Näherungssensorik

Benutzeroberflächen mit Ausstrahlung

7. Oktober 2023, 14:00 Uhr | Von Vibheesh Bharathan
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In vielen Haushaltsgeräten und Industriesystemen sind Touchscreens an die Stelle mechanischer Bedienelemente getreten. Die kapazitive Sensorik der nächsten Generation erkennt auch die Näherung eines Fingers. Dadurch werden interessante neue Funktionen und Anwendungsfälle ermöglicht.

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Vor zehn Jahren sahen Haushaltsgeräte wie Kochfelder und Waschmaschinen noch ganz anders aus als heute. Inzwischen sind große, klobige Drehknöpfe berührungs-empfindlichen Sensoren gewichen. Die Benutzeroberflächen (User Interfaces, UIs) geben den Nutzern Zugriff zu einer viel größeren Auswahl an Funktionen. Eine der größten Herausforderungen, denen sich die Hersteller bei dieser Umstellung stellen mussten, bestand darin, die Bedienelemente der Benutzeroberfläche auf das gesamte Bedienfeld des Geräts auszudehnen. Anstatt die Steuerelemente mit verschachtelten Menüs auf engem Raum zu platzieren, ermöglicht ein großer Anwendungsbereich den OEMs, die Steuerelemente so zu positionieren und anzuordnen, dass ein intuitives Layout entsteht und die Benutzerfreundlichkeit erhöht wird.

Die Arbeit auf einer größeren Oberfläche erhöht jedoch die Länge der Leiterbahnen zwischen dem kapazitiven Sensor und dem Sensor-Controller. Längere Leiterbahnen verursachen zusätzliche Kapazitäten und fügen dem Sensorsignal Rauschen hinzu. Je länger die Leiterbahn ist, desto größer ist das Rauschen, dem das System ausgesetzt ist. Folglich sind die Ingenieure in ihrem Anwendungsbereich eingeschränkt und müssen den Controller so platzieren, dass er sich in der Nähe der Sensoren befindet.

Nutzer sind an Touch-Bedienoberflächen gewöhnt
Bild 1. Nutzer sind an Touch-Bedienoberflächen gewöhnt.
© Infineon Technologies

Haushaltsgeräte mit zahlreichen Knöpfen, Schiebern und Drehreglern benötigen mehr als 50 Sensoren auf einer großen Fläche. Um eine »natürliche Reaktion« des Geräts zu erreichen, muss der Controller eine hohe Abtastrate beibehalten, was einen leistungsfähigeren Touch-Controller erfordert. Außerdem benötigen einige Geräte eine dicke Beschichtung, etwa eine Glasschicht. Je dicker diese Beschichtung ist, desto geringer ist das Signal, das der Sensor erfassen kann. Zusätzlich benötigen OEMs eine Ein-Chip-Implementierung, um die Kosten für die Touch-Oberfläche eines Geräts niedrig halten zu können (Bild 1).

Verbesserte Leistung durch besseres Signal-Rausch-Verhältnis

Entscheidend für die Implementierung einer zuverlässigen und reaktionsschnellen kapazitiven Sensorik ist ein hohes Signal-Rausch-Verhältnis (Signal Noise Ratio, SNR), um die Gesamtleistung zu verbessern. Die Leistung des Controllers bestimmt direkt die Anzahl der Sensoren, die ein Gerät effektiv einsetzen kann. Durch die Erhöhung des SNR des Sensors wird auch das verfügbare Rausch-Budget vergrößert, wodurch der Erfassungsbereich, die Länge der Messkurve, die Genauigkeit und die Reaktionsfähigkeit verbessert werden.

Eine verbesserte Leistung bedeutet auch einen robusteren Betrieb unter zahlreichen Umgebungsbedingungen. Faktoren wie Temperatur, helles Umgebungslicht, vorhandene Flüssigkeiten und die Höhenlage können die Berührungsempfindlichkeit und Genauigkeit beeinträchtigen. Ein höherer SNR-Wert verbessert die allgemeine Störfestigkeit gegenüber Umwelteinflüssen, was zu einer höheren Zuverlässigkeit und größeren Widerstandsfähigkeit führt.

