Interview mit Horiba Europe

»Wir haben einen klaren Vorteil gegenüber dem Mitbewerb«

13. Mai 2022, 13:10 Uhr | Nicole Wörner
Ralph Lauxmann (r.), neuer Präsident von Horiba Europe, und sein Vorgänger, Dr. Robert Plank (l.)
© Horiba Europe

Horiba Europe ist als Experte auf dem Gebiet des Automotive Tests bekannt. Doch Automotive ist nicht mehr getrennt von Energie- und Umweltthemen zu betrachten. Wie Ralph Lauxmann, neuer Präsident von Horiba Europe, und sein Vorgänger, Dr. Robert Plank, die Zukunft sehen, verraten sie im Interview.

Markt&Technik: Herr Lauxmann, Sie haben zum 1. Mai die Position des Präsidenten bei Horiba Europe von Herrn Dr. Plank übernommen, der dem Unternehmen jedoch in beratender Funktion erhalten bleiben wird. Was sind Ihre ersten Eindrücke in dieser neuen Rolle und worin sehen Sie zum Start Ihre dringlichsten Aufgaben?

Ralph Lauxmann: Nun, das Ankommen bei Horiba nimmt Fahrt auf und ich bekomme tolle Unterstützung aus den lokalen Organisationen und aus der Zentrale in Japan. Die Zeit der Überlappung mit Herrn Dr. Plank erlaubt es mir, schnell die neuen Kollegen kennenzulernen und erste Aufgaben und Themen zu bearbeiten. Die Herausforderungen, die ich hauptsächlich sehe, sind geprägt durch die Transformation der Mobilität. Die Aufgabe für alle „Horibarians“ wird es sein, die Fokussierung unserer Kunden mit den besten und effizientesten Test-, Mess- und Datenmanagementsystemen zu unterstützen.

Herr Dr. Plank, Sie waren fast fünf Jahre in der Geschäftsführung und mehr als ein Jahr CEO von Horiba Europe – und damit der erste regionale Präsident, den der japanische Mutterkonzern jemals berufen hat. Was hat sich der Konzern konkret davon versprochen? Und ist die Strategie aufgegangen?

Dr. Robert Plank: Der Hauptbeweggrund für diese Änderung war der Wunsch nach größerer Nähe zum Markt beziehungsweise zu den Kunden, aber auch die Möglichkeit, näher an der Belegschaft agieren zu können. Und die Strategie ist sicherlich auch aufgegangen. Wir konnten bereits mit neuen Technologien neue Märkte erschließen, wie beispielsweise im Bereich der E-Mobilität durch die Zukäufe von Fuelcon im Jahr 2018 und Bexema in 2021. Diese regionalen Entwicklungen werden innerhalb des Horiba-Konzerns als Inkubator genutzt, und wir geben aus der Region damit an das globale Horiba-Netzwerk zurück. In diesem Fall tragen wir damit dem Rückgang des Verbrenners Rechnung. Ein weiteres Beispiel ist der Bereich automatisiertes Fahren, in dem wir mit unserer Nähe zu den deutschen Premium-Kunden ein neues Produkt für das Testen der Lidar-Sensorik entwickelt haben. Auch dies wird dann auf dem globalen Markt ausgerollt. Auch, dass wir mit Ralph Lauxmann abermals einen regionalen Präsidenten als meinen Nachfolger gewinnen konnten, zeigt, dass die Strategie bislang erfolgreich war und weiterverfolgt wird.

Herr Dr. Plank, zuvor waren Sie Geschäftsführer für den Bereich Automotive, in der Rolle als Präsident trugen Sie auch die Verantwortung für die Geschäftsbereiche Process & Environmental, Semiconductor und Scientific. Herr Lauxmann, diese Gesamtverantwortung übernehmen jetzt auch Sie als neuer Präsident. Inwieweit ist diese Ausrichtung neu für Horiba Europe?

