KI kann in der Medizintechnik weit mehr, als Tasks schneller und Prozesse effektiver zu erledigen - sie hat das Potenzial, Leben zu retten und die Patientenversorgung deutlich zu verbessern. Adaptive Hardware-Plattformen mit Deep Learning Processing Units (DPUs) helfen bei der KI-Entwicklung.
Neuartige Technologien im Gesundheitswesen haben die menschliche Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten deutlich erhöht. Jetzt, in der Post-Pandemie-Ära, sind besonders digitale Medizinprodukte auf der Basis von künstlicher Intelligenz (KI) für die Diagnose kritischer Krankheiten und eine verbesserte Patientenversorgung stark im Kommen. Die Akzeptanz von KI in allen Aspekten des Gesundheitswesens ist von größter Bedeutung: Das gilt nicht nur in der Früherkennung, sondern auch bei der Unterstützung von Chirurgen und Spezialisten während Operationen sowie bei der schnellen Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen.
Die frühzeitige Diagnose eines sich anbahnenden Herzinfarkts oder die frühzeitige Diagnose von Hautkrebs kann dank KI Leben retten. Bereits vor der Pandemie waren Herzinfarkte die häufigste Todesursache weltweit, mit laut WHO 17,9 Millionen Toten pro Jahr, die Fallzahlen gingen aber stetig zurück. Neue Zahlen des Cedars Sinai Research Center zeigen, dass die Anzahl der herzinfarktverursachten Todesfälle während der Pandemie wieder deutlich gestiegen ist. Allein im ersten Jahr der Pandemie stieg die Zahl der Herzinfarkte über alle Altersgruppen hinweg um 14 Prozent und nahm danach stetig zu. Hautkrebs, insbesondere die aggressivste Form, das Melanom, kann in den meisten Fällen geheilt werden, wenn er früh erkannt wird. Die 5-Jahres-Überlebensrate bei Melanomen liegt bei der Entdeckung bei fast 99%, wenn die Ausbreitung noch lokal begrenzt ist. Sie sinkt jedoch auf nur 22,5%, wenn das Melanom bereits Metastasen in entfernten Organen gebildet hat.
Es gibt für Ärzte leider keine einfache Methode, einen Herzinfarkt zu prognostizieren. Die Kombination trainierter KI-Deep-Learning-Algorithmen aus Datenmustern mit hochentwickelten Echokardiogramm- und Ultraschallprogrammen hat jedoch das Potenzial, einen zukünftigen Herzinfarkt vorhersehen zu können. Für die Diagnose eines Hautkrebses wie Melanom, der extrem schwer zu erkennen ist, sind umfangreiche diagnostische Bildgebungstests und invasivere Methoden wie eine Biopsie erforderlich. Durch die Verwendung von Videoaufnahmen eines visuell veränderten Bereichs und die Anwendung eines trainierten Deep-Learning-Algorithmus auf einem kleinen Endgerät kann die gefährliche Erkrankung jedoch früher, kostengünstiger und ohne Eingriffe erkannt werden.
Die Entwicklung einer medizinischen KI-basierten Deep-Learning(DL)-Methode verläuft in zwei Phasen. In der ersten Stufe wird ein Datenmodell erstellt und trainiert, wobei verfügbare Daten und zuvor gesammelte Bilder verwendet werden. Die Datensätze müssen so umfangreich wie möglich sein (in der Regel Hundertausende) und müssen bereinigt, kuratiert und gekennzeichnet werden, bevor sie für Trainingszwecke verwendet werden können. Bei der Vorverarbeitung der Daten bzw. Bilder innerhalb des Datensatzes muss zudem sichergestellt werden, dass die Anzahl der verschiedenen Daten- bzw. Bildklassen ausgewogen ist, um ein Ungleichgewicht der Klassen zu vermeiden und ein möglichst akkurates Ergebnis zu erzielen. Dieser Trainingsprozess erfordert enorme Rechenressourcen, viel Zeit und wird in der Regel in einer Cloud oder einer HPC-Infrastruktur (High Performance Computing) unter Verwendung von GPUs (Graphics Processing Units) durchgeführt.
Im zweiten Schritt wird das trainierte Modell auf einem integrierten Rechner oder in einem eingebetteten Medizintechniksystem, etwa einem Röntgengerät oder einem Ultraschallsystem, eingesetzt, um anhand des trainierten Modells eine KI-Inferenz durchzuführen, die ein Ergebnis für einen Verdachtsfall liefert. Dieses System kann ein beliebiges Gerät in einer Klinik, einem Krankenhaus oder einer Arztpraxis sein. Die Größe, Qualität und Klassifizierung des für das Training verwendeten Datensatzes bestimmt die letztendlich erzielte Genauigkeit des Ergebnisses.
