Leadership im Vertrieb

»Führungskräfte sind keine Coaches«

11. Januar 2017, 11:11 Uhr | Sabine Prohaska
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Ziel: Lernprozesse initiieren und begleiten

Hinzu kommt: Die Funktion »Anleiten« wird heute weitgehend mit dem Bereich Ausbildung assoziiert. Zu unrecht! Denn was tut ein »Anleiter«? Er gibt seinen Schützlingen, wenn sie vor neuen Aufgaben stehen, nicht die Lösung vor. Er fragt sie vielmehr: »Wie würdet ihr diese Aufgabe angehen?« Er motiviert sie also, eigene Lösungsvorschläge zu entwerfen. Und zeigt sich dabei, dass sie Unterstützung brauchen? Dann gibt er ihnen Hilfestellungen, bevor er sich mit ihnen auf einen Lösungsweg verständigt. Doch damit ist sein Job noch nicht erledigt. Er fragt vielmehr beim Umsetzen immer wieder nach »Gibt es Probleme?«, »Was habt ihr zwischenzeitlich erreicht?«, um bei Bedarf korrigierend oder unterstützend einzugreifen. Denn sonst ist weder sichergestellt, dass die gewünschten Ergebnisse erzielt werden, noch dass bei den Schützlingen die gewünschten Lernprozesse stattfinden.

Eine solche Unterstützung und Begleitung brauchen auch berufserfahrene Arbeitskräfte – zumindest bei Aufgaben, mit deren Lösung sie noch wenig Erfahrung haben. Und diese ihnen zu gewähren, ist eine Führungsaufgabe. Denn sonst bleibt es weitgehend dem Zufall überlassen, welche Arbeitsergebnisse erzielt werden. Und die Führungskraft kann am Ende nur konstatieren: Die Ziele wurden nicht erreicht.

Ein Praxisbeispiel
Angenommen Kundenbetreuer Frantz, der bisher Aufträge abwickelte, soll künftig Neukunden akquirieren. Dann genügt es nicht, wenn sein Chef, Vertriebsleiter Huber, zu ihm sagt »Herr Frantz, machen Sie das mal« und ihm eventuell noch das Ziel vorgibt: »Bis Ende Juni, also in drei Monaten, müssen Sie zehn Neukunden haben«. Denn dann ist nicht sicher gestellt, dass Herr Frantz seine neue Aufgabe adäquat wahrnimmt und das definierte Ziel erreicht. Das kann Vertriebsleiter Huber im Extremfall den Job kosten. Denn seine Leistung wird von seinen Chefs an der Leistung seiner Mitarbeiter gemessen. Ausflüchte wie »Mein Mitarbeiter Frantz war überfordert« akzeptieren sie nicht, wenn Hubers Bereich das vorgegebene (Vertriebs-)Ziel verfehlt.

Was sollte Vertriebsleiter Huber also tun? Er sollte, wenn er seinem Mitarbeiter die neue Aufgabe überträgt, sich mit ihm zusammensetzen und erarbeiten:

  • Wie kann das vorgegebene Ziel erreicht werden?
  • Welche Maßnahmen sind hierfür nötig? Und:
  • Welche Unterstützung braucht Mitarbeiter Frantz hierfür?

Das Ergebnis könnte sein: Wenn wir bis Ende Juni zehn Neukunden gewinnen möchten, müssen wir bis Ende April mindestens 100 Unternehmen anrufen und ermitteln, ob bei ihnen grundsätzlich ein Bedarf für unsere Leistung besteht. Von ihnen sagen voraussichtlich circa 25: Ja. Mit diesen 25 potenziellen Kunden müssen wir bis Ende Mai persönliche Gespräche führen und ihnen individuelle Angebote unterbreiten. Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir Ende Juni Aufträge von zehn Neukunden haben.

Sind der Weg zum Ziel »zehn Neukunden« und die Etappenziele, die es hierbei zu erreichen gilt, fixiert, kann daraus abgeleitet werden:

  • Welche Teilaufgaben ergeben sich hieraus und
  • welche Unterstützung fachlicher, personeller sowie motivationaler Art braucht Frantz, um diese wahrzunehmen?

Erst danach darf sich Führungskraft Huber wieder anderen Aufgaben zuwenden und Mitarbeiter Frantz eigenständig seinen Job erledigen lassen – jedoch nicht eigenverantwortlich, denn ihm fehlt noch die nötige Erfahrung.
Also muss Huber in den Folgewochen bei Frantz regelmäßig zum Beispiel nachfragen:

  • »Wie läuft es mit dem Telefonieren? Bekommen Sie ausreichend Entscheider an die Strippe?« oder
  • »Erweist sich unsere Annahme, dass 25 Prozent der Unternehmen sich für unsere Leistung interessieren, als richtig?«

Antwortet Frantz »nein«, muss Huber sich mit ihm zusammensetzen und analysieren: Warum? Zeigt sich dann zum Beispiel, die Vorzimmerdamen stellen Frantz selten durch, lautet die Frage erneut: Warum? Vielleicht sind seine Telefonate falsch aufgebaut? Vielleicht hat Frantz aber auch mentale Barrieren fremde Menschen anzurufen und lässt sich deshalb schnell abwimmeln? Abhängig vom Ergebnis kann dann die nötige Unterstützung für Frantz organisiert werden.

 


  1. »Führungskräfte sind keine Coaches«
  2. Ziel: Lernprozesse initiieren und begleiten
  3. Den Mitarbeiter auf dem Weg zum Ziel begleiten

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