Wird Hermes SMEMA komplett ersetzen?
Primärer Ansatz der Hermes-Initiative ist eine offene Struktur und Zugänglichkeit – sowohl im Hinblick auf die gleichberechtigt beteiligten Projektpartner, als auch hinsichtlich des Protokolls selbst. Nur dadurch ist es möglich, einen neuen globalen Standard zu etablieren, der der spontanen und einfachen Vernetzbarkeit aller Geräte im Sinne des Internet of Things gerecht wird. Das mittelfristige Ziel ist ein kompletter Wechsel von SMEMA zu Hermes. Für die Übergangsphase können aber auch beide Standards parallel in einer Linie betrieben werden, so dass Anwender nicht warten müssen, bis auch das letzte Maschinenfabrikat hermesfähig ist.
Einen anderen Ansatz, die Kommunikation zwischen SMT-Maschinen in einer Schnittstelle zu standardisieren, hat Mentor Graphics Anfang 2016 mit OML – Open Manufacturing Language – unternommen. Welche Zukunft prognostizieren Sie diesem Standard?
Grundsätzlich verfolgt OML einen anderen Ansatz, nämlich die vertikale Integration der SMT-Linie in übergeordnete Systeme wie MES. Als Mentor Graphics das OML auf der Apex 2016 offiziell vorgestellt hat, hat sich Viscom USA als IPC-Mitglied im Industry-4.0-Arbeitskreis der IPC aktiv beteiligt mit dem Ziel, einen allgemein gültigen Standard zu definieren. Das Ergebnis des IPC-Arbeitskreises mit dem Entwurf des cfx-Protokolls wurde auf der productronica 2017 erstmalig offiziell vorgestellt. Wir stehen in engem Kontakt mit Mentor Graphics, wenn auch unsere Inspektionssysteme in der Regel über Midware-Hersteller an das OML-Interface angebunden werden. Unser Quality Uplink, die Datensammlung und der Datenaustausch unserer Inspektionsergebnisse innerhalb der SMT-Linie (inklusive Closed Loop zum Drucker und optional zum Bestückungsautomaten) ermöglicht eine problemlose Anbindung an MES-Systeme. Je nachdem was der Kunde benötigt, programmieren wir auch spezifische Schnittstellen.
Viscom ist von Beginn an im Hermes-Standardisierungsgremium involviert. Welche Aufgabe kommt Ihnen als Inspektionssystem-Hersteller zu?
Den Inspektionssystemen kommt in jeder SMT-Linie die zentrale Aufgabe der Qualitätsüberwachung, und somit der Prozessstabilität zu. Als wesentliche Zusatzfunktion wurde nun die Barcodeverifikation – auch in Form von Einzelbarcodes – in das Protokoll integriert. Das trägt zur vollständigen Traceability über den gesamten Prozess bei und erleichtert maßgeblich das Fehlerhandling. Darüber hinaus greifen je nach Analyseergebnis der optischen oder Röntgeninspektion unterschiedliche Aktivitäten wie Weitertransport, Zusatzprüfungen, Aussortierung für die Verifikations- bzw. Reparaturstation. Auf Basis der Inspektionssysteme lassen sich auch Optimierungsansätze im Prozess selbst, im Leiterplattendesign, beim Lotpastendruck oder bei der Bestückung ableiten.
Wie sieht die weitere Hermes-Roadmap aus – für den Standard und für Viscom?
Das „The Hermes Standard“«-Protokoll wird sukzessive weiterentwickelt, beispielsweise in punkto Dateninhalte und Handhabung weiterer Prozessanforderungen. Viscom wird weiterhin aktiv an der Markteinführung mitwirken. Wir brauchen weitere Erfahrungen im Feld, um die Kundenanforderungen hinsichtlich der Implementierung von Daten und Maschinen in den gesamten SMT-Prozess anstelle von Sonderlösungen im Rahmen des Hermes-Protokolls zeit- und kostensparender realisieren zu können. Positiv sehen wir der auf der productronica erfolgten Strukturierung und Zusammenarbeit zwischen der Hermes-Initiative und der IPC entgegen. Hermes deckt den horizontalen Materialfluss ab, der CFX-Standard der IPC den vertikalen.