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DSF entwickelt Drohnenschutz für Flughäfen

5. Februar 2021, 17:23 Uhr | Heinz Arnold
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Die Kombination der Sensorsysteme ist der Schlüssel

Angela Kies, DFS: Die Sensorfusion ist also der Schlüssel für den Aufbau eines sehr verlässlichen Systems für die Drohnenerkennung und ihre Klassifizierung.
Angela Kies, DFS: Die Sensorfusion ist der Schlüssel für den Aufbau eines sehr verlässlichen Systems für die Drohnenerkennung und ihre Klassifizierung.
© DFS

Welche Sensorsysteme kommen zum Einsatz?

Das Zusammenspiel dreier Sensoren muss funktionieren: Passives Radar, die RF-Detektion und verschiedene Kamerasysteme. Der Einsatz von Akustiksystemen, so unsere Erkenntnis, ist an einem Großflughafen nicht praktikabel.
Die geschickte Kombination der drei genannten Sensorsysteme ist der Schlüssel für den Aufbau eines verlässlichen Systems, das sowohl die Erkennung von Drohnen ermöglichst, außerdem das Tracking, also die Nachverfolgung und die Klassifizierung. Die bislang an verschiedenen Flughäfen weltweit installierten Systeme basieren auf diesen Überlegungen. Ihre Effizienz ist jedoch noch ausbaufähig.

Wenn eine Drohne im Anflug erkannt und als gefährlich kategorisiert wurde, wie wird sie abgewehrt?

Die DFS ist für die Detektion der Drohnen zuständig, nicht für die Drohnenabwehr – das ist die Aufgabe der Polizeibehörden. Wir als DFS sind ja auch gar keine grundsätzlichen Gegner von Drohnen – im Gegenteil: Wir begrüßen grundsätzlich deren Einsatz, es gibt sehr viele nützliche und auch insgesamt für die Gesellschaft wertvolle Anwendungsfälle. Deshalb müssen wir die Drohnen in unser gesamtes Sicherungskonzept einbinden – wir sprechen von der sicheren und fairen Integration von Drohnen in den Luftverkehr. Unsere Hauptaufgabe als Flugsicherung besteht darin, im gesamten Luftraum für Sicherheit zu sorgen.

Was wären denn wertvolle Anwendungsfälle für Drohnen?

Beispielsweise Drohnen, die Überlandleitungen und im Allgemeinen Infrastrukturen aller Art inspizieren können oder Drohnen, die Medikamente und andere dringende Güter sehr schnell ausliefern.
Bislang war das Hauptproblem, dass Drohnen für uns unsichtbar waren. Im Jahr 2016 haben wir mit der Deutsche Telekom gemeinsam die Idee entwickelt, eine Ortung über die vorhandene Mobilfunkstruktur zu ermöglichen. Die Drohne wir mit dem „hook-on-device“ (HOD) ausgestattet und sendet ihre Position.
Unser im Jahr 2019 gemeinsam mit der DT gegründete Tochterunternehmen Droniq vermarktet dieses System, das sichere Drohnenflüge auch außerhalb der Sichtweite möglich macht.
Das wird möglich durch die DFS-Entwicklung eines Air Traffic Management Systems für unbemannte Luftfahrzeugsysteme, das UTM. Das UTM zeigt die von den HODs gesendeten Daten und kombiniert sie mit anderen Informationen, über die wir als Flugsicherung verfügen. So entsteht eine Live-Luftlage, die sowohl die unbemannten als auch die bemannten Flüge umfasst.
Das System ermöglicht dem Operator die Flugplanung, die sichere Durchführung und weitere wichtige Tools. Sogar einen Workflow mit den Genehmigungsbehörden kann das UTM leisten, hier haben die Entwickler der DFS ganze Arbeit geleistet.
Dieses System ist natürlich für die Drohnen gedacht, die wir als „kooperativ“ bezeichnen, die also sichtbar sein wollen. Rund um die Flughäfen geht es vielmehr um die frühzeitige Erkennung der sogenannten „unkooperativen“ unbemannten Luftfahrzeuge.
 
Worin bestehen dabei die großen Schwierigkeiten?

