Exklusiv-Interview zum neuen VDE-Papier

»Wir müssen die junge Generation im Schulunterricht erreichen«

21. Juni 2023, 10:33 Uhr | Corinne Schindlbeck
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Schulterschluss mit Fridays for Future?

Wie schwer vorstellbar ist es, für einen Sympathie- und Image-Boost einfach ganz offiziell den Schulterschluss mit Fridays for Future zu schließen und ab sofort die Protestbewegung offiziell zu unterstützen? 

Dr.-Ing. Michael Schanz: »Ganz offiziell« dürfte schwierig sein. Ich selbst kann mich nicht mit 20-prozentigen Schulstreiks identifizieren. FFF hat aber Aufmerksamkeit auf das Klimathema gelenkt. Deswegen sollte der Aufruf lauten, sich jetzt konstruktiv zu 100% (nicht zu 80%) einzubringen. Elektrotechnik wird unter Jugendlichen nicht mit Erreichung der Klimaziele in Verbindung gebracht – das ist Fakt. Durch das Papier hoffen wir, mittelfristig die junge Generation im Schulunterricht zu erreichen. Außerdem möchten wir eine Imagekampagne lostreten, um dann diese GenZ auch außerhalb der Schulen, also in den sozialen Medien anzusprechen. Wir wissen, dass diese Generation sehr leistungsbereit ist, wenn denn die »Sinnfrage« geklärt ist. »Elektro- und Informationstechnik« muss in den Schulen beim Namen genannt werden. Woher sollen denn die jungen Leute wissen, was zu studieren ist, um einen Beitrag zur Klimatransformation zu leisten?

Dr.-Ing. Damian Dudek: Schauen Sie, nach dem zweiten Weltkrieg lag die deutsche Bevölkerung wirtschaftlich am Boden. Maßnahmen wie der Marshallplan haben ihre Wirkung gezeigt. FFF hat einen wesentlichen Akzent in der Politik gesetzt und die Medien berichten darüber. Ein selbstverstärkendes System also. Das ist ein wichtiger Schritt zur Sensibilisierung der Gesellschaft, der einen emotionalen, aber diffusen Denkprozess ausgelöst hat. Jetzt kommen andere Maßnahmen, wie das Festkleben auf Straßen. Doch liegt der offensichtlich nächste Schritt auf der Hand: Wir müssen nicht nur unseren Lebensstil anpassen, sondern auch für den technischen Fortschritt an den Herausforderungen ausrichten und dabei auf Energieeffizienz setzen. Das ist die Währung von morgen.

Zu den Unterstützern gehören vor allem TU-Professorinnen und Professoren. Keine HAW-Vertreter? 

Dudek: Das ist nicht richtig. Wir haben eine Vielzahl an unterstützenden Personen von HAWs, die auf dem Papier gelistet sind und einige eben nicht. Das Papier ist organisch gewachsen, vor allem an den Kontakten, die ich in die Forschungswelt habe, und irgendwo muss man einen Anfang machen.

Schanz: Der Initiator des Papiers ist Dr. Dudek. Er ist inzwischen ein Kollege im VDE und ab 1. Juli Geschäftsführer der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE (ITG). Ich selbst habe zugearbeitet und das Papier auf unsere aktuellen Vorhaben synchronisiert. Im Zuge dessen haben wir sowohl bei der offiziellen Vertretung der Uni-Fakultäten als auch der HAW-Fachbereiche um Unterstützung gebeten. Das Papier erschien den jeweiligen Vorständen zum Zeitpunkt der Vorlage noch etwas unfertig. Diese Vertretungen hätten dann auch in einen Abstimmungsprozess der leitenden Gremien gehen müssen. Schwierig zu koordinieren, wenn das Papier selbst noch in der Abrundungsphase ist. Immerhin kamen aus diesen Reihen wertvolle einzelne Hinweise. 

Aus dem von mir betreuten VDE-Ausschuss »Studium Beruf und Gesellschaft« sind zwei HAW-Professoren dabei. Es ist aber kein Papier dieses Ausschusses, weil nicht hier entstanden. Der Grund der »Übermacht« der Universitätslehrenden ist einfach: Herr Dudek kennt aus seiner Vergangenheit der DFG viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die mehrheitlich von den Universitäten kommen. Darunter sind sehr bekannte Leute. Ich hoffe, das erzeugt entsprechenden Druck.

Wagen Sie zum Schluss noch einen Ausblick? 

Dudek: Wir sind ein Land voller Ideen, leben in einer Demokratie und wollen unsere erarbeitete Lebensqualität nicht nur halten, sondern auch steigern. Unsere Ressourcen, um dies aufrecht zu erhalten, sind Köpfe. Wir alle in diesem System sind gefragt, unseren Beitrag hierfür zu leisten. Es hat sich gelohnt, es lohnt sich und es wird sich lohnen!  


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