Ein effizienter Weg für den Einsatz ist eine adaptive Hardwareplattform mit Deep Learning Processing Units (DPUs). Dabei handelt es sich um programmierbare Prozessorblöcke, die auf Embedded-Systemen wie FPGA(Field Programmable Gate Array)-basierten adaptiven SoCs (System on Chip) laufen, die FPGA und ASIC-ähnliche Logik mit mehreren eingebetteten CPU-Kernen kombinieren. Diese Embedded-Plattformen sind ideal, um die Inferenzergebnisse eines Deep-Learning-Modells auf einem Edge-Client-Endgerät zu gewinnen, da sie hohe Leistung bei niedrigem Stromverbrauch und geringem Platzbedarf bieten.
Der erste wichtige Schritt auf dem Weg zum verstärkten Einsatz von KI im Gesundheitswesen ist eine ausgeklügelte Algorithmenentwicklung, die auf der Forschungsebene an Universitäten, bei unabhängigen Softwareunternehmen und bei Herstellern von medizinischen Systemen stattfinden muss. Es besteht ein erheblicher Bedarf an der Finanzierung zusätzlicher universitärer Forschung, Ausbildungsprogramme und Start-up-Inkubatoren. Strukturierte staatliche Programme mit gezielter Finanzierung werden die weitere Entwicklung ebenfalls fördern.
Ein zweiter Punkt: Große, saubere, kuratierte und beschriftete Datensätze müssen für die gesamte Forschungsgemeinschaft leicht verfügbar und zugänglich sein. Dies ist heute aufgrund des HIPAA (Health Insurance Portability and Accountability Act, 1996) in den USA und anderen Datenschutzbestimmungen für Patienten weltweit eine große Hürde. Wie bereits erwähnt, verbessert sich die Qualität des Trainings eines Deep-Learning-Modells (DL) proportional zur Größe und Qualität des Datensatzes. Heutzutage entwickeln viele Hersteller medizinischer Ausrüstung künstliche Datensätze, die allerdings teuer und zeitaufwendig und damit nicht dauerhaft praktikabel sind.
Zum Dritten sind aus der Sicht der Hardware und der Plattformen enorme Ressourcen erforderlich, um den Trainingsprozess zu beschleunigen, da komplexe Modelle unter Umständen sehr viel Zeit zum Trainieren benötigen.
Schließlich ist für die schnelle Bereitstellung exakter Ergebnisse eine komplexe, heterogene und anpassungsfähige Rechenplattform erforderlich. Es handelt sich dabei um eine Kombination aus einem Hardware- und einem Softwareansatz, um die Probleme effizient aufzuteilen. Ein übliches medizinisches Gerät sollte in der Lage sein, Daten und Bilder in Echtzeit zu erfassen, zu verarbeiten, zu analysieren, auszuwerten und darzustellen, während es gleichzeitig in der Lage ist, KI-Algorithmen lokal auszuführen. Angesichts des Datendurchsatzes, der deterministischen Verarbeitung mit geringer Latenz und der schnellen Bereitstellung von Daten und Bildern stellt dies eine enorme Herausforderung dar.
Bei allen medizinischen Geräten, ob groß oder klein, müssen die Verlustleistung und die Wärmeentwicklung reduziert werden, um den Patientenkomfort zu erhöhen und die Energy-Star-Vorgaben zu erfüllen. Bei allen Handhelds und tragbaren Geräten besteht die Herausforderung darin, dass sie in der Hand des Bedieners nicht zu heiß werden dürfen und die Akkulaufzeit möglichst wenig beeinträchtigt wird. System-on-Module oder »SOM«-Bausteine wie die AMD Kria-Familie (Bild) können genau zu diesem Zweck eingesetzt werden. Mit dieser Art von adaptiven eingebetteten FPGA-basierten SoC-Lösungen können die gewünschten Ergebnisse mit sehr geringer Latenz, hohem Determinismus und extremer Genauigkeit erzielt werden.
Es fällt nicht mehr schwer, sich eine Welt vorzustellen, in der Herzkrankheiten, Schlaganfälle und Krebserkrankungen früh genug diagnostiziert werden können, um deutlich mehr Leben zu retten. Wenn Industrie, Staat und Wissenschaft die oben genannten Herausforderungen gemeinsam angehen, wird die fortgesetzte Entwicklung der medizinischen KI und der medizinischen Bildgebung in Kombination mit fortlaufenden Innovationen bei adaptiven Recheneinheiten wie FPGAs und eingebetteten SoCs täglich viele zusätzliche Leben durch KI-basierte Früherkennung und Diagnosestellung retten