Bernd Scheunert unterrichtet seit zehn Jahren Elektrotechnik an einer gymnasialen Oberstufe im Saarland, davor 13 Jahre an einer Berufsschule in Hessen. Die Zahl an technikbegeisterten Schülern sei »rapide zurückgegangen«, bestätigt er. Doch was Verbesserungen angeht, ist er »pessimistisch«. Warum?
Zum neuen VDE-Positionspapier für mehr Nachwuchs in Elektro- und Informationstechnik schreibt uns Bernd Scheunert: »Ich stimme im Grundgedanken mit der Aussage von Herrn Dr.-Ing Dudek überein, dass man die junge Generation in der Schule abholen muss, denn von ihrem Elternhaus wird Technik-Interesse kaum noch geweckt.«
In Scheunerts Jugend sei »noch viel repariert und selbst gebaut« worden, zumindest »musste man als Kind mal mit angreifen.« Scheunerts Interesse an Elektrotechnik habe sich entwickelt, »weil ich eine eigene Musik-Anlage haben wollte, die ich mir nicht leisten konnte.«
Doch einen solchen Mangel würden viele Schüler so nicht mehr erfahren, »ein Handy hat heute jeder« – und die Vorgänge darin »interessieren keinen«. Diejenigen, die sich dennoch interessiert zeigten, würden schnell in die Nerd-Ecke gestellt, beobachtet Scheunert – »auch von den Lehrern«.
Aus Sicht von Scheunert müsste daher die Schule »den Zugang zur Technik übernehmen.« Doch »eine flächendeckende Entwicklung in diese Richtung« sieht der Lehrer nicht, da »müsste in unserem Schulsystem viel passieren, da bin ich eher pessimistisch«.
Dabei gebe es durchaus gute Beispiele, wie eine Integration in den Schulunterricht aussehen könnte: »Vor ein paar Wochen hat der VDE Saar zusammen mit der HTW Saarbrücken und anderen an unserer Schule einen Tag der Technik abgehalten. Die Schüler konnten sich an verschiedenen Stationen austesten und an Ausstellungen interessante Dinge sehen und auch mit den Ausstellern ins Gespräch kommen. Letztendlich haben sich die Interessierten Bestätigung abgeholt.« Neue Schüler für den Leistungskurs jedoch habe man »vermutlich nicht erreicht«. Dafür sei es aus seiner Sicht in der 10. Jahrgangsstufe schon zu spät.
Er würde »zwei Unterrichtsstunden in der 8. und 9. Klasse mit berufsorientierten Inhalten und Handlungsbezug einbauen, nicht nur im Technik-Bereich, sondern vielleicht auch in Richtung Wirtschaft oder anderer Naturwissenschaften«. Für die Elektrotechnik falle ihm direkt ein hardwarenaher Programmierkurs am Arduino ein, für die Naturwissenschaften Unterricht im Labor. »In der tätlichen Auseinandersetzung mit dem Thema könnten die Schüler mehr lernen, als beim Anschauen einer Ausstellung«, findet er.
Bei der Frage nach der Umsetzung wird Scheunert aber pessimistisch: »Die Ausrüstung für Elektrotechnik oder ein Schülerlabor ist an kaum einer Schule vorhanden und würde erhebliche Mittel kosten. Bei der Unterstützung der Kollegen und Entscheidungsträger sehe ich ebenfalls schwarz. Es würden bestimmt alle unterschreiben, dass etwas gegen den Fachkräftemangel unternommen werden muss. Wenn sie aber etwas von ihren Stunden oder anderen Pfründen abgeben müssten, würde die Unterstützung aber aufhören.«
Gymnasial-Lehrer dächten »sehr häufig im Sinne von Werner v. Humboldt, dass nur ‚nur zweckfreie Bildung ist echte Bildung‘ sei, »für Technik im Unterricht an einem Gymnasium fühlen sie sich nicht zuständig«. Das gelte »aus meiner Sicht besonders für die Entscheidungsträger in den Ministerien«.
Den Willen der Entscheidungsträger zu einem schlüssiges Gesamtkonzept, das dem Fachkräftemangel an den Schulen entgegenwirkt, sieht Scheunert nicht. »Hierzu müsste der Druck der Industrie in besonderem Maße ansetzen.«
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