Plank: Neu ist die Segmentstruktur für den Horiba-Konzern und auch für Horiba Europe nicht, aber in den letzten Jahren hat die segmentübergreifende Zusammenarbeit stark zugenommen. Wir treiben diese Zusammenarbeit sehr entschieden voran, um uns breiter und in neuen Feldern zu positionieren. In der Vergangenheit war Horiba Europe stark Automotive-lastig. Heutzutage kann man Mobilität aber nicht mehr getrennt von anderen Bereichen sehen. Stattdessen geht es vermehrt um Energieketten, und damit gehen wir dann auch auf neue Industrien zu.

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Ralph Lauxmann, Horiba Europe
Ralph Lauxmann, Horiba Europe: »Wir können nicht nur die Mobilitätsbranche in ihrer Transformation unterstützen, sondern durch unseren segmentübergreifenden Ansatz weiterdenken und uns mit kompletten Energieketten und weiteren Ressourcen, wie z.B. Wasser, befassen.«
© Ralph Lauxmann

Lauxmann: Durch die verschiedenen Segmente bei Horiba und das bereits vorhandene Know-how aus den unterschiedlichen Bereichen haben wir einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen. Beispielsweise gibt es im Bereich Semiconductor, also in der Halbleitertechnik, traditionell eine starke Prozessorientierung in unserem Business. Diese Erfahrungen können wir jetzt zusätzlich für Felder wie die Prozessüberwachung und das End-of-Line-Geschäft nutzen. Insbesondere auch mit unserem Scientific-Segment haben wir eine sehr enge Zusammenarbeit. Dabei dient Scientific intern als Inkubator für neue Technologien, die anderen Segmente wiederum stellen dann den Zugang zu den Kunden her und wir können von den verschiedenen Ansätzen profitieren.

Auch wenn die Marktsegmente zunehmend verschmelzen, worauf liegt aktuell Ihr Entwicklungsfokus? Und wo erwarten Sie die größten Wachstumsimpulse?

Plank: Im Bereich Mobilität erwarten wir noch in verschiedensten Bereichen Wachstum. Dazu zählen unter anderem die alternativen Kraftstoffe, die bislang noch verhältnismäßig wenig Beachtung gefunden haben. Natürlich auch der Bereich der E-Mobilität, verbunden mit der erweiterten Betrachtung der Energieketten. Hier haben wir mit den Zukäufen von Fuelcon und Bexema sowie dem jetzt erfolgten Neubau der Factory in Magdeburg-Barleben – dem sogenannten Horiba eHUB – stark in die Bereiche Batterie- und Wasserstofftechnologie investiert. Während wir mit der Leistungselektronik von Bexema vor allem die Entwicklungen der Batteriespeichertechnologien unterstützen, leisten wir mit den Fuelcon-Testsystemen für die Wasserstofferzeugung und -nutzung einen wichtigen Beitrag zur Überwindung der derzeitigen Energieknappheit – und damit zur Energiewende.

Lauxmann: Neben der Elektromobilität gewinnt vor allem der Bereich des automatisierten Fahrens immer weiter an Bedeutung, und die Automatisierung schreitet in allen Bereichen voran. Hier wurden im Zuge der Pandemie in der Industrie zwar einige Investments aufgeschoben, so langsam nimmt das Thema aber wieder Fahrt auf. Das sehen wir unter anderem an der erteilten Level-3-Freigabe für Mercedes und den zunehmenden Testfahrten, vor allem in den USA. Horiba ist traditionell im R&D-/Homologationsbereich stark aufgestellt, das verfolgen wir auch bezüglich unserer ADAS- und AD-Testlösungen. Darüber hinaus setzen wir aber vermehrt auch den Fokus auf den gesamten Lebenszyklus der Fahrzeuge und gehen hier zusätzlich in den Bereich der In-Use-Compliance, also der kontinuierlichen Fahrzeugüberwachung, besser bekannt als TÜV-Hauptuntersuchung. Die von uns entwickelte Technologie kann dabei beide Felder abdecken und damit noch breiter im Wandel der Mobilität unterstützen. Das wird auch deutlich daran, dass wir mit allen technischen Überwachungsgesellschaften bzw. Prüforganisationen im Gespräch sind oder sogar bereits zu dem Thema kooperieren.

