Elektronik: Über wie viel eingesparten Aufwand sprechen wir hier?
Nikolai Ensslen: Dem Vorstandsvorsitzenden eines bekannten Robotik-Herstellers habe ich vor ein paar Monaten unsere Lösung so vorgestellt: Mit dem, was Synapticon bietet, kann auch jeder fähige Systemintegrator innerhalb von sechs Monaten seinen eigenen kollaborativen Roboter entwickeln. So wird auch jemand in die Lage versetzt, zügig einen Roboter zu entwickeln, der sich bisher eigentlich allein auf deren Anwendung beschränkt hat. Das hat meinen Gesprächspartner sehr beeindruckt, weil er selbst Technik für Cobots zugekauft hat und es in seiner Firma mehr als zehn Jahre gedauert hatte, bis daraus ein fertiges Produkt entstand. Und ein solcher Zeitraum ist nicht etwa die Ausnahme, sondern bisher eher die Regel.
Mittlerweile gibt es einige Start-ups, die Cobots entwickeln und da auch agiler als die großen Unternehmen sind. Von diesen Unternehmen setzen auch immer mehr auf unsere Lösung, weil sie sich damit auf die Entwicklung des Produkts als Gesamtsystem fokussieren können. Wenn Sie einen Roboter entwickeln, dann gibt es dort so viel zu tun, dass Sie nicht wirklich viel Zeit in das Layout der Elektronik oder für die Neuerfindung der elementaren Antriebstechnik investieren möchten.
Elektronik: Was genau kann der Robotik-Entwickler mit Ihrem Somanet-Baukasten tun?
Nikolai Ensslen: Mit dem Hardware-Sortiment des Baukastens bekommt der Entwickler standardisierte Elektronik-Module, die er zum Aufbau eines verteilten Mess-, Steuer- und Regelungssystems benötigt. Es gibt hier Antriebsmodule, Sensor-Interfaces und Kommunikationsmodule. Ein aufgesetztes System kann innerhalb von Minuten über einen grafischen Editor in einer webbasierten Entwicklungsumgebung konfiguriert werden. Der Software-Code wird automatisch generiert. Am Ende steht in relativ kurzer Zeit ein lauffähiges System mit allen Basisfunktionen zur Antriebssteuerung und zur Sensordatenakquise eines Robotersystems. Danach kann der Entwickler sich auf das Erstellen der individuellen Produkt-Software konzentrieren und seine Ressourcen auf Funktionen konzentrieren, die sein Produkt von den anderen unterscheiden.
Entwickelt haben wir unsere Standard-Module zwar speziell für das schnelle Prototyping von Roboter-Systemen, prinzipiell ist das alles aber auch für den Aufbau von einfacheren mechatronischen Systemen möglich. Bei Industrieanwendungen werden die Module in der Regel auch in die Serienfertigung übernommen. Bei Consumer-Anwendungen muss für die Serienfertigung aber die Elektronik kostenoptimiert werden. Dafür bieten wir unsere Somanet-System-On-Chips an. Mit ihnen kann ein Prototypen-Design, das mit Standard-Modulen entwickelt wurde, in ein günstigeres, integriertes Design überführt werden. Die Software, in der die meiste Entwicklungszeit steckt, lässt sich einfach auf kostenoptimierte Designs übertragen.
Elektronik: Die Somanet-Plattform wollen Sie speziell für Anwendungen in der Automatisierung erweitern. Wen möchten Sie damit adressieren und was werden Sie verändern?
Nikolai Ensslen: Wir möchten uns an Kunden richten, die mit einer blanken Platine nur wenig anfangen können. Als Embedded-Plattform ist Somanet nicht für den Einsatz direkt im Feld geeignet. Unsere Kunden müssen ihre Systeme mechanisch auf unsere Module anpassen. Um diese Notwendigkeit zu umgehen, möchten wir demnächst auch Gehäuse-Varianten unserer Module anbieten. Außerdem wollen wir unsere Entwicklungsumgebung erweitern. Unser Ziel ist es, dass auch die Programmierung von spezialisierten Automationslösungen, etwa die Antriebssteuerung für ein Mehrachssystem, über eine grafische Oberfläche möglich wird. Damit wollen wir diejenigen erreichen, die ohne Programmierkenntnisse in C oder C++ kundenspezifische Anwendungen erstellen möchten oder nur wenig Zeit für die Software-Entwicklung haben.
Der Autor
Nikolai Ensslen
ist Geschäftsführer der Synapticon GmbH. Nach dem Studium an der Universität Bayreuth Engineering Science (Energietechnik, Umwelt- und Bioingenieurwissenschaft) arbeitete er in der Entwicklung, dem Projektmanagement und Vertrieb von Medizingeräten. Er gründete Synapticon im Jahr 2010 zusammen mit dem aktuellen CTO Andrija Feher. Nach der Entwicklung von Steuerungen für Service-Roboter konzentriert sich das Unternehmen nun auf Embedded-Systeme zur Steuerung von Automatisierungssystemen. Der Fokus liegt dabei auf kollaborativen Robotern und mobilen Systemen wie beispielsweise Service-Robotern und fahrerlosen Transportsystemen.