Die erste Schwierigkeit: Drohnen sind relativ klein. Sie müssen vom gesamten übrigen Luftverkehr im Hintergrund sicher unterschieden werden, genauso wie von Vögeln, Flugdrachen oder Ballons. Zweitens gibt es sehr viele Störquellen. Was sich in unseren Tests an der Startbahn West in Frankfurt ebenfalls als schwierig herausgestellt hat, sind die nahen Bäume, die sich im Wind bewegen. Auch Bewegungen am Boden, etwa Autos, könnten die Systeme fälschlicherweise als Drohnen identifizieren. Am Frankfurter Flughafen haben wir eine zusätzliche Herausforderung: Für den Bau des neuen Terminalgebäudes sind rund 50 Kräne in Einsatz. Auch diese stellen für die Sensorik eine schwierige Hintergrundbedingung dar.

Wie kann das System mit den vielen Täuschungsmöglichkeiten zurechtkommen und doch die echten Drohnen aus dem Datenwust herausfiltern?

Genau deshalb ist es so wichtig, dass die verschiedenen Sensorsysteme zusammenarbeiten und ihre Daten zusammengeführt und ausgewertet werden. Das Stichwort ist Multisensordatenfusion: Die Informationen, die aus den Daten der verschiedenen Systeme zusammen ermittelt werden, sind detaillierter und ergeben einen besseren Aufschluss über die tatsächliche Situation, als die Informationen, die aus den Daten jedes einzelne System für sich alleine gewonnen werden könnten. Die Sensorfusion ist also der Schlüssel für den Aufbau eines sehr verlässlichen Systems für die Drohnenerkennung und ihre Klassifizierung.

Worin besteht nun der nächste Schritt?

Sobald die Daten fertig ausgewertet sind, legen wir die Ergebnisse dem Verkehrsministerium vor. Auf dieser Basis wird das Verkehrsministerium über die weiteren Schritte entscheiden.
Bedenken muss man dabei, dass sich die Luftfahrtbranche zwar in einer großen Krise befindet, die Einnahmeverluste durch Corona sind immens – gleichzeitig stellen wir auch in Zeiten mit wenig Flugverkehr eine Vielzahl von störenden und Drohnenflügen im Flughafenbereich fest. Es besteht also  Handlungsbedarf.

Gibt es Erfahrungen mit solchen Systemen im Ausland?

2018 gab es Zwischenfälle mit Drohnen an englischen Flughäfen. Daraufhin haben sich einige Flughäfen recht kurzfristig dort auf dem Markt erhältliche Systeme beschafft. Soweit wir erfahren haben, ist die Effizienz dieser Systeme noch ausbaufähig.

Diese Erfahrungen können also nicht ohne Weiteres auf den Aufbau der Systeme zum Schutz der Flughäfen hierzulande angewendet werden? Was ist das Besondere an dem Ansatz der DFS?

Weil eben kein System von einer Firma allein allen Anforderungen genügt, halten wir unseren zentralen Ansatz für sehr effektiv.
Unsere gründlichen Tests bilden eine Basis für den schrittweisen Aufbau eines soliden Systems, das sich idealerweise für den Einsatz an allen Flughäfen eignet und dennoch die heterogenen Gegebenheiten vor Ort berücksichtigt.
Das führt sowohl zu einem technisch überzeugenden als auch wirtschaftlich sinnvollen System, das zu vertretbaren Kosten eingekauft und betrieben werden kann.

Gibt es Aktivitäten auf EU-Ebene hinsichtlich der Erkennung von Drohnen?

Die EASA (European Aviation Safety Agency) hat 2020 eine Task-Force ins Leben gerufen, die Empfehlungen für den Umgang mit Drohnen im Flughafenumfeld entwickelt. Rechtlich verbindliche Vorgaben stehen noch aus.

Wird sich die Entwicklung des Systems der DFS für den Schutz der Flughäfen vor Drohnen nicht doch noch relativ lange hinziehen? Ist das nicht ein Widerspruch zu der akuten Bedrohungslage?

Wir haben mit den Tests im vergangenen Jahr eine Basis geschaffen, auf der die weiteren Aktivitäten erfolgen können. Alle Beteiligten gemeinsam sind nun gefragt, eine solide und nachhaltige Lösung zu schaffen. Hier geht Gründlichkeit vor Aktionismus.


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