KI-Agenten für die Smart Factory

Mensch, Maschine und Daten smart vernetzt

27. März 2025, 9:30 Uhr | Von Markus Müller und Denis Häußler, GFT
Die Technologie der KI-Agenten wird die Smart Factory und datengesteuerte Produktion optimieren.
© GFT Technologies

Präziser entscheiden, optimierte Ressourcen, weniger Downtime sowie Qualität sichern: Eine smarte Datennutzung und die Hilfe künstlicher Intelligenz machen die Produktion noch effizienter und nachhaltiger. KI-Agenten spielen für die datengesteuerte und automatisierte Produktion eine Schlüsselrolle.

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In der Smart Factory der nahen Zukunft nehmen KI-Agenten eine Schlüsselrolle ein: Sie ermöglichen autonome, datenbasierte Entscheidungen und interagieren mit Steuerungssystemen. Voraussetzung sind solide und nutzbare Daten.


Die Digitalisierung kann Industrie und Fertigung vorantreiben und Produktionsprozesse spürbar vereinfachen. Ohne digitale und automatisierte Prozesse geht es im internationalen Wettbewerb nicht mehr: Immer kürzere Produktzyklen, das Wegbrechen bisher bewährter Lieferketten und immer komplexere Bauteile sind nur einige der aktuellen Herausforderungen für Industrieunternehmen – und laufend kommen neue hinzu. Gleichzeitig verstärken gesetzliche Vorgaben wie neue ESG-Richtlinien sowie steigende Anforderungen der Stakeholder an grüne Strategien die Notwendigkeit von nachhaltigeren Produktionsweisen.

Um all diesen Herausforderungen zu begegnen, setzen viele Unternehmen heute auf die smarte Nutzung ihrer Daten. Ob im Bereich der Produktion, die durch Automatisierung und Optimierung das nächste Level erreicht, der Wahrung stabiler Lieferketten oder der Automatisierung von bereichsübergreifenden Prozessen durch Machine Learning: Die strategische Datennutzung durchdringt zunehmend alle Geschäftsbereiche und bildet das Fundament für fundierte Entscheidungen und die Weiterentwicklung des Unternehmens. 

Der erste Schritt zum datengesteuerten Unternehmen und zur Nutzung neuer Technologien besteht darin, die erforderliche Datenqualität sicherzustellen und eine Datenbasis zu schaffen, die für alle zugänglich ist. Die vielfältigen Datenquellen der Industrieunternehmen – von Fertigungsmaschinen über Kundenportale bis hin zu Industrieanlagen – liefern Betriebsdaten, die allerdings häufig in unterschiedlicher Qualität vorliegen und dezentral in verschiedenen Systemen gespeichert sind.

Um diese Daten für künstliche Intelligenz und Anwendungsfälle wie Predictive Maintenance nutzbar zu machen, müssen sie standardisiert und in einem zentralen Repository organisiert werden. Die Schaffung einer »Single Source of Truth«, also einer zentralen, verlässlichen Datenquelle, ermöglicht den Echtzeit-Austausch von Daten über alle Unternehmensebenen hinweg, verhindert Datensilos und schafft die Basis für effiziente Datenanalysen und fundierte Entscheidungen.

Eine solide Datenbasis ist das A und O

Die effiziente Nutzung von (Echtzeit-)Daten erfordert die Integration und Nutzung großer Datenmengen aus verschiedenen Quellen. Eine zentrale Herausforderung besteht darin, fragmentierte Datensysteme zu überwinden, Datensilos aufzubrechen und eine einheitliche Sicht auf die Geschäftsabläufe zu schaffen. Genau hier setzen smarte Produktionskonzepte an. Event-basierte Datenströme, Datenbroker und standardisierte Datenmodelle wie Unified Namespace (UNS) sind die Bestandteile künftiger Smart Factories, die fundiertere Entscheidungen ermöglichen und die Datendemokratisierung und die Skalierbarkeit gewährleisten. 

Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Integration unterschiedlichster Datenquellen und -formate auf einer zentralen Plattform verbessert die Interoperabilität zwischen Abteilungen und Systemen. Zudem ermöglicht die Bereitstellung von Echtzeitdaten und von kontextbezogenen Informationen fundiertere Entscheidungen und reduziert durch die Vereinheitlichung der Datenverwaltung und -kommunikation die Komplexität von Datensystemen. Die Demokratisierung des Datenzugangs und die Schaffung einer gemeinsamen Datenbasis fördert darüber hinaus die Innovationskraft im gesamten Unternehmen.

Auf ihrem Weg zur Smart Factory sollten Unternehmen zunächst klare Ziele für die Daten­ver­waltung und -nutzung definieren. Technologien dürfen kein Selbstzweck sein – sie müssen immer zum Erreichen der Unternehmensziele beitragen. Eine schrittweise Implementierung hilft, die Komplexität zu reduzieren und den Erfolg sicherzustellen. Kontinuierliches Monitoring ermöglicht es zudem, Anpassungen vorzunehmen und die Relevanz und Effektivität des UNS langfristig zu gewährleisten.

KI-Agenten im Einsatz: Maschinen, die sich selbst reparieren

Auch wenn der Begriff »KI-Agent« Ähnlichkeit mit Menschen suggerieren mag, handelt es sich dabei um ein autonomes oder halbautonomes System, das mithilfe von künstlicher Intelligenz seine Umgebung wahrnimmt, Daten verarbeitet und darauf basierend eigenständig Ent­scheidungen trifft. So können KI-Agenten bestimmte Handlungen automatisiert anstoßen, zum Beispiel im Bereich des autonomen Fahrens oder bei der aktiven Steuerung von Smart-Home-Geräten.

