Meist unsichtbar, doch unverzichtbar: Der EMS-Dienstleister Ileso aus Löffingen fertigt Steuerungselektronik, u.a. für Blutpumpen und extrakorporale Reanimationssysteme. Allein rund 8.000 Gerätesets für komplexe Herzoperationen verlassen die Fertigung pro Jahr – mit hohen technischen Anforderungen.
Nach maximal 30 Minuten Wiederbelebung gibt ein Notarzt normalerweise auf, wenn das Herz nicht anspringt. Die Überlebenschance nach so langer Zeit liegt praktisch bei null. Doch heute rollt das Team ein kompaktes, 18 Kilogramm schweres Gerät heran: den Carl Controller. Über Kanülen in den Leistengefäßen wird das Blut des Patienten aus dem Körper geleitet, extrakorporal aufbereitet und kontrolliert zurückgeführt – gesteuert von Elektronik, deren Ursprung am Schwarzwald liegt.
In Löffingen fertigt der EMS-Dienstleister Ileso die Baugruppen für dieses lebensrettende System. Der Carl-Controller der Freiburger Medtech-Firma Resuscitec ermöglicht eine kontrollierte Ganzkörperreperfusion auch außerhalb von Kliniken – als eine der weltweit ersten extrakorporalen Technologien dieser Art, die bereits jetzt die bisherigen Grenzen der Reanimation verschiebt.
Während der globale EMS-Markt bis 2032 auf über eine Billion US-Dollar wachsen soll, zeigt Ileso, wie spezialisierte Auftragsfertiger die besondere Anforderungen an die Medizintechnik-Fertigung adressieren, die weit über eine standardisierte Elektronikproduktion hinausgehen.
 
            
                Auch ein weiterer Anwendungsfall der EMS-Spezialisten geht ans Herz: Rund 8.000 Gerätesets für Blutpumpen-Steuerungen verlassen jährlich die Produktionshallen in Löffingen. Die Baugruppen steuern Pumpen, die bei komplexen Herzoperationen zum Einsatz kommen – ein Anwendungsfeld, bei dem Fehler unmittelbar lebensbedrohlich werden. »Wir haben ein sehr aufwendiges Produkt mit einer hohen Wärmekapazität, was das Prozessfenster äußerst schmal macht«, erklärt Geschäftsführer Jens Raus.
Die technischen Anforderungen sind erheblich: Signaltrennung zum Patienten, medizinisch geprüfte Isolationsmaterialien und automatische optische Inspektion über Kamerasysteme gehören zum Leistungsspektrum. Ileso liefert die komplette Steuerungselektronik vom Eingang bis zum Ausgang – zentral ist dabei die präzise Steuerbarkeit, damit das medizinische Personal die Pumpe optimal an die jeweilige klinische Situation anpassen kann. Die elektronischen Signale werden sicher vom Patienten getrennt, wofür spezielle Isolationstechniken unter extremen Bedingungen eine sichere elektrische Barriere bilden.
 
            
                Doch zurück zu Carl, die komplexe Funktionsweise des extrakorporalen Reanimationssystems von Resuscitec lohnt einen genauen Blick auf die Elektronik im Inneren. Um einen kontrollierten Herz-Lungenkreislauf auch außerhalb von Kliniken zu ermöglichen, nutzt der Carl (Controlled Automated Reperfusion of the whoLe body) im Gegensatz zu herkömmlichen Defibrillatoren eine automatisierte Doppelpumpensteuerung mit pulsatilem Blutfluss und umfassendem Sensorsystem für venöse und arterielle Online-Blutgasanalyse.
Die Grundidee: Nach einem Herzstillstand können Organe und Gehirn deutlich länger überleben, wenn der besondere Zustand des Körpers entsprechend behandelt wird. Hinzu kommt ein anschließbarer Fiberoptikkatheter zur invasiven Blutdrucküberwachung – eine der weltweit ersten extrakorporalen Technologien dieser Art. Die European Resuscitation Guidelines führen eCPR seit 2021 erstmals als mögliche Rettungstherapie bei therapierefraktärem Kreislaufstillstand auf.
 
            
                Ileso begleitete beide Projekte von entwicklungsunterstützenden Dienstleistungen bis zur Anlieferung fertiger elektronischer Baugruppen. Der Leistungsumfang beginnt mit der Fertigbarkeit und Industrialisierung des Produkts, dann folgen die Materialisierung aller Komponenten, die eigentliche Fertigung mit automatischen und manuellen Prozessen sowie umfangreiche Funktionstests. »Die automatische optische Inspektion identifiziert selbst kleinste Abweichungen, während unsere Funktionstests die Elektronik unter realen Bedingungen prüfen«, sagt Raus.
Das Unternehmen mit rund 45 Mitarbeitern wurde 2008 gegründet und baute 2024 einen Campus auf dem ehemaligen ReVox-Gelände. Über eine Web-Projektplattform haben Kunden jederzeit Einblick in den Status ihrer Aufträge – die Prozessparameter werden automatisiert erfasst und bereitgestellt. »Transparenz halte ich für enorm wichtig. Unsere Kunden sollen uns buchstäblich bei der Arbeit über die Schulter schauen können«, betont Raus.
Die Anforderungen der Medizintechnik prägen die gesamte Fertigung grundlegend. »Hundertprozentige Rückverfolgbarkeit aller Komponenten ist bei uns Standard – bis hin zum verwendeten Lötzinn«, erklärt Raus. Diese Dokumentationsdichte entspricht den Vorgaben der ISO 13485-Zertifizierung, die für Medizintechnik-Zulieferer obligatorisch ist.
Schon in der Entwicklungsphase deckt Ileso dank detaillierter Kenntnis der am Markt befindlichen Komponenten Einsparpotenziale auf. Oftmals lassen sich Produktionskosten in der Supply Chain deutlich senken, ohne das Design zu ändern – durch den Rückgriff auf vorhandene Standards können Initialkosten für Automatisierung teilweise auf null gesenkt werden. Der globale EMS-Markt für Medizintechnik wächst überproportional, getrieben durch Digitalisierung, alternde Gesellschaften und neue Diagnoseverfahren. Kleine bis mittlere Stückzahlen bei hohem Gerätewert und zeitkritischer Auslieferung prägen das Geschäft – ein Segment, in dem spezialisierte Mittelständler wie Ileso ihre Stärken ausspielen können. (uh)