Dr. Robert Plank, Horiba Europe
Dr. Robert Plank, Horiba Europe: »In der Vergangenheit war Horiba Europe stark Automotive-lastig. Heutzutage kann man Mobilität aber nicht mehr getrennt von anderen Bereichen sehen. Stattdessen geht es vermehrt um Energieketten, und damit gehen wir auch auf neue Industrien zu.«
© Horiba Europe

Plank: Darüber hinaus widmen wir uns im Bereich Process & Environmental dem nachhaltigen Umgang mit einer der wichtigsten Engpassressourcen, dem Wasser. Hier konnten wir uns mit dem Zukauf von Tocadero in 2019 entscheidend verstärken und haben mit dem Tocadero One ein sehr innovatives Produkt zur TOC-Messung – TOC steht für Total Organic Carbon – am Markt, was jetzt global ausgerollt wird. Und die Halbleitertechnik steht derzeit natürlich generell ganz stark im Fokus.

Technologisch betrachtet: Welche Fragestellungen beschäftigen Sie aktuell am meisten?

Lauxmann: Horiba ist von Grund auf um das Thema Nachhaltigkeit und Umwelt aufgestellt. Zentrales Anliegen ist es dabei, Ressourcen zu schonen, beispielsweise durch die Reinhaltung von Luft und Wasser und die möglichst effiziente Gestaltung des Energieeinsatzes sowie die zeitgleiche Reduktion des CO2-Footprints.

In diesem Jahr wollen Sie zwei Neubauten in Deutschland offiziell eröffnen: in Magdeburg-Barleben und in Leichlingen. Was werden Sie dort fertigen? Und wie gliedern sich diese neuen Fertigungsstätten in das bestehende Konzept von Horiba Europe ein?

Lauxmann: Horiba Europe hat einen Verbund von mehreren Fabriken mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Während wir in Darmstadt den Prüfstandsbau für die Mobilitätsbranche angesiedelt haben, liegt in Magdeburg-Barleben der Fokus auf Lösungen für die Energiewirtschaft – Brennstoffzelle und Elektrolyse – und in Leichlingen auf Umwelttechnologien. Die beiden Fabriken in Barleben und Leichlingen laufen bereits seit einigen Monaten auf Hochtouren und sind trotz der gerade erst erfolgten Erweiterung bereits wieder voll ausgelastet. Die offiziellen Eröffnungsfeiern finden aufgrund von Corona und anderen Rahmenbedingungen erst im Herbst statt.

Sehen Sie das Unternehmen aktuell gut und zukunftssicher aufgestellt?

Lauxmann: Aus meiner Sicht sind wir sehr gut für die Zukunft aufgestellt. Wir können nicht nur die Mobilitätsbranche in ihrer Transformation unterstützen, sondern durch unseren segmentübergreifenden Ansatz weiterdenken und uns mit kompletten Energieketten und weiteren Ressourcen, wie z.B. Wasser, befassen.

Herr Lauxmann, welche langfristigen Ziele haben Sie sich als Präsident gesetzt?

Lauxmann: In den Segmenten Semiconductor, Scientific, Process & Environmental, Automotive sowie dem weltweit relevanten Medical-Bereich sehe ich Horiba gut aufgestellt, um die Herausforderungen der Transformationen in der Industrie zu meistern. Speziell bei der Weiterentwicklung der Software-basierten Automatisierungslösungen und dem Datenmanagement wie auch dem Wechsel von fossilen Brennstoffen hin zu nachhaltigem Wasserstoff als Energielieferant sehe ich Zielsetzungen, die ich unterstützen möchte. 

Das Interview führte Nicole Wörner, Markt&Technik


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