Fortschritte in der Wired-Kommunikation

SPE und OPC UA Field eXchange – quo vadis?

13. August 2023, 11:00 Uhr | Andreas Knoll
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"SPE ist völlig kompatibel zu UAFX"

Beim Einsatz von Standard-Ethernet auf dem Physical Layer können mehrere Protokolle parallel das Netzwerk nutzen. Diese Eigenschaft erhöht die Flexibilität beim Einsatz von Sensoren und bei der parallelen Nutzung, etwa in einem Steuerungsprozess mit Profinet sowie für Predictive Maintenance mit UAFX. Weitere große Vorteile sind die Sichtbarkeit der Sensoren im Ethernet-Netzwerk sowie die durchgängige Konfiguration des gesamten Netzwerks etwa über NETCONF (Network Configuration Protocol) und Profinet. Bei IO-Link sind all diese Elemente nur begrenzt durch Gateway-Funktionalitäten abzubilden.

Fairerweise muss man aber auch die aktuell noch niedrigeren Kosten für einen IO-Link-Sensor im Vergleich zu einem SPE-Sensor anführen. Diese niedrigeren Kosten muss man gemeinsam mit dem deutlich höheren Aufwand für Sicherheit und Transparenz bewerten. Man sollte dabei immer bedenken, dass neue Normen und Gesetze, etwa für die kritische Infrastruktur, in Zukunft zeitlich und technisch nicht mehr durch Speziallösungen abbildbar sind, sondern durch Standardlösungen, die beim SPE-Physical-Layer gegeben sind.

TSN und OPC UA over TSN eignen sich für zeitkritische Netzwerke, die Echtzeitanforderungen erfüllen. Inwieweit eignet sich SPE aktuell auch für die Datenübertragung per TSN und OPC UA over TSN?

Eitel: Im Allgemeinen ist der Physical Layer von den Funktionen der höheren Layers (MAC) unabhängig, allerdings mussten besonders für die 10-Mbit/s-Übertragung und für HDX noch einige Anpassungen gemacht werden. Diese sind jedoch bereits in der IEEE 802.3de erfolgt, sodass sowohl Zeitsynchronisation als auch Frame-Preemption möglich sein werden. Ebenso sind die 10 Mbit/s bereits in das Industrieprofil der IEC/IEEE 60802 aufgenommen worden. Belden hat hierzu bereits für 100BASE-T1 und 1000BASE-T1 erste, sehr positive Erfahrungen gesammelt.

Hirschmann
Verschiedene Ethernet-Standards mit maximalen Kabellängen und bevorzugten Anwendungen
© Hirschmann

Die Field-Level-Communications(FLC)-Initiative der OPC Foundation hat die ersten UAFX-Spezifikationen veröffentlicht, die die Grundlage für die Nutzung von OPC UA in der Feldebene bilden. Wie weit ist die Spezifikation von UAFX fortgeschritten?

Lukas Bechtel, Technology Architect/CTO Office Industrial Automation Solutions: Die erste Version dieser Spezifikation wurde bereits im Herbst 2022 veröffentlicht. Inhalt der ersten Releases ist »Controller to Controller« (C2C). C2C deckt einen Bereich ab, der bis heute selten zwischen den Controllern verschiedener Hersteller möglich war, weil die Protokolle und Tools nicht interoperabel waren. Durch C2C lassen sich Prozesse miteinander synchronisieren, obwohl sie in verschiedenen Steuerungen unterschiedlicher Hersteller laufen.

Aktuell findet die Standardisierung von »Controller to Device« (C2D) statt. Das heißt, dass die Steuerungen auch mit Sensoren und Aktoren kommunizieren können. Dabei steht man aber noch am Anfang, da gab es im letzten Sommer den Kickoff für die Standardisierung. Eine erste C2D-Version ist eventuell für 2024 zu erwarten. Weil C2D darauf abzielt, mehrere Sensoren und Aktoren mit einer Steuerung zu verbinden, lassen sich damit Systeme aufbauen, die den Peer-to-Peer-Systemen entsprechen. C2D fokussiert sich sowohl auf I/O-Anwendungen als auch auf Motion-Control. Die UAFX-Spezifikationen sind von den OPCF-Mitgliedern eingehend geprüft worden und haben ein umfangreiches Prototyping durchlaufen. Die Spezifikationen sind so ausgereift, dass echte Produkte implementiert werden können.

Inwieweit wird sich SPE auch für die Datenübertragung per UAFX eignen?

Bechtel: SPE ist völlig kompatibel zu UAFX, denn SPE ist Ethernet, deswegen funktioniert das. Aktuell sind jedoch nur Controller von UAFX betroffen, wobei diese vermutlich meist nicht mit SPE untereinander verbunden sein werden, was aber technisch möglich ist. Sobald C2D verfügbar ist, lebt ein damit aufgebautes System von der Verfügbarkeit von Ethernet-fähigen Sensoren und Aktoren. Hier wird SPE den entscheidenden Beitrag leisten, damit viele Sensoren Ethernet-fähig werden.

Wie wird sich das Verhältnis von UAFX zu den etablierten Industrial-Ethernet-Standards gestalten? Sind bei den Industrial-Ethernet-Nutzerorganisationen entsprechende Spezifikationen in Arbeit?

Bechtel: Alle großen Mitglieder der bisherigen Industrial-Ethernet-Nutzerorganisationen sind bei der Standardisierung von UAFX stark eingebunden und beteiligt. Sie sind davon überzeugt, dass ihnen diese Standardisierung bei C2C große Vorteile bringen wird. Bei C2D ist davon auszugehen, dass es einen Parallelbetrieb von UAFX und spezifischen Industrial-Ethernet-Standards geben kann. Ein großes Ziel vieler Mitglieder ist es, dass UAFX einheitlich für Datenaggregation direkt vom Sensor an eine zentrale Stelle parallel zu bestehenden Feldbussen genutzt werden kann.

Ein konkreter Anwendungsfall ist die NAMUR Open Architecture, bei der Prozessdaten direkt von Sensoren und Aktoren über Remote Access ausgeleitet werden. Das ist ein großer Vorteil, den alle unterstützen. Ebenso ist auch der Ersatz von Industrial-Ethernet-Standards in gewissen Bereichen angestrebt. Für den Parallelbetrieb von existierenden Industrial-Ethernet-Systemen und UAFX müssen bisherige Standards auch nicht angepasst werden. Allerdings arbeiten einige Nutzerorganisationen an Erweiterungen ihrer Industrial-Ethernet-Standards, um in TSN-Netzwerken und mit neuen PHYs (z. B. für SPE, aber auch mit höheren Link-Speeds) kompatibel zu sein.

Glauben Sie, dass UAFX die etablierten Industrial-Ethernet-Standards irgendwann ersetzen könnte?

Bechtel: Ja, theoretisch ist das möglich. Einige Unternehmen zielen darauf ab, andere nicht. Der Grund ist, dass einige Industrial-Ethernet-Nutzerorganisationen marktspezifische Lösungen bereitstellen. Je nach Anwendung wird UAFX einmal besser und einmal nicht so gut passen für die alleinige Kommunikation – genauso wie heute ein Industrial-Ethernet-System mal besser und mal schlechter für die jeweilige Anwendung passt. UAFX wird sich aber auch nach dem ersten C2D-Release weiterentwickeln und mit der Zeit viele Anwendungsfälle vollständig abdecken können.


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