Studie zu DC/DC-Wandlern

Wirkungsgrad – Dichtung und Wahrheit

4. Juni 2018, 9:00 Uhr | Ralf Higgelke und Benjamin Stoll
Einige der leiterplattenmontierbaren DC/DC-Wandler, die wir durchgemessen haben.
© WEKA Fachmedien

Der Wirkungsgrad ist der Schlüsselparameter für die Qualität einer Stromversorgung. Doch wie so oft bei wichtigen Kenngrößen gibt es weder eine einheitliche Messmethode noch einen solchen Messaufbau. Daher haben wir selber nachgemessen und mit dem Datenblatt verglichen.

Auf der Frontseite jedes Datenblatts prangt der Wirkungsgrad bei allen Herstellern prominent heraus. Allerdings geben sie diesen Wert keineswegs einheitlich an, sodass ein direkter Vergleich zwischen Produkten verschiedener Hersteller anhand des Datenblatts unmöglich ist. Erschwerend kommt hinzu, dass der Wirkungsgrad keineswegs konstant ist, sondern stark von der Eingangsspannung und dem Laststrom abhängt.

Im Jahr 2015 hat die EPSMA (European Power Supplies Manufacturers‘ Association) einen Leitfaden für die Bestimmung des Wirkungsgrads veröffentlicht. Nach dieser Methode haben wir den Wirkungsgrad von einem Dutzend leiterplattenmontierten DC-DC-Wandlermodule mit einer Nennleistung von 30 W von verschiedenen Herstellern gemessen und mit den Angaben auf dem Datenblatt verglichen.

Im Folgenden wollen wir zunächst beleuchten, warum der Wirkungsgrad eine wichtige Kenngröße von Stromversorgungen ist. Anschließend untersuchen wir, wie der Wirkungsgrad in den Datenblättern angegeben wird. Am Ende wollen wir einige der gemessenen Wirkungsgrade diskutieren und mit den Angaben im Datenblatt vergleichen. Eine entsprechende Präsentation ist hier zu finden.

Wirkungsgrad ist wichtig

Ein elektronisches System, beispielsweise ein Embedded-System, lässt sich gut mit dem menschlichen Körper vergleichen. Mikrocontroller und Speicher stellen das Gehirn dar. Unser Körper besitzt auch Sensoren, wie das Auge, die Nase oder die Ohren. Des Weiteren finden sich Aktoren in Form unserer Muskeln. Welchem Körperteil könnte die Stromversorgung gleichen? Welches Organ versorgt sämtliche Teile unseres Körpers mit der notwendigen Energie? Es ist das Herz. Es ist also nicht übertrieben zu sagen, das Herz jedes elektronischen Systems sei die Stromversorgung oder, um mit den Worten von Bernhard Erdl, Präsident der PULS-Gruppe und einer der renommiertesten deutschen Entwickler von Schaltnetzteilen, zu sprechen: »Wenn das Herz nicht mehr schlägt, ist das keine Funktionseinschränkung. Dann sind Sie tot!«

Um beim Bild mit dem Herzen zu bleiben: Was bewirkt einen elektrischen »Herzinfarkt«? Wärme – von außen, also die Verluste von anderen Systemkomponenten, zum Beispiel dem Prozessor, und von innen, also die Verluste der Stromversorgung selbst. Und die Verluste der Stromversorgung werden durch den Wirkungsgrad beziffert. Je höher dieser Wert, umso weniger Verluste. Darüber hinaus lässt sich feststellen, dass der Wirkungsgrad ein Maß für die Qualität einer Stromversorgung.

Ein erster Aspekt ist die Auswahl der Bauteile. Das betrifft besonders die Bauteile, die die Verluste verursachen, also MOSFETs und Gleichrichterdioden beziehungsweise Synchrongleichrichter – MOSFETs, die als Gleichrichterdioden arbeiten – sowie die Induktivitäten. Wählt der Stromversorgungsentwickler diese gut aus, dann kann dies dazu beitragen, die Verluste zu verringern und damit den Wirkungsgrad zu heben.

