Nach den COM-HPC-Client-Modulen drängen mehr und mehr Server-Pendants auf den Markt. Getrieben ist die Nachfrage durch immer höhere Datendurchsätze. Auch Avnet Embedded bietet COM-HPC- Server an und erschließt damit neue Anwendungsbereiche für seine Kunden.
Der Hunger nach mehr Prozessorleistung und immer höherem Datendurchsatz nimmt kein Ende. Typische Einsatzgebiete sind IIoT-Systeme mit künstlicher Intelligenz (KI) oder Maschine Learning, HMI-Systeme, Edge-Computing-Applikationen, leistungsfähige Überwachungssysteme und moderne Medizingeräte. Hier sind Applikationen gefragt, die eine Server-Funktion schnell und einfach bereitstellen.
Eine Möglichkeit zum schnellen Entwickeln leistungsfähiger Industrieprodukte sind sofort einsetzbare Standardmodule. Sie lassen sich einfach auf ein anwendungsspezifisches Carrier Board stecken. Aufgrund des zunehmenden Angebots an skalierbaren Embedded-Modulen in unterschiedlichen Formfaktoren lässt sich die gewünschte Prozessortechnik einfach auswählen. Das Ziel ist, die Time-to-Market des Endprodukts zu optimieren und die Projektkosten deutlich zu reduzieren.
Die bisherigen Grenzen in puncto Rechen-, Grafik- und Videoleistung sowie Datendurchsatz sprengt der neue COM-HPC-Formfaktor (Computer-on-Module High Performance Computing). Er wurde von der PICMG (PCI Industrial Computer Manufacturers Group) definiert. COM-HPC-Module sind für hohe Übertragungsraten ausgelegt und ermöglichen dank vieler Hochgeschwindigkeitsschnittstellen eine Breitbandanbindung an Netzwerke und lokale I/O-Controller oder Beschleuniger. Der COM-HPC-Standard bietet eine offene Skalierung und eine Migration hin zu weiteren Technologieverbesserungen.
COM-HPC unterstützt elektrische Eingangsleistungen bis etwa 350 W je Modul. Unterschiedliche Formfaktoren bieten ausreichend Platz für CPU, Leistungselektronik, Kühlung sowie große Speichermodule. Zum Kühlen eignen sich Heat Spreader mit definierter Bauhöhe und Bohrungen für die Montage von systemspezifischen Kühlmodulen. Sie sind entsprechend spezifiziert. Für Module mit hoher Verlustleistung und für hohe Anforderungen lassen sich Kühlkörper direkt montieren. Die COM-HPC-Spezifikation umfasst zahlreiche Empfehlungen zu Leiterbahnlängen und Platinenmaterial, um die Signalintegrität der Signale einzuhalten. Außerdem definiert die Spezifikation das Implementieren unterschiedlicher USB-Standards, darunter USB4.
Der neue Standard unterscheidet die beiden Modulvarianten COM-HPC-Server und -Client, die für verschiedene Applikationen optimiert sind (Bild 1). Weil sich die Schnittstellenbelegung und der Steckerabstand der Server- und Client-Module unterscheiden, kommen unterschiedliche auf die Anwendung abgestimmte Carrier Boards zum Einsatz. Für COM-HPC sind fünf Formfaktoren definiert. Die Server-Module stehen in den Footprints 200 mm x 160 mm (Size E) und 160 mm x 160 mm (Size D) bereit, die kompakteren Client-Module sind in den drei Größen 160 mm x 120 mm (Size C), 120 mm x 120 mm (Size B) und 95 mm x 120 mm (Size A) erhältlich.
Die Server-Module bieten eine große Anzahl an PCIe Lanes und Ethernet-Schnittstellen sowie Platz für große Speicherarrays und Kühlmodule. Insgesamt stehen bis zu 65 PCIe Lanes bereit, beispielsweise für den Anschluss von Hardwarebeschleunigern und Massenspeicher. Zudem unterstützen die Module bis zu acht KR-Ethernet-Schnittstellen, wobei die Bandbreite pro Port je nach Implementierung von 1 Gbit/s (z. B. 1000Base-KX) bis25 Gbit/s (z. B. 25GBase-KR) skalierbar ist. Zusätzlich ist ein BASE-T-Port mit bis zu 10 Gbit/s Bandbreite (10GBASE-T) für Managementaufgaben definiert.
Die Server-Modulfamilie »MSC HSD-ILDL« von Avnet Embedded zeichnet sich über eine sehr hohe Rechenleistung bei hohem Datendurchsatz aus und stellt Server-Leistung auf einem Embedded-Formfaktor bereit (Bild 2). Herzstück der skalierbaren Baugruppe ist der Xeon-D-1700-Prozessor von Intel (Codename »Ice Lake D«). Als System-on-Chip (SoC) integriert er bis zu zehn Xeon Cores, einen Speichercontroller, Netzwerkfunktion mit hoher Bandbreite und PCIe-Root-Komplexe auf einem Single-Sockel. Zusätzlich unterstützt der On-Chip-Netzwerkcontroller bis zu acht Ethernet-Ports mit unterschiedlichen Konfigurationsmöglichkeiten, die von 100 M bis 25 G pro Port reichen sowie einem gesamten Durchsatz von bis zu 100 G entsprechen. Ein zusätzlicher 1G/2.5G-Ethernet-Port basierend auf Intels Ethernet-Controller »i225« unterstützt Time Sensitive Networking (TSN) für Echtzeitapplikationen. Ein umfangreiches Angebot an PCI Express Lanes mit Gen 3 und Gen 4 ermöglicht den Anschluss von externen Hardwarebeschleunigern, FPGAs, NVMe-Speichern und I/O-Geräten.
