Lidar-Systeme

TIA-Schnittstellen entwickeln und optimieren

17. März 2022, 8:30 Uhr | Autor: Noe Quintero, Redaktion: Irina Hübner
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Überlegungen zur TIA-Sättigung

, RB = 2,2 kΩ.
Bild 5. Sättigung bei hohem Eingangsstrom mit CIN = 100 pF, RB = 2,2 kΩ
© Analog Devices

Die Erholung aus der Sättigung ist ein weiterer Problempunkt. Bild 5 zeigt den Ausgang, wenn CIN mit hohen Eingangsströmen beaufschlagt wird. Als Auswirkung eines 10-mA-Pulses auf einen AC-gekoppelten TIA mit einem RB von 2,2 kΩ und einem CIN von 100 pF, zeigen sich nach Eintreten eines hohen Strompulses deutlich zwei unterschiedliche Betriebsregionen.

Nach einem 10-mA-/5-ns-Eingangsspuls ist der AC-Kondensator voll aufgeladen und der Ausgang des TIAs liegt auf Masse. Diese Ausgangssättigung auf Masse ist ein Symptom dafür, dass der Eingang weit über seinen Nennwert von 1,5 V gezogen und eine Funktion von Amplitude und Dauer des Detektorstroms ist. Je höher der gepulste Strom ist, desto länger ist der Ausgang in Sättigung und auf Masse gezogen. Der zweite Betriebsbereich ist der Erholungszustand. Die Zeitkonstante für die Erholung korreliert mit RB und CIN.

(a) Aktiv leitende (railed) Erholungszeit für unterschiedliche RB-Werte, (b) Erholung nach der Anstiegszeit für unterschiedliche RB-Werte.
Bild 6. (a) Aktiv leitende (railed) Erholungszeit für unterschiedliche RB-Werte, (b) Erholung nach der Anstiegszeit für unterschiedliche RB-Werte.
© Analog Devices

Die Bilder 6a und 6b zeigen die beiden Mechanismen unter unterschiedlichen Bedingungen und liefern tiefere visuelle Einblicke. Die gesamte Erholungszeit ist die Summe der aktiv leitenden (railed) Zeiten und der Erholungszeiten für den AC-gekoppelten Eingangs-TIA. Um die Erholungszeit zu verkürzen, mag es verlockend sein, einen kleinen Widerstandswert für RB zu wählen.

Aber RB ist auch ein paralleler Pfad für den Detektor, ein gewisser Anteil der Eingangsströme fließt weg – diese »gestohlenen« Ströme führen zur Reduktion der Gesamtverstärkung des APDs. Wenn Lidar unter realen Umweltbedingungen läuft, ist es möglich, dass starke Lichtpulse von anderen Systemen einstreuen, die dazu führen, dass die Erholung aus der Sättigung bei einem Nanosekunden-Laserpuls mehrere zehn Mikrosekunden dauert.

Überlegungen zur Eingangs-DC-Kopplung

 Ein DC-gekoppelter TIA-Eingang
Bild 7. Ein DC-gekoppelter TIA-Eingang.
© Analog Devices

Ein DC-gekoppelter Eingang ist unkompliziert. Bei einem hohen Pegel erlaubt es der DC-gekoppelte Eingang in Bild 7 dem TIA sich schnell aus der Sättigung zu erholen und ist dabei nur von der Sättigungserholung des TIA limitiert. Der Nachteil dieser Methode ist, dass der Gleichstrom vom APD zum TIA-Eingang fließen kann. Leider benötigen Umgebungslicht, Dunkel- und Leckströme hervorgerufen durch den Detektor, einiges oder sogar den Großteil des linearen Bereichs des TIA. Dieser reduzierte Dynamikbereich verschlechtert wiederum den SNR der Empfangssignalkette wesentlich. Bei zu viel Umgebungslicht wird der Dynamikbereich des TIA praktisch völlig aufgebraucht und das System damit »blind«.

Optisches Bandpassfilter zum Abhalten von Umgebungslicht
Bild 8. Optisches Bandpassfilter zum Abhalten von Umgebungslicht.
© Analog Devices

Die am häufigsten verwendeten Methoden zum Beschränken des Einflusses von Umgebungslicht auf das System arbeiten meist mit einer optischen Filterung (Bild 8) oder aktiven Schaltungen zum Beseitigen des Offsets (Bild 9). Optische Bandpassfilter können direkt auf das APD-Fenster oder die Linse aufgebracht werden, sie reduzieren die Effekte von Umgebungslicht deutlich. Das optische Filter hilft allerdings nicht bei Reflexionen von interner Optik, die ein ebenfalls großes, unerwünschtes Signal erzeugen können. Es ist jedoch eine gute erste Strategie zur Signalverbesserung.

