Tunnelmagnetoresistive-Sensoren

Tunnel- versus Hall-Effekt

23. Juli 2018, 12:58 Uhr | Von Dr. Thomas Wolf und Tatjana Kübler
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Basis für verschiedene Entwicklungen

Elementarer TMR-Sensor: enthält nur  die MLU und ist daher rein passiv. Nur die Komponente des äußeren Feldes, die parallel zur Magnetisierungsrichtung der gepinnten Schicht (blauer Pfeil) gerichtet ist, bewirkt eine Änderung des Widerstands des Sens
Elementarer TMR-Sensor: enthält nur die MLU und ist daher rein passiv. Nur die Komponente des äußeren Feldes, die parallel zur Magnetisierungsrichtung der gepinnten Schicht (blauer Pfeil) gerichtet ist, bewirkt eine Änderung des Widerstands des Sensors.
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Basierend auf der oben beschriebenen MLU lassen sich unterschiedliche Produktfamilien entwickeln. Die CTSR-Type beispielsweise repräsentiert die elementarste Form des TMR-Sensors. Er enthält neben Schutzbauelementen lediglich die MLU und ist damit ein rein passives Bauteil. Damit lassen sich einfache Sensorapplikationen realisieren und der Entwickler kann bei Batterieanwendungen den Stromverbrauch durch entsprechende Ansteuerung so reduzieren, dass er unter der Selbstentladung der verwendeten Lithiumzelle liegt.

Die wichtigste Familie ist die CT83x-Serie mit Latch-Schaltverhalten, bei der ein weiterer Vorteil der TMR-Technologie gegenüber einfachen Hallsensoren zum Tragen kommt: das omnipolare Schaltverhalten. Das heißt, der Sensor reagiert in gleicher Weise sowohl auf einen magnetischen Nord- als auch auf einen magnetischen Südpol. Die Schaltfelder BOP (Benötigte Feldstärke zum Einschalten) und BRP (Magnetfeldstärke die ein Ausschalten herbeiführt) der omnipolaren CT83x-Serie liegen für die empfindlichsten Sensoren bei ±0.9 mT und ±0.5 mT, der unempfindlichste Sensor schaltet bei ±7 mT und ±5 mT.

Omnipolares Schaltverhalten der CT83x-Serie. Die TMR-Sensoren reagieren sowohl auf einen Nord- als auch auf einen Südpol.
Omnipolares Schaltverhalten der CT83x-Serie. Die TMR-Sensoren reagieren sowohl auf einen Nord- als auch auf einen Südpol.
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Beim CT834 wurde auf Komparator und Push-Pull-Output am Ausgang des Sensors verzichtet und das analoge Si­gnal direkt nach außen geführt. Dadurch entsteht ein analoger Magnetfeldsensor mit einer sehr hohen Empfindlichkeit von 600 mV/mT, bei VDD = 3.0 V Betriebsspannung. Die Ausgangsspannung bei B = 0 liegt bei 0.5 VDD, die minimale und maximale Ausgangsspannung bewegt sich zwischen 0.19 VDD und 0.81 VDD. Der resultierende lineare Messbereich beträgt damit ±1 mT.

Messen von großen Strömen

Sensoren mit Schaltausgang sind für einfache Anwendungen gedacht, in denen sich ein Permanentmagnet relativ zum Sensor bewegt und sich deshalb das Magnetfeld am Ort des Sensors ändert. Bei bestimmten Positionen des Magneten wird ein Schaltvorgang im Sensor ausgelöst. Mehr und mehr werden aber auch Anwendungen wichtig, bei denen das Magnetfeld nicht durch einen Permanentmagneten, sondern durch einen stromdurchflossenen Leiter erzeugt wird.

Omnipolares Schaltverhalten der CT83x-Serie. Die TMR-Sensoren reagieren sowohl auf einen Nord- als auch auf einen Südpol.
Prinzipielle Funktion von Stromsensoren: ein zu messender Strom erzeugt ein Magnetfeld, das durch einen TMR-Sensor gemessen wird. Aus dem Sensorsignal kann auf den Strom I zurückgerechnet werden.
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Bei Stromsensoren erfolgt die Messung der Stromstärke indirekt über das vom Strom erzeugte Magnetfeld. Wenn nicht zusätzliche Hilfsmittel wie Flusskonzentratoren oder Vervielfachung des Feldes durch Aufwickeln des stromführenden Leiters in Form einer Spule herangezogen werden, sind die von Strömen erzeugten Magnetfelder sehr klein. Das Magnetfeld eines idealisierten geraden, linienförmigen Leiters lässt sich relativ einfach berechnen. Bei einem Strom von 1 A ergibt sich in 1 mm Abstand eine magnetische Flussdichte von etwa 0.2 mT. Für größere Abstände fällt das Feld schnell nach einer 1/r-Regel ab.

