Außer dass wir speichersensitiv arbeiten, achten wir darauf, dass das Ganze trotzdem noch leistungsfähig bleibt. Die Performance leidet meist nicht darunter, dass der Speicherbedarf drastisch eingeschränkt wird; Anwender müssen eventuell nur mit etwas weniger Verbindungen planen. Die Grenze nach oben hin ist erstmal offen, sodass sich der emNet Stack sowohl für kleine Ultra-Low-Power-Mikrocontroller eignet, die so gut wie keinen Speicher haben, als auch für größere Projekte etwa mit Arm-Cortex-A-Prozessoren und externem Speicher. Anwender können dann beliebig viele Verbindungen handhaben, was dann entsprechend Speicher erfordert.
Zudem ist der Stack erweiterbar: Wir haben diverse Add-ons, die sich sowohl auf High-Level-Protokolle in Richtung IoT beziehen als auch auf Low-Level-Protokolle, die entweder schon direkt integriert sind – ARP (Address Resolution Protocol), TCP, IP und UDP – oder von uns teilweise unterstützt werden, soweit es sinnvoll ist und soweit sie auch wirklich benutzt werden.
Welche Alleinstellungsmerkmale schreiben Sie der Kombination aus emNet IP Stack und ADIN1110 zu?
Olligs: Die Alleinstellungsmerkmale des emNet Stacks zusammen mit dem ADIN1110 liegen darin, dass das Gesamtkonzept für Endkunden variabler planbar wird. Ein Alleinstellungsmerkmal des ADIN1110 ist nämlich, dass er sich per SPI anbinden lässt. Andere PHY-Bausteine können nur per (R)MII-Schnittstelle (Reduced Media-Independent Interface) angebunden werden, was aber voraussetzt, dass der Mikrocontroller eine (R)MII-Schnittstelle hat, sprich: einen Ethernet Controller. Wer auf den ADIN1110 setzt, der sich auch per SPI anbinden lässt, kann ihn nicht nur mit einem aktuellen Ultra-Low-Power-Mikrocontroller nutzen, sondern das Konzept auch in weiteren Designs verwenden, weil es mit jeder CPU funktioniert.
Welche Rolle spielt die RMII-Schnittstelle?
Olligs: MII oder RMII ist eine standardisierte Schnittstelle in Verbindungen zwischen Ethernet-Controller und PHY. Mit dem ADIN1110 funktioniert dies prinzipiell auch, aber das Alleinstellungsmerkmal des ADIN1110 ist, dass er sich zusätzlich per SPI anbinden lässt, was ihn universell einsetzbar macht, auch wenn die CPU keinen richtigen Ethernet Controller enthält. Der ADIN1110 übernimmt hier die Rolle eines externen Ethernet Controllers, der ansonsten ein weiteres extern benötigtes Bauteil darstellt.
Warum ist der geringe Speicherverbrauch in solchen Anwendungen so wichtig?
Frank Riemenschneider, Senior Marketing and PR Manager: Die Notwendigkeit zum ULP-Mikrocontroller kommt daher, dass man mit dem Feldgerät die T6-Temperaturanforderung aus Ex-Sicht erfüllen möchte. Das bedeutet nämlich, dass das Gerät auch im Fehlerfall deutlich weniger als die 540 mW aufnehmen darf. Das Design einer ULP-MCU ist durch diverse Energiesparmaßnahmen gekennzeichnet, seien es die Shutdown-, Stop- und Standby-Modi, kurze Wakeup-Zeiten, die Stromversorgung mit geringen Spannungen oder spezielle Cache-Architekturen wie etwa der ART-Accelerator von STMicroelectronics. Von der gesamten Power Consumption eines Mikrocontrollers entfällt letztlich jedoch ein signifikanter Anteil auf den Flash-Speicher. Je kleiner man den Flash-Speicher bekommt, desto mehr Energie spart man. Genau deswegen ist es wichtig, eine Software zu haben, die mit minimalem Verbrauch von Flash-Speicher hinkommt. emNet ist auf einen Markt zugeschnitten, der trotz einem geringen Speicher-Footprint nicht auf Performance verzichten will oder kann.
Die Kombination aus dem geringen Speicher-Footprint, der hohen Performance und der Erweiterbarkeit, ohne sich einzuschränken, ist das Gesamtpaket, das die Alleinstellung von emNet ausmacht.
Wenn man einen Mikrocontroller nähme mit integriertem MAC, dann wäre das normalerweise ein umfangreicheres Device, das nicht primär als Ultra-Low-Power Controller designt wurde. In diesem Fall lässt sich das System im Zweifel nicht mehr in explosionsgefährdeten Umgebungen einsetzen – und darauf kommt es ja in der Prozessautomatisierung schließlich an.
Wie schätzen Sie die Bedeutung von Ethernet-APL für die Prozessautomatisierung ein, und welche Anwendung außer der Prozessautomatisierung könnte es für Ethernet-APL geben?
Riemenschneider: Branchenexperten erwarten, dass Ethernet-APL neben der Prozessautomatisierung mittelfristig auch in die Fabrik- und Gebäudeautomatisierung hineinwächst. Insofern ist der Gesamtmarkt natürlich gigantisch. Wer betrachtet, wie viele Endgeräte, sprich: Ventile oder Durchfluss- und Füllstandmessgeräte, große Chemieunternehmen in ihren Anlagen betreiben, kann abschätzen, welche Stückzahlen insgesamt dahinterstecken. Und sobald noch Fabrik- und Gebäudeautomatisierung hinzukommen, vervielfacht sich dies nochmal. Wenn im Zuge von Industrie 4.0 IT und OT zusammenwachsen – genau dies ist das Ziel, und Ethernet ist in der IT eben Standard –, ist es sinnvoll und folgerichtig, das zu harmonisieren.
Wenn Ethernet-APL tatsächlich in die Fabrikautomatisierung vordringt, als Single Pair Ethernet mit Ethernet-APL – könnte das die Bedeutung von TSN und OPC UA als Industrie-4.0-Protokolle schmälern?
Riemenschneider: Die Antwort wird letztlich der Markt geben, aber wenn man diese Aspekte rein sachlich von der Technologie her betrachtet, ist es eigentlich logisch, auf Single Pair Ethernet mit Ethernet-APL zu setzen. Die technischen Eigenschaften sprechen für sich: Kabellängen bis 1 km, ein einziges Adernpaar – all das ist ja nicht nur ein Protokollthema, sondern auch und vor allem ein Verkabelungsthema. Die Installation ist denkbar einfach; es gibt auf der Spur-Ebene sogar einen Verpolungsschutz; Anwender können Steckverbindungen aufbauen, wie sie wollen, und dabei viel Zeit sparen, eben weil es so simpel ist. Große Hersteller arbeiten mit Hochdruck an Produkten und erwarten riesige Stückzahlen in den nächsten Jahren, sodass wir insofern optimistisch in die Zukunft sehen können.
Welche Roadmap verfolgt Segger für seinen emNet IP Stack?
Olligs: Auf Anfrage bereits verfügbar ist der Treiber für das Zusammenwirken mit dem ADIN1110, sprich: wir haben also schon einen funktionsfähigen Treiber. Die aktuelle Transferrate liegt bei etwa 300 kB. Geplant ist, bis zum Ende des Jahres die von Analog Devices in Aussicht gestellten 1 MB zu erreichen. Das heißt, bis zum Ende des Jahres wollen wir den Treiber noch erweitern und optimieren und in Richtung 1 MB/s gehen.
Der ADIN1110 ist momentan in Musterstückzahlen lieferbar und wird jetzt allmählich in das Stadium der Massenproduktion übergehen.