Schalten im Bordnetz

Halbleiterbauelemente zum Absichern im automobilen Bordnetz

12. April 2017, 10:09 Uhr | Von Ralf Hickl
Welcher Baustein übernimmt im automobilen Bordnetz die wichtigste Rolle ein.
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Ein automobiles Bordnetz besteht aus verschiedenen elektrischen Komponenten wie Steuergeräten, Bussystemen, Energiespeichern, Generatoren, Aktoren, Sensoren, Anzeigeelementen, Steckverbindern, Kabeln und Halbleitern. Welche Bausteine aus Sicht von Rutronik wichtig sind, erläutert der Beitrag.

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Immer mehr Verbraucher am automobilen Bordnetz werden heute mit Halbleiterbauelementen geschaltet. Die Vorteile der Halbleiterschalter im Vergleich zu elektromechanischen Schaltern sind deren Verschleißarmut (kein Prellen, mehr Schaltzyklen), Diagnosefähigkeit und dass – anders als bei mechanischen Kontakten – beim Öffnen von Stromkreisen unter Last keine Funkenstrecken entstehen. Spätestens im 48-V-Bordnetz oder in Nutzfahrzeugen mit großen Leitungslängen und dadurch größeren parasitären Induktivitäten ist das ein Thema.

Ist die Schaltfunktion erfüllt, so kann mit etwas Sensorik die Diagnostik und Überlastsicherung angegangen werden, um Verkabelung und Verbraucher zu schützen und ein schnelles Agieren im Fehlerfall zu ermöglichen. Elektronisches Absichern bringt zusätzliche Vorteile: Im Gegensatz zu Einweg-Schmelzsicherungen kann eine Überlastfunktion bei entsprechend geschützten Halbleiterschaltern wiederholt abgerufen werden. Nach dem Auslösen wird die elektronische Sicherung über den Fahrzeugbus ohne Einsatz von Werkzeugen diagnostiziert und zurückgesetzt. Durch die Messung des Stromverbrauchs in jedem Schaltzweig lassen sich die Schaltzustände der Verbraucher verifizieren. Auf die Spitze getrieben wird der Relais- und Sicherungskasten im Auto dann zusätzlich noch zum Smart Meter mit all seinen Möglichkeiten.

Das Blockschaltbild eines elektronischen Mehrfachschalters
Bild 1. Das Blockschaltbild eines elektronischen Mehrfachschalters.
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Das Blockschaltbild (Bild 1) eines elektronischen Mehrfachschalters zeigt Halbleiterschalter in drei Strompfaden. Im oberen Strompfad schaltet ein integrierter High-Side Switch, in der Mitte ein beschalteter MOSFET und im Massepfad ein geschützter Low-Side-Schalter. Ein Mikrocontroller sorgt für die Busanbindung und die Verarbeitung der Diagnosesignale sowie die Ansteuerung der Schalter.
Für kleinere Schaltströme kommen geschützte Smart High-Side- oder Low-Side-Schalter zum Einsatz, auch Intelligent Power Devices (IPD) genannt. Diese kompakten Bauteile integrieren das Schaltelement, einen N-Kanal-MOSFET, eine Treiberstufe für das Gate sowie Diagnose- und Schutzfunktionen in einem Gehäuse. Die Diagnostik erkennt beispielsweise einen Kabelbruch am Ausgang (Open Load Detection); die Schutzfunktion reagiert auf Übertemperatur, Überstrom oder Unterspannung. Die gängigen Typen schalten unidirektionalen Energiefluss. Typische Lasten reichen von der Glühlampe bis zum Heizelement für Sitze, Scheiben und Außenspiegel.

Durch die Entwicklung der Power-MOSFETs und der Gehäusetechnologie werden diese Bauteile immer leistungsfähiger. Einen Spitzenplatz unter den High-Side-Schaltern belegt in dieser Hinsicht Rutronik zufolge heute Infineons PowerPROFET-Familie mit An-Widerständen herunter bis auf 1 mΩ. Die geschützten Switches in Ausführungen mit mehreren Kanälen in einem Gehäuse sparen Platz auf der Platine. Dank Pin-Kompatibilität über die Spannungsklassen 12 V und 24 V bieten die PowerPROFET-Switches eine große Flexibilität. Auch die Bauteile mit unterschiedlicher Anzahl von Kanälen in einem Gehäuse passen auf ein Platinen-Layout, was Bestückungsoptionen ermöglicht.

Tabelle. Lieferanten und Baureihen von High- und Low-Side-Schaltern
Tabelle. Lieferanten und Baureihen von High- und Low-Side-Schaltern.
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Nicht nur wegen der fortschrittlichen Gehäusetechnologie lohnt sich ein Blick auf die Baureihen VIPower M0-7/5T von STMicroelectronics. Die meisten dieser Produkte basieren auf STs robuster Planartechnik. Renesas ist mit der neuen Baureihe Hope am Start, deren Typenbezeichnung mit RAJ28 beginnt. Andere wichtige Selektionskriterien sind

  • das Unterspannungsverhalten, also die Funktion bei Spannungseinbrüchen bei vorgegebenem Puls gemäß den Normen LV124, ISO 7637-2 Puls 4, ISO16750-2. Diese Normen geben vor, bis zu welcher Spannung und wie lange der Schalter bei Spannungseinbrüchen geschlossen bleiben muss – in der Praxis das Verhalten bei Kaltstart. Bei einem Solid-State-Relais für den Anlasser ist eine sehr kleine Mindestspannung vorteilhaft, denn der Rest-Energieinhalt der Batterie steht dann voll für den Startvorgang zur Verfügung.
  • das Verhalten nach Abschaltung durch Überlast. Möglich sind automatischer Restart oder Restart nach Reset über Pin oder eine Kombination von beiden.

Low-Side-Schalter werden seltener nachgefragt als High-Side-Schalter; die Lieferanten und Baureihen sind in der Tabelle aufgeführt.

Ein 48-Volt-Hybridsystem senkt den Kraftstoffverbrauch und den CO2-Ausstoß
Bild 2. Ein 48-Volt-Hybridsystem senkt den Kraftstoffverbrauch und den CO2-Ausstoß.
© Rutronik

IPDs, die explizit für das neue Bordnetz mit 48 V beworben werden, sind rar (Bild 2). Es gibt momentan Typen, die für das 24-V-Bordnetz gedacht sind, sowie einige Typen mit Spezifikation für das verstorbene 42-V-Bordnetz, wie Infineons BTS6163, den BTS50085. Weitere Bauteile sind noch in der Entwicklung. Erfüllen die integrierten Schalter die geforderten Leistungsdaten wie Spannungsbereich, Maximalstrom oder Obergrenze der Verlustleistung nicht, so bleibt nur eine diskrete Lösung.


  1. Halbleiterbauelemente zum Absichern im automobilen Bordnetz
  2. Diskreter Aufbau für größere Schaltleistungen

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