Die Speicherkapazität der Server-Module lässt sich über Registermodule (RDIMMs) oder unbuffered Arbeitsspeicher (UDIMMs) von 8 bis 256 GB wählen. Für eine hohe Systemrobustheit können Entwickler RDIMMs mit Error Correction Code (ECC) oder ECC UDIMMs einsetzen. Einzelne Varianten der Modulfamilie sind für den erweiterten Temperaturbereich von -40 bis +85 °C in 24/7-Betrieb ausgelegt und eignen sich für Anwendungen in rauen Umgebungsbedingungen. Die Baugruppen weisen Maße von 160 mm x 160 mm (Size D) auf, die Bauhöhe bestimmen die auf die thermischen Anforderungen abgestimmten Kühlmodule.
Für die Module liefert Avnet Embedded ein umfassendes Ökosystem, das unter anderem das COM-HPC Server Carrier Board »MSC HS-MB-EV« beinhaltet (Bild 3). Das Carrier Board erlaubt einen unmittelbaren Zugang zur COM-HPC-Server-Technik und unterstützt erste Laborevaluierungen, Rapid Prototyping und eine frühe Applikationsentwicklung. Außerdem können Entwickler das Server Carrier Board als Referenzdesign zum Entwickeln ihrer eigenen COM-HPC-Plattform einsetzen.
Das Carrier Board im ATX-Formfaktor misst 305 mm x 244 mm und bietet viele Erweiterungsoptionen: einen PCIe x16 Slot, je zwei PCIe x8 und x4 Slots sowie zwei M.2 Slots mit PCI x4. Alle vorhandenen PCIe Slots unterstützen bis zu Gen 4. Zur Anbindung an das Netzwerk sind vier »SFP28«-Kartenkäfige vorhanden. Sie unterstützen bis zu 25G Ethernet pro Port, zwei 10GBASE-T-Konnektoren und einen 1000/2.5GBASE-T-Konnektor. Speichermedien werden über zwei SATA-Anschlüsse mit bis zu 6 Gbit/s integriert. Externe Geräte lassen sich über je zwei USB 3.2 Gen 2 (10 Gbit/s) und USB 3.2 Gen 1 (5 Gbit/s) anschließen. Zusätzlich stehen zwei UART Ports, ein Konnektor mit zwölf GPIO Ports und Anschlüsse für ein optionales Board Management Controller (BMC)-Modul und I/O Break-out bereit. Ein über Pulsweitenmodulation (PWM) gesteuerter 4-Pin-Anschluss für einen Lüfter ist ebenfalls vorgesehen.
Client-Module für performante Embedded-Computing-Produkte können über die integrierten Videoschnittstellen wie DDI und eDP/MIPI-DSI bis zu vier unabhängige Displays ansteuern. Externe I/O-Bausteine und Flash-basierte Massenspeicher lassen sich über bis zu 49 PCIe Lanes anschließen. Es sind ein oder zwei KR-Ethernet (maximal 25 Gbit/s) sowie bis zu zwei BASE-T (maximal 10 Gbit/s) Ethernet-Schnittstellen vorhanden.
Avnet Embedded bietet außerdem die Client-Modulfamilie »MSC HCC-CFLS« an, die in zahlreichen Baugruppenvarianten mit kostengünstigen Pentium-Prozessoren bis hin zu performanten Core-i7-Prozessoren der 9. Generation mit bis zu acht Cores und einer Thermal Design Power (TDP) von 35 bis 65 W verfügbar ist. Die Baugruppen sind für datenintensive Applikationen mit bis zu 64 GB DDR4-2666 SDRAM bestückbar. Über drei DDI-Schnittstellen und einem eDP-Interface lassen sich bis zu drei unabhängige 4K-Displays anschließen. Der PCI Express Graphics (PEG) x16 Port basierend auf PCIe Gen3 ermöglicht die einfache Integration externer Grafik- und KI-Beschleuniger. Auf den Modulen sind unter anderem 16 PCI Express x1 Lanes, USB 3 Gen1 und 2, SATA, 1G und 2.5G Ethernet sowie GPIOs vorhanden. Die Client-Module »MSC HCC-CFLS« entsprechen dem COM-HPC-Size-C-Formfaktor und weisen Abmessungen von 160 mm x 120 mm auf. Zur schnellen Entwicklung ist das COM-HPC Client Carrier Board »MSC HC-MB-EV« und das passende Starterkit inklusive Kühl- und Speichermodulen erhältlich.
Als ein Hersteller von innovativen Embedded-Produkten bietet Avnet Embedded umfangreiche Services wie Design-Reviews oder unterstützt beim Carrier-Design, zum Beispiel mit Referenzschaltplänen für das Carrier Board. Zudem liefert Avnet Design-in-Support, Simulationen und thermische Modellierung. Das Unternehmen entwickelt alle Modulfamilien in den eigenen Design-Centern und fertigt die Baugruppen in Produktionsstätten im eigenen Haus. Avnet Embedded möchte sein COM-HPC-Produktportfolio zügig um weitere Client- und Server-Module ausbauen. Typische Einsatzgebiete sind unter anderem industrielle IoT-Systeme, KI- und Deep-Learning-, Edge-Computing- sowie Workload-Consolidation-Applikationen. Zudem garantiert Avnet eine lange Verfügbarkeit der Module, um getätigte Investitionen entsprechend abzusichern.
Christian Engels ist seit über drei Jahrzehnten in der Embedded-Industrie in unterschiedlichen Positionen in Engineering und Marketing tätig. Bei Avnet Embedded unterstützt er als Produktmarketingmanager die COM-Express- und COM-HPC-Produktlinien. E-Mail: AvnetEmbedded@avnet.eu