Um die System-Level-Spezifikationen in Tabelle 1 zu erfüllen, erfolgte die Dimensionierung der Halbleiter für das zweistufige 6-Schalter-SiC-System mithilfe von Standardbemessungsgleichungen für dreiphasige, zweistufige Spannungsquellen-Wechselrichter.
Für die Leistungsstufe wurde ein aktueller 1000-V-/65-mΩ-SiC-MOSFET gewählt, der dank seines vierpoligen TO-247-Gehäuses mit dediziertem Kelvin-Quellenanschluss besonders niedrige Schaltverluste aufweist.
Weitere Merkmale des MOSFETs sind die optimierte 1000-V-Body-Sperrdioden-Fähigkeit und die Unterstützung von Link-Spannungen bis 800 VDC. Bild 4 zeigt das Schaltverlustverhalten des Bauelements in Abhängigkeit vom Drain-Strom. In Bild 5 ist dargestellt, wie der RDS(on) von der Sperrschichttemperatur abhängt.
Anhand der statischen und dynamischen Eigenschaften des Bauelements lassen sich die Halbleiter-Systemverluste in Abhängigkeit von der Schaltfrequenz abschätzen (Bild 6). Die Verluste wurden unter der Annahme einer konstanten Sperrschichttemperatur von 110 °C berechnet. Die Kühlkörpergröße muss der Erhöhung der Halbleiterverluste entsprechend gesteigert werden. Da das vorgeschlagene zweistufige SiC-System die MOSFET-Body-Diode nutzt, enthalten die errechneten Schaltverluste Body-Dioden-Sperrverzögerungsverluste.
Neben der SiC-MOSFET-Implementierung wurde besonders auf die
Optimierung von Schaltfrequenz und Boost-Induktuvitäts-Design jeder
Induktivität geachtet, um die erforderlichen Induktivitäts-, Nennstrom-, Schaltfrequenz- und Welligkeitswerte zu erzielen.
Zusätzlich müssen noch Sekundäreffekte bei hohen Schaltfrequenzen wie Anforderungen an EMI-Filter, an die Steuerungsplattform und an die Steuerungskomplexität (Sensorbandbreite, Gate-Treiber-Verzögerungen usw.) berücksichtigt werden. Für eine Prototyp-Implementierung wurde eine Schaltfrequenz von 48 kHz und eine Induktor-Stromwelligkeit von etwa 20 Prozent (380-V-Eingang) als Kompromiss zwischen niedrigen Boost-Induktivitäts-Kosten und niedrigen Anforderungen an den Leistungshalbleiter-Effektivstrom festgelegt.
Es wurden Induktivitäten von 400 µH gewählt. Die 48-kHz-Schaltfrequenz ermöglicht eine Verringerung der Gegentakt-EMI-Filter-Anforderungen (und der damit verbundenen Kosten), da in diesem Fall die erste und dritte Oberwelle von fsw unter die 150-kHz-EMI-Anforderung fällt.
Bild 7 zeigt den zweistufigen 20-kW-SiC-Hardware-Prototyp. Zu sehen sind die 400-µH-Induktivitäten auf einer detaillierten Ansicht der Netzplatine (unten rechts). Die Leistungsstufe besteht aus zwei parallelen 1000-V-/65-mΩ-SiC-MOSFETs pro Schaltstufe. Die MOSFETs besitzen diskrete TO-247-4L-Bauteile mit dediziertem Kelvin-Quellenanschluss. Mit ihnen lassen sich kostenoptimierte Lösungen realisieren, da keine antiparallelen Schottky-Dioden mehr notwendig sind. Hierdurch vereinfachen sich auch das Leiterplatten-Layout der Leistungsstufe und die Kühlkörpermontage.
Die insgesamt zwölf diskreten TO-247-4L-Bauelemente sind auf einen Kühlkörper aus stranggepresstem Aluminium geschraubt und in die Leistungs-PCB eingelötet, die Ein- und Ausgangsanschlüsse, Zwischenkreis-Folienkondensatoren, isolierte Gate-Treiber, Gate-Treiber-Puffer und Speisungen für die isolierten Gate-Treiber enthält. Die drei 400-µH-Phasen-Induktivitäten wurden nicht auf die Leiterplatte montiert.
Die Steuerungs-PCB enthält einen Fließkomma-DSP, Hall-Effekt-Phasenstrom-Sensoren mit hoher Bandbreite, eine isolierte Phasenspannungsmessung, einen I/O-Diagnosezugriff und LED-Statusanzeigen. Die ADC-Abtastung und Regelkreise arbeiten synchron mit jedem PWM-Schaltzyklus, und die Firmware wurde daraufhin optimiert, bei einer Ausführungsrate fsw von bis zu 60 kHz komfortabel zu arbeiten.
Bild 8 zeigt die Eingangsspannung und den Eingangsstrom für Phase A unter Volllastbedingungen mit fsw = 48 Hz bzw. 60 kHz. Mithilfe eines Leistungsanalysators wurden Systemeffizienz und THDI gemessen. Bild 9 fasst die gesammelten Ergebnisse zusammen.
Der Prototyp erreichte einen Volllast-Wirkungsgrad von 98,4 Prozent und einen THDI von 2,39 Prozent bei 480 V/60 Hz am Eingang, 800 V am Ausgang sowie 48 kHz Schaltfrequenz bei einer Netz-Induk-tivität von 400 µH. Bei 380 V Eingangsspannung zeigte der Prototyp einen Volllast-Wirkungsgrad von 98,2 Prozent und einen THDI von 1,65 Prozent. Die Zwischenkreisspannung und Induktoren entsprachen dem 480-V-Fall.