Hochqualifizierte Mitarbeiter sind oft selbstbewusst und hinterfragen häufig die Meinungen und Entscheidungen ihrer Vorgesetzten. Sind sie deshalb »schwer zu führen«? Management-Trainer Joachim Simon erklärt, welche Rolle das Wertesystem dieser Mitarbeiter spielt.
Führungskräfte haben heute oft keinen fachlichen Wissens- und Erfahrungsvorsprung mehr vor ihren Mitarbeitern. Denn diese sind nicht selten hochqualifizierte Spezialisten. Entsprechend selbstbewusst sind diese Mitarbeiter – insbesondere, wenn sie wissen, dass das Unternehmen auf ihre Expertise angewiesen ist. Dann wollen sie im täglichen Miteinander die Wertschätzung spüren, die ihnen ihrer Auffassung nach gebührt. Fehlt diese, sinkt ihre Arbeitsmotivation und im Extremfall wechseln sie den Arbeitgeber.
Solche selbstbewusste Mitarbeitende zu führen, fällt Führungskräften manchmal schwer – auch, weil manche noch insgeheim das Credo verinnerlicht haben, dass ihren Anweisungen blind Folge zu leisten ist. Doch gerade viele Angehörige der sogenannten Generation Y, die nach 1980 geboren sind und heute bereits das Rückgrat zahlreicher Unternehmen bilden, sehen das anders. Sie hinterfragen oft die Anweisungen und Entscheidungen ihrer Führungskräfte und wollen eine in ihren Augen plausible Begründung haben, warum gewisse Dinge nötig sind.
Für die Führungskräfte bedeutet dies: Sie müssen mehr und anders als früher mit ihren Mitarbeitern kommunizieren. Statt Top-down-Anweisungen ist heute ein Einbeziehen der Beschäftigten in die Entscheidungsprozesse gefragt. Ist das nicht möglich, müssen die Führungskräfte zumindest akzeptieren, dass die Mitarbeiter nebst ihren Entscheidungen zuweilen auch ihr Verhalten hinterfragen.
In der Theorie ist dies den meisten Führungskräften sehr wohl bewusst. Das bedeutet aber nicht, dass sie im Arbeitsalltag stets das richtige Führungsverhalten zeigen. Oftmals registriert man, dass Vorgesetzte gerade in Situationen, in denen sie selbst angespannt sind, ein Verhalten zeigen, das eher einem autoritären als partnerschaftlich-kooperativen Führungsstil entspricht. Dadurch verursachen sie nicht selten vermeidbare Konflikte.
Die Mitarbeiter „ticken“ sehr verschieden
Im Betriebsalltag registriert man zudem bei Teams, die aus vielen selbstbewussten Mitarbeitern bestehen, immer wieder: Mit einigen Mitarbeitern haben die Führungskräfte eigentlich nie Probleme; in der Beziehung zu anderen tauchen hingegen fortwährend Konflikte auf, weshalb die betreffenden Mitarbeiter von ihren Führungskräften gedanklich mit dem Etikett „schwierig“ versehen werden.
Analysiert man die Ursachen hierfür, stellt man oft fest: Stimmt die Beziehung Führungskraft-Mitarbeiter, dann haben die Führungskräfte meist
Anders ist dies bei den „schwierigen Mitarbeitern“. Sie haben entweder ein anderes Wertesystem als ihre Führungskraft, weshalb ihnen auch andere Dinge wichtig sind. Oder sie haben aufgrund ihres Wertesystems Erwartungen an ihre Führungskraft, die diese aufgrund ihrer Präferenzen nicht erfüllt.
Unterschiedliche Wertesysteme kennen
Die divergierenden Wertesysteme und Erwartungen sind in der Regel im Betriebsalltag kein Problem, wenn die Führungskräfte sie kennen. Viele Vorgesetzte sind sich aber nicht mal über ihr eigenes Wertesystem und ihre eigenen Verhaltenspräferenzen bewusst. Und noch weniger ist dies bezogen auf die Mitarbeiter Fall. Dabei wird dies für ein erfolgreiches Führen immer wichtiger – auch weil heute immer weniger Menschen bereit sind, fraglos irgendwelche nicht selbst gewählten Autoritäten zu akzeptieren.
Möchten Vorgesetzte ihre Mitarbeiter individuell und entsprechend ihrer Wertesysteme führen, müssen sie Folgendes wissen:
Denn nur dann können Führungskräfte ihr Führungsverhalten wirklich dem Gegenüber anpassen. Außerdem können sie nur dann mit jedem Mitarbeiter eine tragfähige Vereinbarung schließen, was dieser braucht, um seine Arbeit als befriedigend, weil sinnstiftend und mit seinem Wertesystem korrespondierend, zu erfahren.