Diskurs mit EMS-Firmen

Sind Chinas Tage als Fertigungsstandort gezählt?

28. Oktober 2019, 15:16 Uhr | Karin Zühlke
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Investitionsschwäche in China wirkt hierzulande

Albrecht Faber, bebro
Albrecht Faber, bebro: »Wir haben zwar kein Werk in China, aber ich habe zahlreiche Kunden, z.B. aus dem Maschinenbau, für die China bisher einer der größten Märkte war. Daher merken auch wir Auswirkungen, die sich meines Erachtens in der nächsten Zeit noch verstärken werden.«
© Markt&Technik

Dadurch, dass die Investitionen in China zurückgehen, sinkt auch der Absatz europäischer Firmen auf dem dortigen Markt, und damit auch die Stückzahlen. Albrecht Faber, Geschäftsführer von bebro electronic, erläutert: »Wir haben zwar kein Werk in China, aber ich habe zahlreiche Kunden, z.B. aus dem Maschinenbau, für die China bisher einer der größten Märkte war. Daher merken auch wir Auswirkungen, die sich meines Erachtens in der nächsten Zeit noch verstärken werden.« Außerdem, so Faber, steigen die Exportaufwände: Kunden verlangen neuerdings Ursprungszertifikate und die Deklaration der Wertschöpfung aus den USA.

Bei der „Local-for-local“-Produktion in China halten sich die Auswirkungen nach Auskunft der Diskussionsteilnehmer hingegen derzeit noch in Grenzen: Gehen in China gefertigte Produkte auf den lokalen Markt oder nach Europa, werden schließlich keine Strafzölle fällig. »Wir produzieren in China einen Teil für amerikanische Kunden für den asiatischen Markt; dieser Markt ist nach wie vor da«, berichtet Felix Timmermann, Vice President EMEA von Asteelflash. Auf ähnliche Erfahrungen verweist Jörg Planta, Business Development Manager von Neways: »Wir bedienen mit unserem Werk in China vor allem Local-for-local-Geschäft von europäischen Kunden und produzieren dort sehr spezielle Produkte, daher spüren wir noch keine Auswirkungen.«

Andreas Limmer, GPV
Andreas Limmer, GPV: »Viele Kunden zögern aufgrund der aktuellen Situation bei der Standortwahl ihrer Fertigung.«
© Componeers GmbH

Auch TQ produziert in China vor allem für den lokalen Markt. Hier merke man nach den Worten von Rüdiger Stahl, Geschäftsführer von TQ Systems, zwar durchaus einen Rückgang, dieser konnte aber bisher kompensiert werden durch neue Projekte bei Robotik und Embedded-Systemen. Aber Stahl kann der Situation auch Positives abgewinnen und spricht von neuen Chancen: »Die Wertschätzung der Aktivitäten in China ist wieder stärker, die dortige Regierung wird kooperativer und die Kontinuität bei der Belegschaft steigt. Alle merken, dass es nicht selbstverständlich ist, dass es immer nur aufwärts geht.«

Felix Timmermann bringt noch einen weiteren Aspekt in die Diskussion ein: Sobald sich die Zolleskapaden geklärt haben, müsse die Branche mit Folgeeffekten rechnen: »Es gibt Verlagerungen innerhalb der Kapazitäten in Asien. Wir sehen z.B. viele Freikapazitäten bei Flex, weil Huawei viel Produktion von dort weggenommen hat, und das wird zu Herausforderungen führen.« Flex, ehemals unter dem Namen Flextronics bekannt, ist einer der weltgrößten Elektronikdienstleister mit mehreren etwa 200.000 Mitarbeitern, Hauptsitz in den USA, und unterhält mehrere Standorte in China. Die jüngste Flex-Fabrik in China, in der nur Produkte für Huawei gefertigt wurden, hat der US-Konzern erst 2018 eröffnet. US-Medienberichten zufolge wurde fast die komplette Belegschaft dort freigestellt.

Mexiko profitiert

Und welche Region profitiert vom Verlagerungskarussel? Laut Jörg Planta findet aus China heraus derzeit eine Fertigungsverlagerung nach Vietnam statt. Dies blieb offensichtlich auch US-Präsident Trump nicht verborgen; Konsequenzen dürften nicht lange auf sich warten lassen.

Größter Profiteur des Zollstreits zwischen China und USA ist laut einhelligen Meinungen aber der Fertigungsstandort Mexiko: Nach der Einigung im Zollstreit mit den USA – Markt&Technik berichtete in Ausgabe 29 – hat sich die Lage in Mexiko beruhigt und der Standort ist als Tor zum US-Markt für die Elektronikfertigung sehr attraktiv. »Zudem kann man in Mexiko gut Komponenten einkaufen und günstig in die USA liefern«, bestätigt Rönisch. So verlagern derzeit einige Fertigungsbetriebe ihre Produktion aus China unter anderem nach Mexiko, wie Doede Douma auch für Sanmina bestätigt. Aber auch Indien ist seinen Worten zufolge ein interessanter Fertigungsstandort als Alternative zu China, für den lokalen Markt und den Export. Bei Asteelflash ist die Nachfrage nach der Produktion in Mexiko den Worten von Felix Timmermann zufolge ebenso »enorm gestiegen«. Asteelflash wird sein Werk dort in diesem Jahr verdoppeln, maßgeblich getriggert durch die Verlagerung von Produktionsprojekten aus China für den US-Markt. Insgesamt steht bei der Auswahl des Fertigungsstandortes die Frage nach etwaigen Zöllen inzwischen ganz oben: »Das Thema Zölle bekommt einen viel höheren Stellenwert in der Diskussion mit dem Kunden«, resümiert Johann Weber.


  1. Sind Chinas Tage als Fertigungsstandort gezählt?
  2. Investitionsschwäche in China wirkt hierzulande
  3. Geht Trumps Plan, China als Fertigungsland zu schwächen, auf?

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