Um eine höhere Leistung und ein besseres SNR zu erreichen, ist eine völlig neue Sensorarchitektur erforderlich. Bestehende kapazitive Abtastsysteme verwenden einen Single-Ended-Wandler. Mit seiner kapazitiven Sensortechnologie der fünften Generation hat Infineon sein branchenführendes Capsense-System mit einem ratiometrischen Wandler neu entwickelt.

Die fünfte Generation der Capsense-Technologie erweitert den Signal-Rausch-Abstand signifikant, zugunsten höherer Empfindlichkeit und Leitungslänge
Bild 2. Die fünfte Generation der Capsense-Technologie erweitert den Signal-Rausch-Abstand signifikant, zugunsten höherer Empfindlichkeit und Leitungslänge.
© Infineon Technologies

Der Hauptvorteil eines ratiometrischen Wandlers ist seine Fähigkeit, niederfrequentes Rauschen zu entfernen, beispielsweise 50-Hz-Rauschen, das vom Wechselstrom der Netzversorgung herrührt. Diese Filterung ist von entscheidender Bedeutung, da kapazitive Sensoren ein kleines Signal erzeugen, insbesondere über eine lange Messkurve, das von niederfrequentem Rauschen überlagert werden kann (Bild 2).

Das Ergebnis dieser Architekturveränderung ist eine 16-fache Verbesserung im Vergleich zu modernen kapazitiven Sensoren. Dadurch werden nicht nur die Reichweite und Empfindlichkeit verbessert, sondern das System kann zudem schwächere Berührungen erkennen und die Reichweite erhöhen.

Abtastung mit DMA-Verfahren

Neben der verbesserten Leistung führt die fünfte Generation der kapazitiven Sensoren auch ein autonomes Direct-Memory-Access(DMA)-basiertes Abtasten ein. Bei bisherigen Generationen mussten die kapazitiven Sensoren aktiv von der MCU abgetastet werden. Abhängig von der Abtastfrequenz und der Anzahl der Sensoren bedeutete das eine erhebliche Belastung für die MCU. So konnte das Abtasten von 100 Sensoren bis zu 40 Prozent der MCU-Bandbreite beanspruchen, sodass nur 60 Prozent für die Anwendungsverarbeitung übrigblieben.

 Li: Frühere Generationen von kapazitiven Sensoren mussten aktiv von der MCU abgetastet werden. Re: Die DMA-Abtastung verarbeitet den Großteil der Sensorabtastung ohne Beteiligung der MCU.
Bild 3. Links: Frühere Generationen von kapazitiven Sensoren mussten aktiv von der MCU abgetastet werden, was die MCU erheblich belastete. Rechts: Die DMA-Abtastung verarbeitet den Großteil der Sensorabtastung ohne Beteiligung der MCU und entlastet sie dadurch.
© Infineon Technologies

Bei der autonomen DMA-Abtastung wird die mit den kapazitiven Sensoren verbundene Hardware direkt mit dem DMA der MCU verbunden (Bild 3). Dadurch kann der DMA den Großteil der Sensorabtastung ohne Beteiligung der MCU durchführen. Das Ergebnis ist eine deutliche Verbesserung: Die gleiche Anzahl von Sensoren erfordert bei der autonomen DMA-basierten Abtastung nur fünf Prozent der Bandbreite der MCU. Die geringere Belastung der MCU in Verbindung mit einer 16-fachen Leistungssteigerung ermöglicht die Implementierung von mehr Sensoren mit höherer Empfindlichkeit und erweiterten Funktionen, einschließlich Näherungssensoren.


  1. Benutzeroberflächen mit Ausstrahlung
  2. Bessere Touch-Bedienfelder durch Näherungssensoren

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