Immer weniger junge Leute schreiben sich in Elektro- und Informationstechnik ein. Innerhalb von zehn Jahren ist die Zahl der Erstsemester um 25 Prozent gesunken. Doch der VDE glaubt, dass sich das Ruder herumreißen lässt, erklären die Autoren eines neuen Positionspapiers.
Herr Dr. Dudek, ein neues Positionspapier zum Nachwuchsmangel? Ist dazu nicht schon alles gesagt worden?
Dr.-Ing. Damian Dudek: In der Tat, der Fachkräftemangel ist gerade überall in den Medien, denn er betrifft ja nicht nur die Elektro- und Informationstechnik. Aber all die Nachrichten speziell in unserem Fach – angefangen von der geringen Studienanfängerquote bis hin zur schlechten Frauenquote - wirken zugleich ungemein negativ und prägen damit auch das Bild der Elektro- und Informationstechnik. Die vielen positiven Aktivitäten, die breite, etablierte Palette an Maßnahmen, die es schon gibt in den zahlreichen Berufen, die hervorragenden Karrieremöglichkeiten, der gute Verdienst und die abwechslungsreichen, aber vor allem hochaktuellen Themen schaffen es dabei nicht in die Allgemeinheit bzw. schaffen es oft nur in eine sehr regionale bzw. lokale statt in eine nationale Wahrnehmung.
Mit unserem Papier stellen wir das Positive in den Vordergrund und machen Mut, diese bereits existierenden Fördervorhaben auf Bundesebene auszuweiten und jüngeren Generationen die breite Vielfalt an Themen der Elektro- und Informationstechnik aufzuzeigen. Der Tenor der Inhalte dieses Papiers ist also klar positiv. Wir richten uns damit an die Politik. »Wir« sind nicht wenige, sondern die Aussagen und Handlungsempfehlungen werden von mehr als 100 namhaften Persönlichkeiten aus Academia und Industrie unterstützt. Wir wollen zeigen, was sich hinter der heutigen Elektro- und Informationstechnik verbirgt, und warum es so wichtig ist, den technischen Fortschritt voranzutreiben.
Warum ist Ihnen das so wichtig, dass nicht »schwarzgemalt« wird? Denn faktisch ist die Situation ja nicht rosig.
Die Intention des Papiers ist mit voller Absicht optimistisch. Welchem Propheten würden Sie sich denn anschließen? Einem Optimisten oder einem Pessimisten, wenn Sie die Wahl hätten und noch wenig Lebenserfahrung haben? Wie wirken negative Nachrichten auf uns? Ist die Lage um den Nachwuchs und das Bildungssystem wirklich so negativ zu sehen? Schauen Sie, Menschen und vor allem Kinder lachen von Natur aus gern. Also schließen wir daraus auf Optimismus und nutzen diese Gelegenheit, die vielen guten Maßnahmen aufzuzählen, die letztendlich Anreize sein können.
Wie war die Diskussion mit Mitstreitern hierzu?
Ich habe das Grundgerüst des Papiers aufgesetzt und damit die Initiative im vergangenen Oktober ins Leben gerufen. Ausgangspunkt war wie erwähnt die kritische Berichterstattung in den Medien zum Thema Fachkräftemangel sowie die zurückgehenden Studienanfängerzahlen an den Universitäten für das Fach Elektro- und Informationstechnik. Den ersten Gesprächskreis habe ich mit Dr.-Ing. Michael Schanz vom VDE, Prof. Alexander Kölpin von der TUHH, Prof. Andreas Timm-Giel, Präsident der TUHH, und Dr. rer. nat. Ulf Saballus vom Friedrich-Ebert-Gymnasium in Hamburg sowie Prof. Renato Negra von der RWTH-Aachen aufgesetzt und den weiteren Plan mit diesen Personen durchgesprochen. Die Resonanz war überwältigend positiv. In der Hansestadt Hamburg geht man das Thema auf Senatsebene an und erarbeitet derzeit Kooperationspläne zwischen der Schulbehörde und der TUHH.