Die meisten Bürger Europas dürften aufgeatmet haben, als am vergangenen Samstag führende US-Sender Joe Biden zum »President elect« erklärt haben. Ohne Zweifel dürften ihn viele als angenehmeren Gesprächspartner einstufen als den Amtsinhaber, aber viele Probleme bleiben – ein Kommentar.
Was war das für ein Wahlkrimi in den USA, bei dem erst nach geschlagenen fünf Tagen, also am Samstag, innoffiziell feststand, dass der Demokrat Joe Biden wohl das Rennen ums Weiße Haus gewonnen hat. Restunsicherheiten werden uns begleiten, bis Amtsinhaber Donald Trump tatsächlich das Oval Office geräumt hat.
Was geht uns das an, könnten Sie jetzt fragen. Nun ja, mit Biden wird sicherlich ein anderer Politikstil einkehren und klassischen Werten, wie Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit, Würde, Respekt und Seriosität werden wieder mehr Bedeutung beigemessen. Gleichzeitig dürften Unberechenbarkeit, Egozentrik, Vetternwirtschaft und die Bedeutung »alternativer Fakten« zurücktreten.
In der Außenpolitik, so sind sich zahlreiche deutsche Amerika-Kenner einig, wird sich aber gar nicht so viel ändern. Während die Klimapolitik profitieren dürfte, bleiben die Streitpunkte um das Zweiprozent-Ziel der Verteidigungsausgaben, wo die Amerikaner gerade die Deutschen – nicht zu Unrecht – als sicherheitspolitische Trittbrettfahrer betrachten, und Nordstream II, wo Deutschland den russischen Staat mitfinanziert und damit indirekt die Rüstungsambitionen Wladimir Putins unterstützt, der dann im Gegenzug mit atomar bestückten Mittelstreckenraketen Europa bedroht.
Die von Trump gegenüber China eingeschlagene härtere Gangart wird wohl auch bleiben, zu groß sind die Differenzen der beiden Großmächte in Technologie, Handel und Geopolitik. Es ist für die USA, aber auch die westliche Welt insgesamt richtig und wichtig, dem zunehmend mit harten Bandagen geführten Hegemonialstreben Chinas im Pazifik entgegenzutreten. Davon betroffen könnte vor allem die Schlüsselindustrie Halbleiterfertigung sein, befinden sich doch die weltweit größten Foundry-Kapazitäten in Taiwan. Mittlerweile droht China unverhohlen Taiwan sogar mit Gewalt, sollte es weiter nach Unabhängigkeit streben. Nur die USA wären in der Lage Taiwans Sicherheit zu garantieren.
Weniger erfolgreich scheint die US-Strategie, China von Chiplieferungen abzuschneiden. Es ist den USA zwar gelungen, beispielsweise Huawei durch ein Chip-Embargo in Verlegenheit und Lieferschwierigkeiten zu bringen. Mittel- und langfristig zwingen die USA ihren Gegner China allerdings dazu, sich selbst zu versorgen und dafür die Forschung und Entwicklung in der Halbleiterfertigung zu intensivieren. Dadurch wird sich der derzeit noch große technologische Abstand in der Halbleiterfertigung in Zukunft wohl schneller und auch deutlich verringern. Eine staatlich gelenkte Wirtschaft ist dabei in geringerem Maße ökonomischen Zwängen als strategischen Vorgaben unterworfen. Chris Taylor, Analyst bei Strategy Analytics sieht eine »Autarkie Chinas beim 28-nm-Knoten in Reichweite«. Bislang konnte sich China damit arrangieren, die Chips geliefert zu bekommen und sie in elektronische Geräte einzubauen. Nimmt man ihnen jetzt dieses Geschäft, dann könnte der Schuss später nach hinten losgehen.