 Schaltung zur Beseitigung des DC-Anteils
Bild 9. Schaltung zur Beseitigung des DC-Anteils
© Analog Devices

Eine aktive Schaltung zur DC-Beseitigung injiziert einen umgekehrten Strom in den Eingang des TIA, um den Eingangs-DC-Anteilen entgegenzuwirken. Ein solches System benötigt eine geschlossene Regelschleife vom TIA-Ausgang zu seinen Eingängen und es ist große Sorgfalt nötig, um die Rausch- und Schalteigenschaften des TIA aufrechtzuerhalten.

Da man es mit TIA-Verstärkungen von 10k bis 100k zu tun hat, ist auch die Schleifenstabilität eine große Herausforderung. Dafür nötige Schaltungstechniken und Schaltungsarchitekturen werden in diesem Artikel nicht behandelt. Eine wichtige Erkenntnis ist jedoch, dass bei verringerter Stabilität und Eingangskapazität in der Schaltung eine DC-Beseitigung die beste Performance bei der Erholung aus der Sättigung aufweist. Dies hat allerdings zusätzliche Kosten und Komplexität zur Folge.

Kompromisse bei der Eingangskopplung
Tabelle 1. Kompromisse bei der Eingangskopplung.
© Analog Devices

Es müssen viele Kompromisse geschlossen werden, wenn man die AC-Kopplung im Vergleich zur DC-Kopplung oder die Strombeseitigung am TIA-Eingang für Lidar betrachtet. Die ideale Charakteristik eines gemultiplexten Analog-Frontends für den Lidar-Empfang wären ein großer Dynamikbereich, schnelle Erholung aus der Sättigung, Abweisen von Umgebungslicht und eine nur geringe Verlustleistung mit unbegrenzter Bandbreite. In der Realität schließen sich jedoch einige dieser Eigenschaften gegenseitig aus (Tabelle 1).

AC-Kopplung versus DC-Kopplung

Wählt man die AC-Kopplung erhöht sich der Dynamikbereich auf Kosten der Erholungszeit nach Sättigung. Die AC-Kopplung ist sinnvoll für Anwendungen, die für den TIA eine Erholungszeit von 10 s tolerieren können. Wird die DC-Kopplung gewählt, ist die Erholungszeit viel schneller, aber auf Kosten eines Teils oder gar des ganzen Dynamikbereichs, der durch DC-Effekte verloren geht. Die DC-Kopplung ist sinnvoll bei Applikationen, die eine schnelle Erholung benötigen und nicht besonders empfindlich für DC-Effekte sind, die den Dynamikbereich blockieren.

Wenn die DC-Kopplung mit integrierter Strombeseitigung die gewählte Topologie ist, vergrößert sich der Dynamikbereich, die Erholungszeit nach Sättigung und das Kanalschalten sind dabei auch schneller, allerdings zum Preis einer höheren Designkomplexität. Diese Topologie ist Bedingung für Automotive-Lidar. Eine schnelle Erholung und ein großer Dynamikbereich rechtfertigen in diesem Fall den zusätzlichen Aufwand für die Designkomplexität und die höheren Entwicklungskosten.

Das einfache Hinzufügen eines AC-Koppelkondensators an den Eingang eines Transimpedanzverstärkers in einer gepulsten Applikation kann die Leistung des gesamten Systems beeinträchtigen. Kompromisse können jedoch eingegangen werden, um realistische Ziele zu erreichen. Nicht alle Systeme benötigen die schnellsten Erholungszeiten (z. B. industrielle und messtechnische Systeme), die AC-Kopplung kann in diesen Schaltungen eingesetzt werden.

In den Fällen, in denen der TIA sich nur langsam erholt, weil der Eingangs AC-gekoppelt ist, ist es zwar einfach, den TIA dafür verantwortlich zu machen. Aber selbst bei einem idealen TIA-Modell mit verzögerungsfreier Erholung, ist die Erholungszeit verlangsamt, wenn der AC-Kondensator eingefügt ist. Dann kann es sinnvoll sein, eine DC-Kopplung oder eine DC-Kopplung mit einer Strombeseitigungsschaltung in Betracht zu ziehen.

 

 

Der Autor

 

Noe-Quintero von Analog-Devices
Noe Quintero von Analog-Devices
© Analog Devices

Noe Quintero

begann 2015 als Applications Engineer bei Analog Devices und wurde 2019 zum Analog Design Engineer ernannt. Er hat sein Studium in Elektrotechnik an der San Jose State University absolviert und ist spezialisiert auf Signalkettenlösungen.
noe.quintero@analog.com.


  1. TIA-Schnittstellen entwickeln und optimieren
  2. Überlegungen zur TIA-Sättigung

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