Bewerbung 2020

»Die hohe Anspruchshaltung wundert mich nicht«

27. Januar 2020, 10:17 Uhr | Corinne Schindlbeck
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Was ist mit Selbstmarketing?

Zum Thema Gehalt. Eine Personalchefin wunderte sich kürzlich über die Anspruchshaltung der Young Professionals – 26 Jahre, ausgelernter Trainee, fand aber 58.000 Euro Jahresgehalt nebst einiger weiterer Zusagen immer noch zu wenig. Haben der jahrelange Aufschwung und die Klagen über Fachkräftemangel die Kandidaten gierig werden lassen?

Die hohe Anspruchshaltung wundert mich nicht. Denn aktuell werden Ingenieurgehälter selbst bei Einsteigern realisiert, die ich vor fünf Jahren noch für unrealistisch gehalten hätte. Das neue Anspruchsdenken äußert sich allerdings nicht nur monetär, sondern setzt sich oft aus den Anforderungen als Paket rund um Compensation und Benefits zusammen. So stehen Flexibilität (sowohl zeitlich als auch räumlich), die Work–Life Balance und wie in Ihrem Beispiel erwähnt auch Weiterbildungsmöglichkeiten und der Sinn hinter der Aufgabe viel mehr im Vordergrund als noch vor einigen Jahren.

Wie bewerten Sie Selbstmarketing auf Portalen wie Xing oder LinkedIn? Notwendig in der Ingenieurswelt oder kann man darauf verzichten?

Es kommt ganz auf das persönliche Karriereziel an. Wenn ich latent wechselwillig und auf Jobsuche bin, dann gehört Xing/LinkedIn für mich auf jeden Fall dazu, auch als Ingenieur. Immer mehr Unternehmen leisten sich eigene Active-Sourcing-Abteilungen, nicht nur Personaldienstleister. Warum nicht also die sozialen Netzwerke für sich arbeiten lassen? Eine Recruiting-Studie von Monster 2018 ergab, dass etwa jede zehnte Stelle durch Active Sourcing besetzt wurde. Und 20 Prozent der Unternehmen hierfür Xing nutzten.

Wenn ich mich ganz gezielt bewerben möchte und die Zeit investieren kann, ist es nicht unbedingt notwendig ein Profil anzulegen. Allerdings erhalten Bewerber über Xing auch interessante Stellenangebote. Etwa wenn man sich ein Suchprofil anlegt, um sich dann One-Click zu bewerben.

Welche Tipps können Sie Ingenieuren hinsichtlich ihrer Weiterentwicklung geben, fachlich wie persönlich? Welche Anforderungen werden zunehmen?

Bei Ingenieuren ist dies generell immer schwerer zu beantworten, da es so viele Disziplinen und Ausprägungen dieses Berufsstandes gibt. Fachlich sind sicherlich je nach Ingenieurdisziplin Digital-Skills interessant wie etwa Big Data, Data Science/Prozessdatenanalyse/Predictive Maintenance oder Datenanalyse. Auch Programmierkenntnisse – vor allem in Hochsprachen – werden immer wichtiger. Je nach Disziplin auch (agile) PM-Methoden und Scrum.
Persönlich rate ich zu Projektmanagementmethoden, wenn möglich gepaart mit Auslandserfahrung, sowie zu einer Politur der Englisch- bzw. überhaupt der Sprachkenntnisse. Unter Umständen lohnen sich auch Kreativkurse (wie man kreative Ideen entwickelt), das steht bei Innovation immer stärker im Vordergrund.

Oder kann man das alles als durchschnittlicher Ingenieur weitgehend aussitzen, da doch jetzt die geburtenschwachen Jahrgänge kommen und der Branche eine enorme Arbeitskräftelücke prognostiziert wird? Zumal die Unternehmen ja auch selbst immer stärker auf Weiterbildung setzen?

Ohne Job wird man wohl nicht bleiben, die Frage ist allerdings, welcher Job dann auf einen wartet. Mehr und mehr Unternehmen setzen auf Weiterbildung, ja. Hier sollten Bewerber zudem selbst das Ruder in die Hand nehmen und die eigene Zukunft aktiv mitgestalten. Vor allem da Eigeninitiative und lebenslanges Lernen von Unternehmen gefördert werden. Dies zeigt sich nicht zuletzt durch (proaktive) Weiterbildung.

Zum Schluss noch eine Wissensfrage. Sie unterscheiden bei Hays zwischen Kompetenzen, Fähigkeiten, Skills und Qualifikationen. Erklären Sie uns den feinen Unterschied? Machen Arbeitgeber diesen in ihren Stellenausschreibungen tatsächlich auch?

In der Tat unterscheiden die meisten Arbeitgeber in ihren Ausschreibungen meist wenig zwischen Kompetenzen, Fähigkeiten und Skills. Wichtiger ist, dass der Kandidat die gewünschten Voraussetzungen vorweist. Im Kopf des Ausschreibenden ist es eher ein Idealbild eines Mitarbeiters, welches skizziert wird – da werden Attribute aufgezählt, unabhängig davon, ob es sich um Kompetenzen oder Fähigkeiten handelt.

Und doch machen wir hier Unterschiede. Kompetenzen bedeuten für uns Kenntnisse und Verhaltensweisen, die einen Mitarbeiter erfolgreich machen. Hier unterscheiden wir beispielsweise zwischen persönlichen und sozialen Kompetenzen (z.B. Integrität und Kritikfähigkeit) sowie Methodenkompetenz und generelle Kernkompetenzen. Fähigkeiten hingegen sind angeborene bzw. erlernte Anlagen, die ein Mensch benötigt, um z.B. einen Job auszuführen. Fachliche Fähigkeiten (z.B. Fremdsprachenkenntnisse) können dabei eine genauso große Rolle spielen wie soziale Fähigkeiten (bspw. Zeitmanagement). Das Thema Skills gestaltet sich schwieriger, je nach Übersetzung. Hard Skills sehen wir als berufliche Qualifikation an, Soft Skills gehören zu den persönlichen und mentalen Kompetenzen. Wir selbst unterscheiden unternehmensintern ebenfalls nach diesen Punkten, bewerten und entwickeln unsere Mitarbeiter auch diesbezüglich anhand softwarebasierter Feedbacks, aufgeteilt nach fachlichen Fähigkeiten sowie sozialer und persönlicher Kompetenzen.


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