Ein weiterer Aspekt, warum der Wirkungsgrad ein Maß für die Qualität einer Stromversorgung ist, ist die Topologie. Auch wenn für getaktete Stromversorgungen ganz verschiedene Topologien zur Verfügung stehen, gehen Stromversorgungsentwickler, wie viele Menschen, oft den Weg des geringsten Widerstands und nutzen Topologien, mit denen sie gut vertraut sind – also meist einfache. Allerdings sind solche Topologien üblicherweise hartschaltend, das heißt der MOSFET schaltet ein, ungeachtet dessen, ob der Strom in der Induktivität null ist oder nicht. Dadurch steigen aber wiederum die Schaltverluste. Moderne Topologien sind meist resonant und damit weichschaltend. Bei ihnen schaltet der MOSFET konsequent erst wieder im Nulldurchgang des Spulenstromes ein. Das verringert die Schaltverluste.

Ein dritter Aspekt, warum der Wirkungsgrad ein Maß für die Qualität einer Stromversorgung ist, ist das thermische Design. Der Wirkungsgrad wirkt sich auf die Zuverlässigkeit der Stromversorgung und damit des Gesamtsystems aus. Höhere Temperaturen bewirken, dass sowohl die MTBF (Mean Time Between Failures) – also die Ausfallwahrscheinlichkeit – als auch die Brauchbarkeits- beziehungsweise Lebensdauer einer Stromversorgung sinken. Als Faustregel nach der unten stehenden Arrhenius-Gleichung (1) gilt: Mit jedem Temperaturerhöhung um 10 K halbieren sich sowohl MTBF als auch Lebensdauer L, mit jeder Temperaturverringerung um 10 K verdoppeln sich diese Werte.

open parentheses 1 close parentheses space L equals L subscript omicron space end subscript times 2 space fraction numerator tau subscript omicron minus tau subscript U over denominator 10 end fraction  
Dabei ist L die Lebensdauer, L0 die Lebensdauerklasse nach Datenblatt (zum Beispiel 5000 h/+105 °C), T0 die obere Grenztemperatur (zum Beispiel +105 °C) und TU die tatsächliche Betriebstemperatur.

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Umgebungs­temperatur2000 h/+85 °C2000 h/+105 °C5000 h/+105 °C
+105 °C 2000 h (0,2 Jahre)5000 h (0,6 Jahre)
+95 °C 4000 h (0,5 Jahre)10 000 h (1,1 Jahre)
+85 °C2000 h (0,2 Jahre)8000 h (0,9 Jahre)20 000 h (2,3 Jahre)
+75 °C4000 h (0,5 Jahre)16 000 h (1,8 Jahre)40 000 h (4,6 Jahre)
+65 °C8000 h (0,9 Jahre)32 000 h (3,7 Jahre)80 000 h (9,1 Jahre)
+55 °C16 000 h (1,8 Jahre)64 000 h (7,3 Jahre)160 000 h (18,3 Jahre)
+45 °C32 000 h (3,7 Jahre)128 000 h (14,6 Jahre)320 000 h (36,5 Jahre)

 

Tabelle 1: Lebensdauer von Elektrolytkondensatoren verschiedener Klassen in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur. (Quelle: Bicker Elektronik)

Besonders temperaturempfindlich sind die Aluminium-Elektrolytkondensatoren, bekannt auch unter ihrer Kurzbezeichnung Elko. Long-Life-Elkos sind mit einer Lebensdauer von 5000 Stunden bei +105 °C spezifiziert. Nach dieser Zeit bei dieser Temperatur haben sie noch 80 % der Nennkapazität; das ist das End-of-Life-Kriterium. Da sich gemäß der Arrhenius-Gleichung alle 10 K weniger die Lebensdauer verdoppelt, lässt sich die Lebensdauer des Netzteils abschätzen (Tabelle 1). Wer tiefer in die Lebensdauerabschätzung von Elkos eintauchen möchte, kann dies in dem Paper von Dr. Arne Albertsen nachlesen.

Ein sorgfältiger Stromversorgungsentwickler platziert die Wärmequellen nicht zu nah an temperaturempfindlichen Bauteilen – vor allem die Elektrolytkondensatoren. Außerdem achtet er darauf, dass keine großen Bauteile den Luftstrom zu den Wärmequellen verstellen. Dadurch entstehen keine Wärmenester, und temperaturempfindliche Bauteile bleiben kühl.


  1. Wirkungsgrad – Dichtung und Wahrheit
  2. Dichtung – Was in den Datenblättern steht
  3. Wahrheit – Was wir gemessen haben
  4. Zusammenfassung und Ausblick

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