 µm, die Reichweite 70 m. Sehr aktiv auf dem Gebiet der Brillouin-Streuung sind zum Beispiel die Firmen GGB mbH in Rötha (www.ggb.de) und GESO GmbH & Co Projekt KG in Jena (www.geso.eu), die beide eng miteinander kooperieren. Die GESO GmbH nutzt schon seit Jahren auch die Raman-Streuung, um Tunnel und Bohrlöcher zu überwachen. |
Auch an einem Industriehallendach wurden sie schon zur Schneelast-Überwachung eingesetzt sowie an einem Steilufer auf Rügen, um die Erdrutschgefahr bestimmen zu können (Bild 6).
Nur für Temperatur: Raman-Streuung
Hier handelt es sich um inelastische Streuung von Licht an optischen Photonen im Glas. Die Wellenlängenverschiebung ist hier stärker als bei Brillouin-Streuung, und zwar temperaturabhängig. Die zurückkommende Wellenlänge kann auch hier wieder größer oder kleiner sein als die eingespeiste. Damit sind keine Dehnungsmessungen möglich, wohl aber ortsaufgelöste Temperaturmessungen. Auch diese geben wichtige Informationen über strukturelle Veränderungen, etwa im Bergbau und in Tunneln. Durch die Messung der Laufzeit des Lichts wird der Ort der Beeinflussung ermittelt. Auch hier sind kostengünstige Standard-Telekommunikationsfasern verwendbar.