Der 2021 veröffentlichte COM-HPC-Standard der PICMG erweitert die Grenzen von COM Express. Eine zentrale Komponente ist der Highspeed-Steckverbinder für besonders hohe Performance.
Datacenter, Supercomputing, künstliche Intelligenz, 5G, medizinische Bildgebung – bei all diesen Anwendungen denkt man an allerneueste Technologien mit hoher Performance. Aber schnellere Interfaces und die Protokolle der nächsten Generation wirken sich auch auf die Architekturen beim Embedded Computing aus. Modbus wird durch Ethernet und RS-232 wird durch PCI Express ersetzt. Und die Liste wird länger.
Darüber hinaus gibt es eine immer größere Vielfalt an Embedded-Compute-Engines und sie werden immer leistungsstärker trotz geringerer Größe. x86 ist nicht mehr die einzige Option. GPUs, SoCs, FPGAs und RISC-V-CPUs bieten alternative Computing-Lösungen. Heute sind serverähnliche Rechenleistungen in Embedded-Anwendungen möglich. Fog Computing wickelt die Wandlung, Berechnung, Speicherung und Übermittlung der Daten auf lokaler Ebene zwischen Edge und Cloud ab.
Obwohl COM Express seit langer Zeit der Standardformfaktor im Embedded Computing ist, hat er seine Grenzen. Der COM-HPC-Standard der PICMG erfüllt die wachsenden Anforderungen an Embedded-Systeme im Hinblick auf hohe Leistung und erweiterte Konnektivität bei unbegrenzter Skalierbarkeit. COM-HPC ersetzt zwar nicht COM Express, kann aber einige Verbesserungen aufweisen. Dazu gehören zum Beispiel größere Formfaktoren, verbesserte Modul-Carrier-Verbindungen, mehr Speicher, mehr schnelle Interfaces und Belastbarkeit bis 360 Watt.
COM-HPC-Steckverbinder (Bild 1) weisen ein Array mit frei belegbaren Kontakten auf. Diese besondere Auslegung bietet maximale Flexibilität bei Erdung und Routing. So können Systemarchitekten die leistungs- fähige symmetrische und asymmetrische Signalübertragung sowie die Stromversorgung über dieselbe Steckverbindung realisieren. Die systembedingte Flexibilität beim Routing ist notwendig aufgrund unterschiedlicher Pinouts bei COM-HPC-Client und -Server.
Die COM-HPC-Steckverbinder bieten 400 Kontakte in einer »4 x 100«-Konfiguration. Das bedeutet, dass durch die Nutzung von zwei COM-HPC-Steckverbinderpaaren 800 Kontakte zur Verfügung stehen. Das sind fast doppelt so viele Kontakte wie bei COM Express. Durch das 0,635-mm-Rastermaß bieten die COM-HPC-Steckverbinder hohe Kontaktdichte bei kleinem Footprint.
Die weiblichen Modulbuchsen sind in einer Standardhöhe ausgeführt. Die männlichen Carrier-Stecker sind in der Höhe so konzipiert, dass Steckhöhen von 5 mm oder 10 mm realisierbar sind. Bei den COM-HPC-Steckverbindern lassen sich durch die BGA-Anschlusstechnik auch die Vorteile der SMT-Bestückung nutzen.
Die COM-HPC-Steckverbinder nutzen ebenfalls das Samtec-Kontaktsystem »Edge Rate« mit einem Kontaktweg von 1 mm. Die Kontakte sind dabei so im Kunststoffkörper angeordnet, dass die parallel zueinander stehenden Flächenbereiche auf ein Minimum reduziert sind, um Kopplungen und Nebensprechen über die breite Seite des Kontakts zu verringern. Darüber hinaus sind Edge-Rate-Kontakte im Hinblick auf die asymmetrische 50-Ohm- und symmetrische 100-Ohm-Signalübertragung entworfen, simuliert und optimiert worden.
Edge-Rate-Kontakte gleiten auf den glatt gefrästen Flächen des Kontakts des Gegensteckverbinders. Das trägt zu weniger Verschleiß und höherer Langlebigkeit bei, was wiederum mehr Steckzyklen und optimierte elektrische Eigenschaften ermöglicht. Diese Kontaktauslegung bietet darüber hinaus niedrigere Steck- und Ziehkräfte.
Andere Strategien beim Steckverbinderdesign tragen zu verbesserter SI-Performance bei. Bei den COM-HPC-Steckverbindern wurde besonderer Wert auf die Kontaktgestaltung gelegt, um im Kontaktbereich die differenzielle Kopplung zu verbessern und die Impedanzschwankungen zu kontrollieren.
Hinzu kommt, dass die Reihenabstände bei COM-HPC-Steckverbindern 2,2 mm / 2,4 mm / 2,2 mm betragen. Die vergrößerten Reihenmittenabstände geben dem Leiterplattenentwickler verschiedene Möglichkeiten an die Hand: Sie ermöglichen mehr Platz für Masse-Vias zur Verringerung des Übersprechens. Das Steckverbinderdesign bietet zudem mehr Flexibilität beim Routing der differenziellen Leiterpaare auf der Leiterplatte parallel oder rechtwinklig zum Steckverbinder.
