Wissenstransfer, Innovationen, Dialog

Noch mehr Aussteller: Die SPS trotzt der Krise

5. September 2025, 11:19 Uhr | Heinz Arnold
Steffen Winkler, CSO Business Automation von Bosch Rexroth und Vorsitzender des Ausstellerbeirats der SPS , Martin Roschkowski, President der Mesago Messe Frankfurt, und Sylke Schulze-Metzner, Vice President SPS der Mesago Messe Frankfurt, freuen sich auf die diesjährige SPS in Nürnberg. 
© Componeers

Auch wenn das Umfeld schwierig ist, die Mesago blickt optimistisch auf die diesjährige SPS. Alle namhaften Unternehmen sind als Aussteller vertreten, es sind sogar noch einige hinzugekommen. Das zeigt: Die Branche hält die SPS gerade in der Krise für hochrelevant.

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Wer auf die Zahlen schaut, die die Mesago im Vorfeld der SPS veröffentlicht, könnte meinen, dass die Welt der Automatisierer in Ordnung sei: Alle namhaften Vertreter der Branche sind dabei, keiner hat sich zurückgezogen – im Gegenteil: Noch mehr Aussteller pilgern in diesem Jahr nach Nürnberg als 2024. 560 werden auf der Messe sein, die vom 25. bis 27. 11. 2025 stattfinden wird, 20 mehr als im Vorjahr. Das Messegelände ist (bis auf Halle 8) ausgebucht. »Das ist ein starkes Zeichen«, freut sich Sylke Schulz-Metzner, Vice President SPS der Mesago Messe Frankfurt.  

Gemeinschaftsstände als Innovationsplattformen 

In Halle 6 bündeln auf der diesjährigen SPS gleich drei Gemeinschaftsstände Know-how und kreative Impulse:

  •  »Automation meets IT«: Der etablierte Treffpunkt für Themen rund um Digitalisierung, Cybersecurity und Industrie 4.0. Hier verschmelzen klassische Automatisierung und moderne IT-Welten.
  • Internationale Start-up Area: Junge Unternehmen aus aller Welt präsentieren ihre frischen Ideen und disruptiven Technologien – ein Hotspot für Innovation und Networking. 
  • »young INNOVATORS«: Der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Gemeinschaftsstand bietet jungen, innovativen Unternehmen aus Deutschland eine Bühne, um ihre Entwicklungen einem breiten Fachpublikum vorzustellen.

 

Dies als »starkes Zeichen« zu werten, zeigt schon: So ganz in Ordnung ist die Welt nicht, auch nicht in der Automatisierungsbranche, oder wie Steffen Winkler, CSO Business Automation von Bosch Rexroth und Vorsitzender des Ausstellerbeirats der SPS, diplomatisch formuliert: »Die Ausgangsposition ist nicht die beste.«

Lichtblicke

Doch ein paar Lichtblicke gibt es für die Branche durchaus: Das Geschäftsklima der deutschen Automatisierungsbranche hatte sich trotz der Zollpolitik der USA verbessert, die die Unternehmen nach wie vor belastet. Bestellungen aus den Euroländern haben im Maschinenbau unterm Strich sogar für ein kleines Orderplus gesorgt. Was auch zeigt: Die EU bleibt der Hauptmarkt der deutschen Automatisierer, 43 Prozent aller Exporte gehen dorthin. 

Zudem sehen die langfristigen Perspektiven der Branche hervorragend aus. »Die Automatisierung ist ein wesentlicher Faktor, um die Produktivität zu erhöhen«, so Winkler. Der Trend zur Digitalisierung und die Entwicklung rund um die KI kommt der Branche entgegen – wenn die Chancen, die in ihr stecken, erkennt werden und wenn sie zielführend im Automatisierungsumfeld angewendet wird. 

»Industrial AI« im Fokus

Deshalb legt die SPS in diesem Jahr den Fokus auf »Industrial AI« zur Steigerung der Produktivität und Effizienz. »Damit wollen wir die Angst vor der neuen Technik nehmen, und erklären, was in der Praxis zu erwarten ist – also den gegenwärtigen Hype herausnehmen, der oft mit falschen Hoffnungen und Vorstellungen verbunden ist«, sagt Sylke Schulz-Metzner. 

Schwerpunkte sind: 

  • Unterstützung im Engineering-Prozess
  • AI-Modelle in Steuerungsanwendungen der elektrischen Automatisierung
  • AI-Tools in der Erstellung von AI-Modellen in Steuerungsanwendungen
  • AI-basierte Mehrwertdienste für Anwender von AI-Modellen in der Steuerungsanwendung in der elektrischen Automatisierung. 

Vorträge rund um Industrial AI gibt es auf allen Stages (in den Hallen 1, 3, 3C und 6). Auf der Technology Stage des ZVEI und des VDMA findet am Mittwoch von 10:30 bis 14:00 Uhr eine KI-Vortragsreihe statt. Die Keynote unter dem Titel »Die Rolle der KI in der Produktion und der IT-OT-Konvergenz« hält Prof. Marton Ruskowski, Vorstandsvorsitzender der SmartFactory Kaiserslautern. Zudem wird am 23. 10. 2025 im Vorfeld der SPS der Technology Talk »Artificial Intelligence: KI als Treiber für Industrie 4.0« stattfinden. Ergänzend dazu bieten die direkt angrenzenden »Meet the Speaker«-Zonen die Möglichkeit zum persönlichen Austausch mit den Referenten. Besucher können hier gezielt Fragen stellen, Kontakte knüpfen und Inhalte aus den Vorträgen vertiefen.