In der gezeigten Anordnung beträgt der Abstand des stromführenden Leiters zum Sensor in den meisten Fällen einige Millimeter, damit ist das Feld am Ort des Sensors klein. Aufgrund der hohen Empfindlichkeit von TMR-Sensoren können aber solche kleinen Felder und damit Ströme weit unter 1 A gemessen werden. Damit die TMR-Sensoren im Falle von hohen Strömen nicht in den Sättigungsbereich gelangen, werden die Stromsensoren nach dem »Closed-Loop-Prinzip« aufgebaut:

Schaltbild einer Stromsensor-Anordnung in Closed-Loop-Technik
Schaltbild einer Stromsensor-Anordnung in Closed-Loop-Technik
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Der Stromsensor enthält eine Brückenschaltung aus zwei MLUs (Rout), deren magnetische Orientierungen der gepinnten Schichten um 180° gegen­einander verdreht sind. Zwei Festwiderstände (Rin) dienen als Kompensationszweig. In der typischen Applikationsschaltung wird über externe Widerstände ein Kompensa­tionsstrom durch die beiden Wider­stände Rin geleitet, der ein Magnetfeld am Ort der MLUs erzeugt. Ein Opera­tionsverstärker vergleicht die Spannungen an den beiden Brückenabgriffen und koppelt sein Ausgangsignal zurück in den Kompensationszweig des Sensors. Ein zweiter Operationsverstärker arbeitet als Impedanzwandler, um die MLU-Halbbrücke nicht zu belasten.

Das »Closed-Loop-Prinzip« sorgt dafür, dass sich das Magnetfeld des Kompensationsstroms und das externe Magnetfeld am Ort der MLUs gerade kompensieren. Somit werden die MLUs immer im Bereich um B = 0 betrieben und es besteht keine Gefahr, dass der Sensor in die Sättigung gerät und ein hysteretisches Verhalten zeigt. Die Ausgangsspannung des Operationsverstärkers ist somit ein Maß für das Magnetfeld am Ort der MLUs und damit für den Strom, der das externe Magnetfeld erzeugt.

Messen von kleinen Strömen

Je größer die zu messende Stromstärke, desto unproblematischer ist die separate Anordnung von Leiter und Sensor. Für Ströme unter 10 A ist das zu messende Magnetfeld jedoch sehr klein und aufgrund der starken Abstandsabhängigkeit des Magnetfelds ist ein möglichst kleiner Abstand zwischen den Sensorelementen und dem Leiter nötig.

Es ist deshalb im Strombereich unter 10 A von Vorteil, den stromführenden Pfad in das Gehäuse des Stromsensors zu integrieren, um einen möglichst geringen Abstand des Leiters von den Sensorelementen zu gewährleisten. Es ist geplant, dies in einer nächsten Sensor-Generation zu implementieren. Darüber hinaus arbeitet der Hersteller auch an TMR-Sensoren, die den Winkel der magnetischen Feldlinien relativ zu einer Bezugsachse messen.

TMR-Sensoren eignen sich aufgrund des geringen Stromverbrauchs für batteriebetriebene Anwendungen, wie zum Beispiel Wasserzähler, bei denen eine Betriebsdauer von mehr als zehn Jahren ohne Batteriewechsel garantiert werden muss. In diesen Geräten sind zwei Anwendungsmöglichkeiten für einen TMR-Sensor denkbar: die Detektion der Flügelrad-Drehung zur Wassermengenerfassung und die Erkennung von Manipulationsversuchen mittels eines starken Ma­gneten. Bei letzterer ist von Vorteil, dass die TMR-Sensoren auf Nord- und Südpol des Magneten reagieren.

Insgesamt ist davon auszugehen, dass in Zukunft in vielen Anwendungen, in denen bisher Hallsensoren zum Einsatz gekommen sind, auch TMR-Sensoren verwendet werden.

Dr. Tomas Wolf ist seit 1993 bei Endrich und betreute bis 2016 die Produktlinien Optosensorik, Hall- und Radarsensoren als Produktmanager.
Dr. Tomas Wolf ist seit 1993 bei Endrich und betreute bis 2016 die Produktlinien Optosensorik, Hall- und Radarsensoren als Produktmanager. Seit 2016 ist er als Applikationsingenieur für Sensoren und Displays/Embedded Systems tätig. Während seines Physikstudiums an der Universität Konstanz spezialisierte er sich auf theoretische Festkörperphysik, wo er 1992 auf dem Gebiet der Hoch-Tc-Supraleitung promovierte.
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Tatjana Kübler arbeitet als Produktmanagerin bei Endrich Bauele­mente Vertrieb, zuständig für den Bereich Magnetfeld-Sensoren.
Tatjana Kübler verfügt nach einem dualen Studium an der DHBW Stuttgart über einen Bachelor-Abschluss in der Betriebswirtschaftslehre, Studienrichtung Trade Management. Seit 2015 arbeitet sie als Produktmanagerin bei Endrich Bauele­mente Vertrieb, zuständig für den Bereich Magnetfeld-Sensoren.
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