Zwei statt drei Stufen

Leistungsmerkmale industrieller Dreiphasen-PFCs verbessern

11. Oktober 2017, 9:30 Uhr | Guy Moxey und Adam Barkley
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SiC-basiertes PFC-System

Um die System-Level-Spezifikationen in Tabelle 1 zu erfüllen, erfolgte die Dimensionierung der Halbleiter für das zweistufige 6-Schalter-SiC-System mithilfe von Standardbemessungsgleichungen für dreiphasige, zweistufige Spannungsquellen-Wechselrichter.

Für die Leistungsstufe wurde ein aktueller 1000-V-/65-mΩ-SiC-MOSFET gewählt, der dank seines vierpoligen TO-247-Gehäuses mit dediziertem Kelvin-Quellenanschluss besonders niedrige Schaltverluste aufweist.

Schaltverluste in Abhängigkeit vom Drainstrom IDS beim 1000-V/ 65-mΩ-SiC-MOSFET mit der Bezeichnung
Bild 4.Schaltverluste in Abhängigkeit vom Drainstrom IDS beim 1000-V/ 65-mΩ-SiC-MOSFET mit der Bezeichnung C3M0065100K. (TJ = 25 °C), UDD=600 V, RG(ext) = 2,5 Ω, UGS = -4 V/+15 V, L = 130 µH).
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Weitere Merkmale des MOSFETs sind die optimierte 1000-V-Body-Sperrdioden-Fähigkeit und die Unterstützung von Link-Spannungen bis 800 VDC. Bild 4 zeigt das Schaltverlustverhalten des Bauelements in Abhängigkeit vom Drain-Strom. In Bild 5 ist dargestellt, wie der RDS(on) von der Sperrschichttemperatur abhängt.

Anhand der statischen und dynamischen Eigenschaften des Bauelements lassen sich die Halbleiter-Systemverluste in Abhängigkeit von der Schaltfrequenz abschätzen (Bild 6). Die Verluste wurden unter der Annahme einer konstanten Sperrschichttemperatur von 110 °C berechnet. Die Kühlkörpergröße muss der Erhöhung der Halbleiterverluste entsprechend gesteigert werden. Da das vorgeschlagene zweistufige SiC-System die MOSFET-Body-Diode nutzt, enthalten die errechneten Schaltverluste Body-Dioden-Sperrverzögerungsverluste.

RDS(on) in Abhängigkeit von der Temperatur beim 1000-V/65-mΩ-SiC-MOSFET
Bild 5. RDS(on) in Abhängigkeit von der Temperatur beim 1000-V/65-mΩ-SiC-MOSFET C3M0065100K (IDS = 20 A, tP < 200 µs).
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Neben der SiC-MOSFET-Implementierung wurde besonders auf die
Optimierung von Schaltfrequenz und Boost-Induktuvitäts-Design jeder
Induktivität geachtet, um die erforderlichen Induktivitäts-, Nennstrom-, Schaltfrequenz- und Welligkeitswerte zu erzielen.

Zusätzlich müssen noch Sekundäreffekte bei hohen Schaltfrequenzen wie Anforderungen an EMI-Filter, an die Steuerungsplattform und an die Steuerungskomplexität (Sensorbandbreite, Gate-Treiber-Verzögerungen usw.) berücksichtigt werden. Für eine Prototyp-Implementierung wurde eine Schaltfrequenz von 48 kHz und eine Induktor-Stromwelligkeit von etwa 20 Prozent (380-V-Eingang) als Kompromiss zwischen niedrigen Boost-Induktivitäts-Kosten und niedrigen Anforderungen an den Leistungshalbleiter-Effektivstrom festgelegt.

