Nvidia hat zwar als Hardwareunternehmen angefangen, aber mittlerweile spielt auch die Software eine wichtige Rolle, oder?
Ja, wir verkaufen heute nicht mehr den Chip und irgendein anderes Unternehmen entwickelt die Software, sondern wir verkaufen Plattformen. Der Vorteil davon ist, dass damit die Hardware mit der Software zusammen entwickelt werden kann. Und das ist auch gut so, denn wir kennen unsere Hardware besser als jeder andere. Wir schaffen die Grundlage mit verschiedenen Betriebssystemen, Treibern, die Infrastruktur, die Netzwerke, die Algorithmen und stellen das unseren Kunden zur Verfügung, die ihre Applikation auf Basis dieser Plattform entwickeln können.
Jeder OEM kann sich mit unserer Plattform differenzieren und seine eigenen Anwendungen entwickeln, denn die OEMs haben ebenfalls sehr gute Softwareentwickler, nur nicht genug davon. Und das hat auch Vorteile in Hinblick auf Safety, denn neben Redundanz erhöht auch eine Diversität der Soft- und Hardware die funktionale Sicherheit. Das heißt, dass beispielsweise auch diverse Algorithmen zum Einsatz kommen können, welche vom OEM, welche von uns.
Nvidia bietet auch eine Simulationsplattform für OEMs/Tier-Ones, ist die Nutzung an die Hardware von Nvidia gebunden?
Nein. Der Simulator kann genutzt werden, auch wenn die Hardware nicht von uns kommt. Mit DRIVE Sim können Entwickler auch synthetisch generierte Daten nutzen, und damit die Bedingungen wie beispielsweise Wetter, unterschiedliche Szenarien etc. steuern und testen. Dieser Ansatz ist viel effizienter als die vielen Kilometer selbst zu fahren, außerdem können mit der Simulation auch gefährliche Situationen getestet werden.
Simulation mit synthetischen Daten ist eine gute Idee, aber dieser Ansatz steckt noch in Kinderschuhen…
Stimmt, das ist ein Grund dafür, warum das mit dem automatisierten Fahren viel länger dauert, wie ursprünglich erwartet. 2015 hat noch jeder geglaubt, dass 2020 bereits die ersten autonomen Fahrzeuge unterwegs sind – aber die Probleme sind viel komplexer als die meisten erwartet haben. Wobei es uns und unseren Partnern nicht darum geht, die Technologie jetzt schnell in den Markt zu drücken, sondern wir wollen sicherstellen, dass die Technik, wenn sie auf den Markt kommt, auch wirklich sicher ist. Und ein Weg, dieses sicherzustellen, führt über die Simulation. Das heißt, dass wir auch mit Partnern zusammenarbeiten, die selbst Simulationen durchführen, denn unser Simulator funktioniert mit vielen anderen Techniken. Damit können wir genau das Ecosystem aufbauen, das notwendig ist, um diese komplexen Aufgaben auf der Hard- und Softwareseite sicher zu lösen.
Sie sagten, dass die Erwartungen in Hinblick auf autonomes Fahren viel zu optimistisch waren, hängt es an der Software oder an der fehlenden Rechenleistung?
Die Anzahl der Sensoren in den Fahrzeugen nimmt stetig zu. LiDAR, Radar, Ultraschallsensoren, Kameras, Imaging Radar, alles wandert ins Fahrzeug. Aber es sind nicht nur mehr Sensoren, sondern sie werden auch ständig weiterentwickelt, sprich sie weisen eine höhere Auflösung auf, eignen sich für größere Bereiche und liefern mehr Details. All das bedeutet, dass mehr Daten generiert werden und das wiederum hat zur Folge, dass mehr Rechenleistung notwendig ist. Nvidia entwickelt ständig neue Produkte, die sich durch mehr Rechenleistung sowie geringere Kosten auszeichnen und das noch bei einer reduzierten Leistungsaufnahme. Das ist unsere Roadmap.
Der entscheidende Vorteil dabei: Alle Produkte basieren auf einer einzigen Architektur, sodass die Entwickler nicht immer wieder von vorne anfangen müssen, sondern ihre Software einfach portieren können. Nio zum Beispiel nutzt vier Orin-Prozessoren in Fahrzeugen, die bereits auf der Straße sind. Jeder dieser Prozessoren kommt auf 250 TOPS. Die nächste Generation wird vier dieser Chips in einem vereinen, 1000 TOPS bringen. Damit steht Nio ein Migrationspfad offen, deshalb setzt das Unternehmen auf unsere Prozessoren. Denn damit können sie sicherstellen, dass die Investitionen, die das Unternehmen jetzt in ihre Software steckt, auch in Zukunft nicht umsonst sind.
Heißt das, dass die Rechenleistung nicht ausreicht, um automatisiertes Fahren umzusetzen?
Nein. Es ist vielmehr die Entwicklung der Software, die all die verschiedenen Corner-Cases abdecken muss. Es reicht nicht, dass die Software beispielsweise erkennt, dass an der Straßenecke ein Fußgänger steht, sondern die Software muss auch erkennen, wenn dieser Fußgänger abgelenkt ist. Als aufmerksamer Fahrer erkennt man das und das muss die Software ebenfalls leisten können. Autonome Fahrzeuge müssen in der Lage sein, das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer vorhersagen zu können und zwar eigentlich besser als das bislang die Fahrer tun.