In Bild 2 ist der gemäß COM-HPC-Spezifikation empfohlene Anschluss des differenziellen Leiterpaares dargestellt. Die »Steckverbinderkugeln« (BGAs) sind die kleineren vollfarbigen Kreise, angeordnet in horizontalen Reihen. Massesignale sind in grün und differenzielle Paare sind in rot dargestellt. Die Signalpaare sind die violetten Linien in »J«-Form. Sie befinden sich in den inneren Streifenleitungsebenen. Die beiden gebogenen Bereiche der »J«-Bahnen weisen dieselbe Bogenlänge auf. Die größeren Kreise sind die Leiterbahn-Vias, die die Streifenleitungspaare mit den kurzen abgewinkelten Oberflächenbahnen verbinden, die zu den Steckverbinderkugeln führen. Die weißen Außenkreise stellen die Wärmefallen (Freistellungen) in den Masseebenen dar.
Die technischen Experten im Bereich Signalintegrität von Samtec haben die Layouttechniken in vielen High-Speed-Anwendungen verfeinert. Die Signaldichte wird durch die Verwendung des Ground-Signal-Signal-Ground-Routings (GSSG) beibehalten. Dieser Ansatz verringert die Anzahl der Bahnkurven und extremen Umwege, was das Routing erleichtert und die Entwicklungszeit der Leiterplatte verkürzt. All dies trägt wiederum zur Optimierung der Signalintegrität bei PCIe-5.0- und 100-GbE-Datenraten bei.
Theoretisch würde der Steckverbinder eine maximale Gesamtdatenrate von 4.096 Gbit/s unterstützen, wenn alle Kontakte in GSSG-Konfiguration für eine differenzielle Signalübertragung genutzt würden. Der 10-mm-Steckverbinder wurde speziell für PCIe 5.0 entwickelt. Der 5-mm-Steckverbinder wurde für noch höhere Datenraten konzipiert, wie in den Ethernet-Normen IEEE 802.3cd und OIF 56G PAM4 spezifiziert. Die COM-HPC-Steckverbinder unterstützen ebenfalls PCIe-6.0-Datenraten (64 GT/s PAM4) und bieten somit einen zukunftssicheren Pfad für zukünftige Protokolle.
Zusätzlich zu PCIe 5.0 und 100 GbE unterstützt die COM-HPC-Spezifikation in Verbindung mit den Steckverbindern eine Vielzahl weiterer Protokolle. Dazu gehören neben vielen anderen auch USB, SATA, HDMI und DisplayPort. Die COM-HPC SI Subgroup innerhalb des COM-HPC Technical Committee war damit beauftragt, die Dämpfungsverluste für alle Hochgeschwindigkeitsschnittstellen zu bestimmen.
Eine kleine Gruppe der COM-HPC-Mitgliedsunternehmen hat diesbezüglich zusammengearbeitet, um die Leistungsfähigkeit bei den geforderten Datenraten zu gewährleisten. Dazu mussten S-Parameter aus den wichtigsten Signalkanalkomponenten erstellt werden: Leiterbahnen, Anschlusszonen, Steckverbinder und mehr. Verkettete Kanalmodelle wurden gemeinsam von den Mitgliedern der COM-HPC SI Subgroup erstellt und genutzt, um die nötige Konsistenz sicherzustellen.
In Bild 3 ist die Einfügungsdämpfung (Insertion Loss, IL) der COM-HPC-Steckverbinder dargestellt. PCIe 5.0 unterstützt Datenraten von 32 GT/s bei einer Nyquist-Frequenz von 16 GHz. Bei einer IL < 10 dB und einem flachen Verlauf oberhalb von 30 GHz lässt sich aus Bild 3 ableiten, dass die Leistung der COM-HPC-Steckverbinder den Vorgaben entspricht.
In Bild 4 ist die Rückflussdämpfung (Return Loss, RL) der COM-HPC-Steckverbinder dargestellt. Als Faustregel für die Signalintegrität kann man sich daran orientieren, in welchem Bereich die Rückflussdämpfung (RL) -10 dB beträgt. Das gibt einen guten Anhalt für die maximale Nyquist-Frequenz. In Bild 4 wäre das oberhalb von 35 GHz. Daraus lässt sich ableiten, dass die Leistung der COM-HPC-Steckverbinder ebenfalls den Vorgaben entspricht.
COM-HPC wird wahrscheinlich die Architekturen für das Embedded Computing bis in das nächste Jahrzehnt bestimmen. Mehrere serienmäßige COM-HPC-Client- und -Servermodule sind bereits sofort verfügbar. Anwendungsspezifische COM-HPC-Client- und -Servermodule sind in der Planung. Die zukunftssichere Leistungsfähigkeit der COM-HPC-Steckverbinder bietet eine Aufrüstmöglichkeit für PCIe 6.0 und andere Interfaces mit denselben Abmessungen und Anschlusskonfigurationen.
Weiterführende Informationen zu den COM-HPC-konformen Steckverbindern von Samtec gibt es auf der Webseite www.samtec.com/COMHPC.
Anfragen können per E-Mail auch direkt an die technische Abteilung von Samtec gerichtet werden, die Adresse lautet: COMHPC@samtec.com.
Der Autor
Matthew Burns ist Technical Marketing Manager bei Samtec