Einer der spannendsten Einsatzbereiche für KI-Agenten in der Industrie ist die Predictive ­Maintenance, also die vorausschauende Wartung. Stillstehende Maschinen beeinträchtigen nicht nur Produktionsabläufe und verlängern Lieferzeiten, sondern verursachen auch immense Kosten – jährlich gehen die Schäden für Hersteller in die Milliarden. Hier setzen KI-Agenten an: 

Sie analysieren Echtzeit-Maschinendaten wie Temperatur, Vibrationen und Nutzungsmuster, um drohende Ausfälle frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen automatisch einzuleiten. Dieser proaktive Ansatz rechnet sich für Unternehmen: So spart ein US-amerikanischer Auto­mobilhersteller durch ein KI-gesteuertes Wartungssystem jährlich 2,5 Millionen Dollar, weil unerwartete Ausfälle vermieden und Reparaturpläne optimiert werden.

Resilienz von Lieferketten stärken und nachhaltiger wirtschaften

KI-Agenten können nicht nur Produktionsausfällen vorbeugen, sondern auch Lieferketten deutlich robuster gestalten. So haben die Lieferkettenstörungen im Jahr 2022 deutlich gezeigt, dass es in vielen Bereichen versäumt wurde, Prozesse konsequent zu digitalisieren. Rund neun von zehn Unternehmen, die in eine existenzbedrohende Krise gerieten, hatten zum damaligen Zeitpunkt Probleme mit der Transparenz und schnellen Verfügbarkeit belastbarer Unternehmens­daten. Effiziente Datennutzung und der Einsatz von KI-Systemen schaffen hier Abhilfe, indem sie Störungen zuverlässig vorhersagen und Lösungen in Echtzeit anbieten. Ist eine Route gestört, hilft KI dabei, Sendungen umzuleiten und die sofortige Suche nach alternativen Lieferanten zu ­starten. Zudem können Unternehmen die Nachfrage nach bestimmten Gütern besser vorhersagen und so Engpässe oder Überbestände vermeiden.

Nicht nur zuverlässige, sondern auch nachhaltige Produktionsprozesse sind heute kein Nice-to-have mehr, sondern ein entscheidender wirtschaftlicher Faktor. Mithilfe von KI-Tools können Unter­nehmen ihren Energieverbrauch drastisch reduzieren und so enorme Summen einsparen. Zudem unterstützen KI-Lösungen dabei, nationale und internationale ESG-Vorgaben zu erfüllen und auch die zunehmend von Kunden und Partnern eingeforderten Nachhaltigkeitsziele nachweislich zu erreichen.

Auch menschliche Intelligenz ist gefragt

Die Qualität von Datenanalysen und automatisch generierte Handlungsempfehlungen sind immer nur so gut wie die entsprechende Datengrundlage. Selbst die beste Technologie ist gegen Fehler nicht gefeit – zum Beispiel, wenn es um Data Biases geht, also um systematische Verzerrungen in Datensätzen, die zu fehlerhaften oder unfairen Ergebnissen führen können. Vor allem datengetriebene Systeme wie KI oder maschinelles Lernen sind anfällig dafür. Solche Verzerrungen entstehen oft durch Fehler in der Datenerfassung, unzureichende oder unausgewogene Datenbestände oder durch Vorurteile derjenigen, die die Daten sammeln oder analysieren. Deshalb bleibt der Mensch mit seiner Erfahrung unverzichtbar, um Ergebnisse kritisch zu prüfen und fundiert einzuordnen.

Neue Technologien ersetzen die menschliche Intelligenz nicht, aber sie können dazu beitragen, die Produktivität der Teams zu steigern. Indem repetitive und redundante Arbeitsschritte an die Technologie ausgelagert oder sogar ganz abgeschafft werden, bleibt mehr Zeit für komplexere strategische Aufgaben, die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle oder die Schaffung neuartiger Lösungen.

Smarte Fabriken: mehr Resilienz und Innovationskraft

Nach der Dampfmaschine, dem Fließband und dem Computer markieren die intelligente Nutzung von Daten und der Einsatz von KI und KI-Agenten die nächste industrielle Revolution. Unternehmen, die diesen Weg konsequent beschreiten, profitieren in mehrfacher Hinsicht: Sie bieten ihren Kunden besseren Service, produzieren nachhaltiger und stärken gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit – sowohl auf dem heimischen Markt als auch international.

Außer auf den Faktor Resilienz wirkt sich die mangelnde Nutzung neuer Technologien auch auf die Innovationskraft deutscher Unternehmen aus – und das in Zeiten, in denen es um Neu­erungen aus Deutschland und Europa ohnehin nicht zum Besten bestellt ist. Studien zeigen: Resilienz und Innovationskraft sind eng miteinander verzahnt. Je höher die Innovationskraft von Unter­nehmen ist, desto widerstandsfähiger zeigen sie sich auch in Krisenzeiten. Um hier die richtigen Weichen zu stellen, müssen Unternehmen Daten effizienter nutzen und KI gezielt zur Optimierung von Geschäfts- und Produktionsprozessen einsetzen. All das legt die Basis für den Weg zur smarten Fabrik und damit auch zur Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen, mit denen sich Unter­nehmen zukunftssicher aufstellen können und von der heimischen und globalen Konkurrenz abheben. (uh)

Hannover Messe 2025: Halle 16, Stand A10

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