Wenn Näherungs- und Berührungssensoren kombiniert werden, entstehen neue Möglichkeiten und Anwendungsfälle. Mit der verbesserten Leistung und der größeren Reichweite der kapazitiven Sensoren der fünften Generation werden die Näherungs-sensoren für eine ganze Reihe neuer Anwendungen und Geräte nutzbar – zum Beispiel für intelligente Lautsprecher und Haushaltsgeräte.
Bei intelligenten Lautsprechern erübrigen sich durch die kapazitive Abtastung mechanische Tasten. Dadurch können die Designer den Lautsprechern nicht nur ein schlankeres Design verleihen, sondern auch die Zuverlässigkeit und Benutzerfreundlichkeit erhöhen. Allerdings wird erst durch eine verbesserte Näherungssensorik die Einführung der kapazitiven Sensorik bei intelligenten Lautsprechern möglich.
Mit Näherungssensoren können Systementwickler »Wake-on-Approach«-Funktionen implementieren. Es ist somit nicht erforderlich, dass die Bedienelemente der Benutzeroberfläche ständig leuchten, solange auf die Interaktion mit dem Nutzer gewartet wird. Stattdessen kann ein System mithilfe von Näherungssensoren erkennen, wenn sich der Finger eines Nutzers dem Gerät nähert. Erst dann aktiviert das System die Bedienelemente der Benutzeroberfläche und zeigt dem Nutzer deutlich, dass das System einsatzbereit ist. Bei Anwendungen, bei denen Energieeffizienz wichtig ist, kann die Haupt-MCU durch Wake-on-Approach aufgeweckt werden, um die Nutzerinteraktion vorzubereiten. Dadurch können Entwickler einen größeren Teil des Systems länger im Low-Power-Modus halten. Auf diese Weise wird eine höhere Gesamteffizienz erreicht, was zu einer längeren Betriebsdauer führt, ohne dass die Batterie größer werden muss.
Die verbesserte Leistung und Prozesseffizienz, die durch den hohen SNR und die autonome DMA-Abtastung eintritt, kann zu völlig neuen Gerätedesign führen: Jetzt kann die gesamte Oberfläche eines Kochfelds Teil der berührungs-empfindlichen Benutzeroberfläche sein. Der PSoC 4100S Max, eine kapazitive Sensor-MCU der fünften Generation von Infineon, bietet beispielsweise genügend Empfindlichkeit und Verarbeitungskapazität, um mehr als 100 Sensoren über lange Leiterbahnen durch die dicke Glasoberfläche eines Kochfelds mit natürlicher Reaktionsfähigkeit zu unterstützen – und das alles in einem einzigen Chip (Bild 4).
Die durch die autonome DMA-Abtastung erreichte Verarbeitungseffizienz hat den zusätzlichen Vorteil, dass die MCU entlastet wird und Reserven für erweiterte Erkennungsfunktionen hat. Durch die neuen maschinellen Lernfunktionen kann die MCU sogar die Richtung erkennen, aus der der Finger des Nutzers kommt, was mehrere wichtige Funktionen ermöglicht.
Die Richtungserkennung kann die Effizienz des Wake-on-Approach verbessern, denn sie erkennt präziser, ob ein Nutzer ein Gerät auch tatsächlich verwenden möchte: Anstatt die Bedienelemente der Benutzeroberfläche aufleuchten zu lassen, sobald eine Person an einem Kochfeld vorbeigeht, kann das Gerät erkennen, ob jemand seine Hand bewusst in die Nähe des Kochfelds bringt, um es zu verwenden. Die Richtungserkennung ermöglicht es dem System zudem, unerwünschte Signale abzuweisen, die beispielsweise von der Rückseite oder der Seite des Geräts kommen.
Eine größere Genauigkeit bei der Erkennung, ob jemand das Gerät verwenden möchte, ist nicht nur wichtig, um den Energiebedarf des Geräts zu senken, sondern auch, um den Nutzer nicht zu verwirren. So könnte ein Gerät, das nicht in der Lage ist, die Richtung zu erkennen, die Bedienelemente der Benutzeroberfläche unnötigerweise immer ein- und ausschalten, obwohl der Nutzer nicht die Absicht hat, mit dem Gerät zu interagieren.
Ein weiterer vielversprechender Anwendungsfall, der durch Richtungserkennung ermöglicht wird, ist die Gestenerkennung. Beispielsweise kann ein intelligenter Lautsprecher auf dem Schreibtisch einer Person in Reichweite sein und Bewegungen der Hand – etwa, wenn sie Dinge auf ihrem Schreibtisch bewegt – falsch wahrnehmen. Anstatt den Lautsprecher jedes Mal zu aktivieren, wenn eine derartige Bewegung erfasst wird, könnte der Lautsprecher auf eine bestimmte Geste warten, um aktiviert zu werden, beispielsweise eine Hand, die über den Lautsprecher bewegt wird.
