Bioresorbierbare Implantate aus Magnesiumwerkstoffen werden wichtiger: Gebraucht werden Implantate, die Patienten zügig mobilisieren und am besten die Entnahme der Implantate nach der Heilung überflüssig machen. Magnesium-Implantate spielen dafür eine Schlüsselrolle.
Die Herstellung der sich selbst abbauenden Implantate ist jedoch komplex; schließlich muss das Verhalten im Körper genau vorhersehbar sein.
»Zersetzt sich das Implantat zu schnell, würde es den Knochen nicht lange genug stabilisieren. Verbleibt es zu lange im Körper, drohen spätere Beschwerden oder sogar Komplikationen. Die Implantate bestehen zudem nicht aus reinem Magnesium, sondern aus Legierungen, bei denen dem Leichtmetall andere Stoffe beigemischt sind. Die richtige Mischung der Metalle legt den Grundstein für die mechanische Festigkeit und steuert zugleich die Abbaugeschwindigkeit.« |
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Dr. Frank Feyerabend, invenio Healthcare |
Die Materialauswahl für die Legierungen, vage Stabilitätsprognosen und zeitaufwändige Validierungsprozesse erschweren und verzögern häufig die Zulassung – schließlich müssen auf globaler Ebene zahlreiche Regularien erfüllt werden. Dabei wird der Weg nicht durch Trial and Error geebnet, sondern fundiertes Wissen und jahrelange Forschungsarbeit sorgen für zuverlässige Implantate.
So müssen schon für die Beantwortung der Frage, wie schnell sich ein Magnesium-Implantat auflösen soll, umfangreiche Tests im Labor gemacht werden. „Das hängt sowohl vom Anwendungsort im Körper, von der notwendigen Dauer der Heilung und von der gewählten Legierung ab. Es ist unabdingbar, je nach Anwendungsart zu definieren, welche Kräfte dort auf das Implantat einwirken und wie stabil es demnach sein muss. Wir testen daher im Prüflabor nicht nur mechanische Eigenschaften, sondern auch die Abbaurate des Implantates in einer Umgebung, die der entsprechenden Stelle im Körper so nah wie möglich kommt”, sagt Dr. Feyerabend.
Doch bereits vor den Labortests ist eine genaue Definition der Materialien notwendig – sie sind der Garant für einen optimalen Heilungsverlauf. Dr. Feyerabend erläutert: »Magnesiumwerkstoffe wurden bereits früh in der Automobilindustrie als Leichtbaumaterial eingesetzt, konnten aber aufgrund ihrer schlechten Korrosionsbeständigkeit nur in bestimmten Bereichen angewendet werden. Dieser Nachteil hat sich in der Medizinbranche als Vorteil erwiesen, denn man kann Magnesium-Implantate so entwerfen, dass sie für eine gewisse Zeit ihre Funktion erfüllen und sich schließlich komplett auflösen.« So ist Magnesium mechanisch nahezu identisch zu kortikalem Knochen. Dadurch ist es in der Lage, Frakturen bis zur Ausheilung mit der notwendigen mechanischen Festigkeit zu stabilisieren und wird schließlich über einen physiologischen Prozess durch Körperflüssigkeiten kontinuierlich abgebaut. Dieser Vorgang ist relativ komplex – vereinfacht gesagt wird es in Magnesiumhydroxid und Wasserstoffgas umgewandelt. Diese Reaktionsprodukte werden vom Körper abtransportiert und es bildet sich eine intakte Knochenstruktur.
Eine weitere Hürde ist das Design des Magnesium-Implantats. Denn selbst wenn es am selben Anwendungsort zum Einsatz kommt, wie ein herkömmliches Implantat aus beispielsweise Titan, bedarf es oft einer anderen Form, muss aber dennoch ohne großes Umdenken von Ärzten implantierbar sein. Dr. Feyerabend weist auf den interdisziplinären Ansatz hin: »Die Zusammenarbeit mit Biologen, Ingenieuren, Medizinern und Ärzten ist daher für uns elementar für eine anwendungsorientierte Entwicklung. Wir beraten die Hersteller stets risikobasiert, um von Beginn an Verzögerungen sowie teure Testschleifen zu vermeiden und die Anforderungen aller Involvierten immer im Blick zu haben«.
Um ein Implantat auf den Markt zu bringen, müssen Nachweise erbracht werden, dass das Implantat an der dafür vorgesehenen Stelle auch sicher und funktionsfähig ist. Dafür verfügt invenio über ein eigenes Testlabor inkl. Werkstatt, um Prüfvorrichtungen schnell und individuell anpassen zu können und übernimmt auch die technische Dokumentation für seine Kunden. Beim Upscaling von der Kleinserie der Prototypen bis hin zu einer gesamten Serienfertigung gilt es anschließend, den gesamten Prozess zu analysieren, denn saubere Arbeitsschritte sind später überlebenswichtig für die Patienten.
»Dank der breiten Aufstellung von invenio haben wir neben der Medizintechnik auch eigene Prüfmöglichkeiten und Fertigungs-Werkstätten zur Verfügung, die den weiteren Prozess nach der Zulassung mit kurzen Abstimmungswegen begleiten. Wir kennen Stellschrauben, um den Fertigungsprozess zu optimieren, beispielsweise die richtige Temperatur oder Geschwindigkeit im Gießprozess. Wir haben zudem Möglichkeiten von additiven Verfahren bis modernen Frästechnologien zur Hand, um individuelle Lösungen zu realisieren«, so Dr. Feyerabend. Trotz der ernsthaften Medizintechnik-Prozesse wagt er einen Vergleich: »Mit der Unterstützung unserer erfahrenen Berater für Entwicklung, Testing, Dokumentation sowie beim Aufsetzen des Fertigungsprozesses ist der komplexe Herstellungsprozess von Magnesium-Implantaten fast so einfach wie Nudeln kochen«.