Trotz steigender Komplexität können Entwickler ihre Designs mithilfe der Thunderbolt-Technik deutlich vereinfachen. Congatec setzt sie auf seinen Modulen und Carrierboards in der vierten Generation prozessorintegriert ein (Bild 3). Thunderbolt hat den Vorteil, dass die Spezifikation die Protokolle USB, DisplayPort, PCIe und Thunderbolt-Netzwerk mit 10 GbE sowie Ladefunktionen über eine einzige Leitung unterstützt.
Mit Version 4 haben die Ports eine hohe bidirektionale Bandbreite von 40 Gbit/s sowie – und das ist das neue – mindestens 32 Gbit/s schnelles PCIe. Mit Gen 3 waren lediglich 16 Gbit/s möglich. Hinzu kommt der Support für vier 4K-Displays oder ein Display mit zweifach 8K-Auflösung. Mobile Geräte lassen sich so an Docking-Stationen anbinden und Peripherie wie Monitore, Tastaturen, Mäuse und Festplatten bis hin zum Netzwerk einbinden.
Intels Virtualization-Technology-(VT-d)-Schutz für direkten Speicherzugriff (Direct Memory Access, DMA) hilft dabei, das Sicherheitsrisiko externer Angriffe zu verringern. Anfragen externer Geräte können umgeleitet und auf die korrekten Zugriffsrechte überprüft werden. Aus dem IT-Segment kommend wurde die Schnittstelle ursprünglich unter anderem für Gamer entwickelt.
Einer der häufigsten Anwendungsfälle im Embedded Computing findet sich in Multi-Display-Applikationen. Hier überzeugt der einfache Anschluss separater Displays oder Touchscreens über eine einzige Anschlussleitung. Sie findet man heute bei nahezu jedem GUI – vom Medical-PC, industriellen HMI, über Panel-PC bis hin zu Digital-Signage- und Casino-Gaming-Applikation. OEM nutzen sie jedoch ebenso für Docker in Nutzfahrzeugen, für modulare Test- und Messsysteme oder für Bedside-Applikationen in der Medizintechnik.
Entsprechend der COM-HPC-Spezifikation unterstützen die Module einerseits das Platform Management Interface der PICMG: COM-HPC PMI. Als derzeit noch »unmanaged Module (M.U)« sind sie im Rahmen von »managed Carrierboards (C.M)« nahtlos zu verwalten. Entsprechende Redfish- und IPMI-Implementierungen für Carrierboards bereitet Congatec bereits vor. Die neuen Module unterstützen als festen Bestandteil des Prozessor-Supports zudem Intels Active-Management-Technik, die Optionen zur Fernverwaltung bietet. Zu den Tools zählt unter anderem
KVM over IP (Übertragen der Tastatur-, Video- und Maus-Signale über IP)
➔ Ferngesteuertes Herunter- und Hochfahren
➔ Hardware-Wecker
➔ Boot-Umleitung
Mithilfe der Out-of-Band-Verwaltung können zentrale Leitstände verteilte Edge-Systeme besser verwalten und instandsetzen, selbst wenn das Gerät abgeschaltet ist oder das Betriebssystem nicht reagiert. Solche Möglichkeiten erweisen sich ebenso bei Embedded-Systemen als nützlich, die an schwer zugänglichen Stellen angebracht sind, bei Industrie-PCs in gefährlichen Umgebungen oder bei Kassensystemen im Einzelhandel, die der Besitzer nach Ladenschluss abschaltet.
Ganz gleich, ob Computer-on-Modules (CoMs) mit dem Formfaktor COM-Express (Bild 4) oder COM-HPC – beide Standards der PICMG halten einige Vorteile für Embedded- und Edge-Systeme bereit.
Aus dem Grund sind sie laut Marktzahlen von IHS Markit das am weitesten verbreitete Embedded-Design-Prinzip – sogar noch vor klassischen Embedded Boards, wie Mini-ITX oder 3,5-Zoll-Single-Board-Computern (SBCs). Gründe dafür sind eine Kombination aus Flexibilität kundenspezifischer Designs, einfach zu entwickelndem Carrierboard bis hin zum einfach einzusetzenden, fertig entwickelten Modul, das alle benötigten Treiber und Firmware direkt mitbringt. Sie integrieren alle kritischen Bausteine wie CPU, Arbeitsspeicher, Highspeed-Schnittstellen und ebenfalls die Grafik in einem Gesamtpaket.
Unternehmen können so Entwicklungskosten im Vergleich zu einer komplett kundenspezifischen Entwicklung sparen und die Time-to-Market verkürzen. Außerdem lassen sich CoMs eines Standards über Prozessorgenerationen und Herstellergrenzen hinweg flexibel austauschen. So können OEMs ihre Produkte flexibel skalieren und sogar nach etlichen Jahren mit aktueller Prozessortechnik aufrüsten. Mit dem Support der standardisierten Modul-Formfaktoren von mehreren Herstellern, lassen sich außerdem einfach Lieferantenstrategien umsetzen – gut für die Preislegung sowie das Sichern der Verfügbarkeit.
Für die Standardisierung zuständig ist bei COM-Express und COM-HPC die herstellerunabhängige PCI Industrial Computer Manufacturers Group – PICMG. Sie gewährleistet die Kontinuität der komplementären Standards und schafft mit dem Launch von COM-HPC die nötige Vertrauensbasis, um auf den neuen Standard zu wechseln, sobald die ersten Module verfügbar sind. Somit ist von Anfang an die Designsicherheit gegeben. Aus dem Grund ist es sinnvoll, neue Projekte bereits jetzt mit COM-HPC umzusetzen.
Der Autor
Andreas Bergbauer ist Product Line Manager für die COM- Express-Produktlinie bei Congatec. Davor war er als Projektmanager für die Entwicklung und Markteinführung neuer Produkte verantwortlich. Vor seinem Wechsel zu Congatec war er lange Jahre in der IT-Unternehmensberatung tätig. Bergbauer studierte Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Deggendorf und ist nach GPM zertifizierter Projektmanager.