Vor 40 Jahren entwickelte Bernhard Erdl sein erstes Schaltnetzteil. Wir fragten den Präsidenten der Puls-Gruppe nach seinen elektronischen Anfängen, wie sich die Schaltnetzteile über die Zeit weiterentwickelt haben und worauf Ingenieure beim Eindesignen von Stromversorgungen achten sollten.
DESIGN&ELEKTRONIK: Herr Erdl, Sie sind ja kein gelernter Elektrotechniker. Wie sind Sie überhaupt zur Elektronik gekommen?
Bernhard Erdl: In meiner Jugend war ich begeisterter Modellflieger. Allerdings konnte ich mir damals in den 1960er Jahren keine Funkfernsteuerung leisten. Daher sind meine Flugzeuge irgendwohin geflogen, und ich musste sie von Kirchendächern herunterholen oder aus Baumkronen bergen. Und weil ich daher selber eine Funkfernsteuerung bauen wollte, bin ich zur Elektronik gekommen. Der nächste Schritt kam dann Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre in der Disco-Ära. Damals kamen alle möglichen Soundeffekte auf und ich baute damals Geräte für die entsprechenden Lichteffekte. Danach wurde ich aber seriös und stieg 1973 bei Duckert und Erdl ein. Dort entwickelte ich 1978 mein erstes primär getaktetes Schaltnetzteil – übrigens mit Bipolartransistoren –, das den sehr geringen Funkstörgrad K (Anm. d. Red.: hoch entstörte Geräte mit kleinem Störemissionspegel) einhielt. Im Jahr 1980 habe ich schließlich die Puls gegründet.
Mein Wissen über Stromversorgungen habe ich mir ohne Hochschulstudium durch Lesen der Datenblätter und der Fachpresse im Selbststudium angeeignet.
Seit Puls die erste Silverline-Generation Mitte der 1990er Jahre herausbrachte, hat sich die Größe der DIN-Schienen-Stromversorgungen bei gleicher Ausgangsleistung etwa gedrittelt. Welche Fortschritte haben das möglich gemacht?
Sie haben Recht. Als wir 1997 die erste dreiphasige 480-Watt-DIN-Schienen-Stromversorgung SL20.300 herausbrachten, war diese 220 Millimeter breit. Der Nachfolger, das SL20.310 aus dem Jahr 2001, war bereits 70 Millimeter schmaler. Und nur vier Jahre später kam die aktuelle Dimension-Serie auf den Markt. Das aktuelle dreiphasige 480-Watt-Gerät ist nur noch 60 Millimeter breit. Das ist, wie Sie richtig sagten, sogar weniger als ein Drittel der Breite gegenüber der ersten Silverline-Generation!
Nun zu Ihrer Frage, wie wir das erreicht haben. Ich sehe da drei Faktoren: erstens lernen wir immer mehr dazu, zweitens verbessern wir ständig unsere Entwicklungsprozesse und drittens werden die eingesetzten Bauteile immer besser.
Können Se uns erläutern, was Sie damit meinen?
Gerne. Erstens lernen wir immer mehr dazu, weil wir Simulations- und andere Berechnungswerkzeuge ausgiebig nutzen. Dadurch verstehen wir immer besser, wie sich Komponenten und Schaltungen verhalten und können sie somit immer besser optimieren. Zwar nutzen wir auch am Markt verfügbare Tools, aber viele Simulations- und Berechnungswerkzeuge haben wir selber geschrieben.
Zweitens verbessern wir ständig unsere Entwicklungsprozesse, weil wir dank unserer Unternehmensgröße eigene Spezialisten für bestimmte Themen heranziehen können. So haben wir beispielsweise einen Spezialisten für die Leistungsfaktorkorrektur, einen anderen für den eigentlichen Wandler. Einige unserer Entwickler arbeiten nur an Stromversorgungen für einphasige Netze, andere wieder nur an solchen für dreiphasige Netze. Auch haben wir Spezialisten für hohe Leistungen und solche für niedrige Leistungen. Und – so trivial es klingen mag – wir haben sogar einen Spezialisten für die Eingangsstrombegrenzung.
Was bewirkt diese Spezialisierung?
Dadurch dringen wir im Verständnis immer weiter vor. Wir haben auch eine hausinterne Kommunikationsplattform geschaffen, in der unsere Entwickler ihre Erkenntnisse teilen können. Wenn demnächst das Team in Wien dazukommt, haben wir hundert Entwickler. Das Teilen von Wissen ist also sehr wichtig.
Wir versuchen immer eine Gerätegeneration voraus zu sein. Ich beobachte, dass viele Firmen bestehende Technologien einfach reproduzieren, um Produkte auf den Markt zu bringen. Mein persönliches Hobby ist ja Innovation. Ich bin verliebt in Innovation. Ständig frage ich mich und unsere Entwickler: Was fällt uns noch Neues ein? Was können wir anders machen?
Als dritten Punkt für immer effizientere Schaltnetzteile haben Sie verbesserte Komponenten angesprochen.
Richtig. Die Bauelementeindustrie bleibt natürlich auch nicht stehen. Über die Jahre gab es Fortschritte vor allem bei den MOSFETs, in geringerem Maße bei den Ferriten, aber auch bei den Elektrolytkondensatoren. Und durch innovative Bauteile sind auf einmal Konzepte und Topologien wirtschaftlich darstellbar geworden, die vorher zwar technisch machbar, aber nicht bezahlbar waren.