Dem Fachkräftemangel gegensteuern

Ein weiterer Schwerpunkt der SPS wird darauf liegen, junge Menschen für die MINT-Fächer zu begeistern und so dem Mangel an Nachwuchskräften entgegenzuwirken. Über drei Tage wird das »Makeathon« in Halle 5 stattfinden. Unternehmen stellen im Rahmen des von Hands-on-Workshops Aufgaben, deren Bearbeitung auf rund zwei Stunden angelegt ist. Maximal sechs Gruppen mit bis zu 10 Mitgliedern gibt es pro Workshop. Sie finden an allen drei Messetagen vormittags und nachmittags statt. »Das ist im vergangenen Jahr sehr gut angekommen und hat sich unter den Studenten inzwischen herumgesprochen«, sagt Sylke Schulz-Metzner. 

Am 27. 11. 2025 findet der Young Talents Day statt, an dem junge Leute die neusten Technologien und Innovationen erleben können. Es werden unter anderem Guided Tours angeboten, am Stand 3-400 in Halle 3 wird eine Karriereberatung angeboten und es gibt eine Schnitzeljagd mit vielen Preisen. 

Die Realität

Doch trotz aller starker Zeichen, die die SPS in diesem Jahr aussendet, die Augen vor der Realität zu verschließen, nützt nichts: Um 7 Prozent ist der Markt für Automatisierung im vergangenen Jahr geschrumpft. Im ersten Halbjahr 2025 haben die Marktforscher des ZVEI ein winziges Plus von 1 Prozent ermittelt. Ob dies andeutet, dass die Talsohle erreicht ist? Sicher ist sich Steffen Winker nicht. Doch selbst wenn die Talsohle erreicht sei, der Wiederaufstieg werde ein langer steiniger Weg sein. Ganz anders als nach der Finanzkrise 2008, als es nach dem jähen Absturz genauso schnell wieder nach oben ging. 

Über Zusammenarbeit die Branche stärken

»Die Unternehmen müssen in der gegenwärtigen Situation noch stärker zusammenarbeiten, als dies in der Vergangenheit der Fall war, da können wir uns die Automobilindustrie als Vorbild nehmen. Die bauen Motoren gemeinsam«, sagt Winkler. Gerade die SPS sei geeignet, solche Diskussionen zwischen den Unternehmen voranzutreiben und die Automatisierungsbranche insgesamt zu stärken. Das dürfte einer der Gründe dafür sein, warum in diesem Jahr wieder alle auf der SPS dabei sind – was derzeit sicherlich nicht jede Messe von sich behaupten kann. Das alles schaffe ein innovatives Umfeld, sagt Steffen Winkler: »Europa ist immer noch sehr stark und nur durch Innovationen können wir uns behaupten. Die SPS ist die Plattform, auf der Innovationen entstehen. Und die SPS ist die ideale Plattform für den persönlichen Austausch, aus all den Gründen ist sie für alle so attraktiv.«

Auch Sylke Schulz-Metzner verbreitet Optimismus: »Die SPS bleibt relevant, das ist an der Zahl der Aussteller abzulesen und das ist im Gespräch mit den Ausstellern zu spüren.« Viele Projekte lägen in der Schublade. Das riesige Potenzial sei hierzulande immer noch vorhanden. Und wo böte sich eine bessere Gelegenheit, darüber zu diskutieren, wie das Potenzial gehoben werden könne, als auf der SPS?

Zahlreiche Herausforderungen 

Dass positive Impulse von der SPS in diesem Jahr ausgehen mögen, wäre dringend zu hoffen. Denn sie steht vor vielen Herausforderungen. Da wären zunächst mit den Auswirkungen in Folge der Corona-Panik zu nennen: Anfang 2023 hatten sich durch Doppelt- und Dreifachbestellungen hohe Lagerbestände aufgetürmt. Damals hofften noch viele, dass nach dem Abbau schnell wieder Normalität einkehren werde. Doch mitnichten. Geopolitische  Spannungen, die Zollpolitik der US-Regierung und die drohende Deglobalisierung tragen dazu bei, dass die Verunsicherung weiter bestehen bleibt, die Investitionsbereitschaft sinkt. Jetzt sind laut Winkler die Überbestände abgebaut, die Nachfrage aber bleibt schleppend. 

Besonders bitter für die Branche ist, dass sich China – der wichtigste Exportmarkt – zunehmend verschließt. Dort werden jetzt bevorzugt Produkte aus eigener Herstellung gekauft, der Export von Automatisierungstechnik geht zurück, die Zulieferer von Komponenten für die Automatisierungstechnik merken das sogar noch viel deutlicher. Als ob das nicht schon genug wäre, geraten die europäischen und deutschen Automatisierungsunternehmen zusätzlich unter Druck, weil die chinesischen Automatisierer so gut geworden sind, dass sie den etablierten Unternehmen in Europa in ihren Heimatländern schmerzlich Konkurrenz machen.  

Hinzu kommt, dass auch die USA als Exportmarkt schwierig geworden sind, zumindest wenn nicht dort produziert wird.  

Dass die Industrie hierzulande auch noch mit hausgemachten Problemen zu kämpfen hat, neben der allseits beklagten Bürokratie vor allem die hohen Energiepreise, verschärft die Situation noch. 

Steffen Winkler jedenfalls ist überzeugt, dass die Automatisierungsbranche vor einigen Umwälzungen steht und sich wandeln wird. In welche Richtung der Wandel geht, was das für die hiesigen Hersteller bedeutet und wie sie an der Spitze bleiben können – auch das dürfte sich auf der diesjährigen SPS in Nürnberg abzeichnen.


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