Die Gestenerkennung ermöglicht außerdem wichtige Funktionen für den Datenschutz. Viele intelligente Geräte im Haushalt verfügen über ein Mikrofon zur Unterstützung von Sprachbefehlen. Ist das Mikrofon jedoch dauerhaft eingeschaltet, wird die Privatsphäre gefährdet. Allerdings macht das Deaktivieren des Mikrofons mit einem Schiebeschalter den Komfort eines intelligenten Geräts zunichte. Durch die Gestenerkennung mittels Näherungssensoren könnten Geräte ihre Mikrofone dagegen so lange deaktiviert lassen, bis ein Nutzer das Mikrofon absichtlich mit einer bestimmten Geste aktiviert, um das Gerät aufzuwecken.
Üblicherweise wird die Nahbereichserkennung durch Infrarot-Sensoren (iR) realisiert. Passive iR-Sensoren erkennen die von einem sich bewegenden Objekt erzeugte Infrarotstrahlung. Aktive iR-Sensoren senden dagegen iR-Strahlung aus und erkennen Objekte durch Messung der Reflexion.
Für die Nahbereichsabtastung im Bereich von weniger als 30 cm bietet allerdings die kapazitive Abtastung eine überzeugende Alternative zur Infrarotabtastung (iR). Die iR-Technologie kann zwar bei größeren Reichweiten (2 bis 3 m) für Anwendungen wie automatische Türen eingesetzt werden, hat aber bei geringerer Reichweite wie im Fall von Haushaltsgeräten, Unterhaltungselektronik und Industrieanlagen einige Nachteile:
➔ Energieeffizienz: Die kapazitive Abtastung benötigt weniger Energie als die iR-Abtastung. Ein aktiver iR-Sensor benötigt einige Milliampere im Vergleich zu einem kapazitiven Sensor, der einige Mikroampere erfordert. Außerdem ist ein iR-Sensor in seiner Erfassungsrichtung begrenzt. Im Gegensatz dazu ist der kapazitive Näherungssensor weitaus flexibler, sodass jeder kapazitive Sensor in einem Gerät auch für die Näherungsabfrage verwendet werden kann.
➔ Ästhetik: Da das iR-Licht nicht verdeckt werden darf, um zu funktionieren, darf die Linse, die den Strahler lenkt, nicht verdeckt werden, was die Ästhetik des Systems beeinträchtigt. Zusätzlich könnte eine freiliegende iR-Linse beschädigt oder blockiert werden, zum Beispiel durch ein verschüttetes Getränk auf einem Kochfeld. Im Gegensatz dazu funktioniert die kapazitive Abtastung mit und durch eine breite Palette von Abdeckmaterialien. Auf diese Weise können kapazitive Sensoren vor dem Nutzer verborgen werden und sind gleichzeitig vor Beschädigungen geschützt.
➔ Kosten: Es gibt mehrere Faktoren, die iR im Vergleich zu kapazitiven Sensoren zu einer teureren Näherungstechnologie machen, darunter die Tatsache, dass iR die Installation eines Senders und einer Linse erfordert. Der wichtigste Faktor ist jedoch, dass ein Gerät, das für eine berührungsempfindliche Benutzeroberfläche mit kapazitiven Sensoren ausgestattet wurde, ohne zusätzliche Kosten mit einem Näherungssensor ausgestattet werden kann. Dieselben Sensoren, die für kapazitive Tasten und Schieberegler verwendet werden, können auch die Annäherung erkennen.
Die fünfte Generation der kapazitiven Sensorik ist eine ausgereifte Technologie, die von einem umfangreichen Ökosystem an Tools unterstützt wird. Der Infineon PSoC 4100S Max wird beispielsweise von Modus unterstützt, einem Multiplattform-Tool, das eine anpassbare Capsense-Bibliothek, einen kapazitiven Tuner, Beispielapplikationen und produktionsreife Referenzdesigns zusammenführt. Tools wie der Sensor Configurator innerhalb von Modus vereinfachen außerdem das Anwendungsdesign erheblich und ermöglichen Entwicklern die einfache Konfiguration und Verwaltung von mehr als 100 einzelnen Sensoren.
Mit einer großen Auswahl an Entwicklungskits können verschiedene kapazitive Komponenten, unter anderem Touch-Buttons, Slider, Trackpads, schnell getestet werden – was die Anwendungsentwicklung beschleunigt.
Infineon investiert weiterhin in Tools, mit denen sich Entwickler auf die Erhöhung der Störfestigkeit konzentrieren und die Grenzen der Zuverlässigkeitstests in Bezug auf die Umgebung erweitern können. Darüber hinaus stellt Infineon seine kapazitiven MCUs selbst her und bietet damit eine zuverlässige Versorgungslinie, auf die sich OEMs verlassen können.
Mit höherer Leistung, fortschrittlichem Näherungssensor und größerer Widerstandsfähigkeit gegenüber Umwelteinflüssen können Gerätehersteller interessante neue Produkte entwerfen, die eine Vielzahl von Anwendungsfällen unterstützen, um ihren Erfolg auf dem Markt zu sichern.
Der Autor
Vibheesh Bharathan ist Principal Engineer of IoT in der Compute and Wireless Business Unit bei Infineon Technologies.