Geschätzte Halbleiterverluste eines zweistufigen SiC-PFC (Bedingungen
Bild 6. Geschätzte Halbleiterverluste eines zweistufigen SiC-PFC (Bedingungen: Ugrid = 380 V, Ulink = 800 V, Pout = 20 kW bei Tj = 110° C).
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Es wurden Induktivitäten von 400 µH gewählt. Die 48-kHz-Schaltfrequenz ermöglicht eine Verringerung der Gegentakt-EMI-Filter-Anforderungen (und der damit verbundenen Kosten), da in diesem Fall die erste und dritte Oberwelle von fsw unter die 150-kHz-EMI-Anforderung fällt.

Der Hardware-Prototyp

Bild 7 zeigt den zweistufigen 20-kW-SiC-Hardware-Prototyp. Zu sehen sind die 400-µH-Induktivitäten auf einer detaillierten Ansicht der Netzplatine (unten rechts). Die Leistungsstufe besteht aus zwei parallelen 1000-V-/65-mΩ-SiC-MOSFETs pro Schaltstufe. Die MOSFETs besitzen diskrete TO-247-4L-Bauteile mit dediziertem Kelvin-Quellenanschluss. Mit ihnen lassen sich kostenoptimierte Lösungen realisieren, da keine antiparallelen Schottky-Dioden mehr notwendig sind. Hierdurch vereinfachen sich auch das Leiterplatten-Layout der Leistungsstufe und die Kühlkörpermontage.

Der Hardware-Prototyp, Bild 7-9

Details des zweistufigen 20 kW-380-V-/480-V-SiC-PFC-Prototyps mit 1000-V/65-mΩ-SiC-MOSFETs im TO-247-4L-Gehäuse
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Kurven bei Volllast: Ugrid = 480 V, Ulink = 800 V, Pout = 20 kW und fsw = 48 kHz (a) und fsw = 60 kHz (b)
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Gemessene Effizienz und THDI in Abhängigkeit von der Ausgangsleistung bei verschiedenen Eingangsspannungen
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Die insgesamt zwölf diskreten TO-247-4L-Bauelemente sind auf einen Kühlkörper aus stranggepresstem Aluminium geschraubt und in die Leistungs-PCB eingelötet, die Ein- und Ausgangsanschlüsse, Zwischenkreis-Folienkondensatoren, isolierte Gate-Treiber, Gate-Treiber-Puffer und Speisungen für die isolierten Gate-Treiber enthält. Die drei 400-µH-Phasen-Induktivitäten wurden nicht auf die Leiterplatte montiert.

Die Steuerungs-PCB enthält einen Fließkomma-DSP, Hall-Effekt-Phasenstrom-Sensoren mit hoher Bandbreite, eine isolierte Phasenspannungsmessung, einen I/O-Diagnosezugriff und LED-Statusanzeigen. Die ADC-Abtastung und Regelkreise arbeiten synchron mit jedem PWM-Schaltzyklus, und die Firmware wurde daraufhin optimiert, bei einer Ausführungsrate fsw von bis zu 60 kHz komfortabel zu arbeiten.

Bild 8 zeigt die Eingangsspannung und den Eingangsstrom für Phase A unter Volllastbedingungen mit fsw = 48 Hz bzw. 60 kHz. Mithilfe eines Leistungsanalysators wurden Systemeffizienz und THDI gemessen. Bild 9 fasst die gesammelten Ergebnisse zusammen.

Der Prototyp erreichte einen Volllast-Wirkungsgrad von 98,4 Prozent und einen THDI von 2,39 Prozent bei 480 V/60 Hz am Eingang, 800 V am Ausgang sowie 48 kHz Schaltfrequenz bei einer Netz-Induk-tivität von 400 µH. Bei 380 V Eingangsspannung zeigte der Prototyp einen Volllast-Wirkungsgrad von 98,2 Prozent und einen THDI von 1,65 Prozent. Die Zwischenkreisspannung und Induktoren entsprachen dem 480-V-Fall.


  1. Leistungsmerkmale industrieller Dreiphasen-PFCs verbessern
  2. SiC-basiertes PFC-System
  3. Vergleich mit Vienna-Gleichrichter

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