Die wirtschaftliche Stagnation beeinflusst den Arbeitsmarkt unterschiedlich, wie der Hays Fachkräfte-Index Q3 zeigt. Gute Karten etwa haben aktuell Sales- und Marketing-Experten. Auch bei den Ingenieuren gibt es Lichtblicke.
Umsatzrelevante Stellen in Sales und Marketing haben aktuell die Nase vorn, genauso wie Cyber-Security-Experten. Die ansonsten gedämpfte Fachkräftenachfrage ist auf die stagnierende Konjunktur zurückzuführen. Der Hays Fachkräfte-Index verzeichnete im dritten Quartal 2024 einen erneuten Rückgang um sechs Prozentpunkte auf 102 Prozent, was das niedrigste Niveau seit Ende 2021 darstellt.
Im Ingenieurbereich fiel die Zahl der Stellenausschreibungen erstmals seit drei Jahren unter 40.000, was einem Indexwert von 65 Prozent entspricht (-14 Punkte). Besonders stark betroffen sind Projektingenieure. Die Nachfrage nach Elektro- und Bauingenieuren sinkt leicht bzw. stagniert.
René Gruner, Bereichsleiter Digital Technology & Engineering bei Hays, weist jedoch darauf hin, dass Fachkräfte in nachhaltigen Technologien für die Energiewende weiterhin gesucht werden: „Viele Unternehmen haben ihre Investitionen zurückgefahren und sind vorsichtiger bei der Einstellung neuer Ingenieure. Trotz dieser Situation gibt es jedoch auch positive Entwicklungen. In bestimmten Schlüsselbereichen wie der Energiewende bleibt die Nachfrage nach spezialisierten Fachkräften hoch. Unternehmen suchen vermehrt nach Spezialisten, die über Kenntnisse in nachhaltigen Technologien und Prozessen verfügen und dazu beitragen können, die ökologischen Ziele des Unternehmens zu erreichen“.
So fällt der Bedarf an HR-Fachkräften weiterhin deutlich, mit einem Rückgang von 16 Punkten auf 159 Prozent. Das ist der niedrigste Stand seit 2021. Dabei waren Stellen für HR Business Partner (-35 Punkte) und Recruiter (-27 Punkte) besonders betroffen. Währenddessen stieg die Nachfrage nach Personalberatern um 24 Punkte. Florian Wagner, Senior Abteilungsleiter HR bei Hays, erklärt: „Der Rückgang an Stellengesuchen für Recruiting-Spezialisten und HR Manager spiegelt die reduzierte Personalnachfrage wider, während Expertise im Bereich Upskilling und Transformation stabil bleibt.“
Anders entwickelt sich der Sales- und Marketingbereich: Hier wuchs die Nachfrage um fünf Punkte auf 86 Prozent. Vor allem Vertriebsmanager waren mit einem Plus von 23 Punkten gefragt, was auf die Bedeutung dieser Rolle für die Umsatzsicherung in Unternehmen zurückzuführen ist, so Fabian Bäcker, Senior Abteilungsleiter bei Hays. Leichte Rückgänge gab es zwar bei bei Social Media- und Content-Managern, hingegen Zuwächse bei Vertriebsmitarbeitern, Vertriebs-/ und Sales Managern sowie im Bereich Kundenservice.
Im IT-Bereich hielt sich der Rückgang mit nur neun Punkten in Grenzen. Die Nachfrage nach Cybersecurity-Experten stieg jedoch um neun Punkte auf 534 Prozent. Ausschlaggebend dafür sind EU-Richtlinien wie NIS2 und DORA, die zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen erfordern. Andreas Sauer, Bereichsleiter Technology bei Hays, betont: „Die Nichtumsetzung dieser Vorgaben riskiert hohe Bußgelder.“ Der Bedarf an SAP-Spezialisten bleibt ebenfalls hoch, da Unternehmen ihre Systeme bis 2027 auf Cloud-Lösungen umstellen müssen.
Die Nachfrage nach Finanzfachkräften blieb stabil, ebenso wie die nach Juristen. Compliance- und Datenschutzexperten sind aufgrund neuer regulatorischer Anforderungen besonders gefragt. Nach Branchen betrachtet stieg nur im Handel die Nachfrage leicht (+3 Punkte auf 94 Prozent), während alle anderen Sektoren Rückgänge verzeichneten. Besonders betroffen war das Baugewerbe (-19 Punkte), das dennoch mit einem Indexwert von 208 Prozent ein hohes Niveau hält.
Alexander Heise, CEO von Hays Deutschland, sieht die Fachkräfteschwankungen als Abbild der wirtschaftlichen Unsicherheiten: „Unternehmen mit langfristiger Personalstrategie sollten diese Phase nutzen, um Spezialisten rechtzeitig zu sichern.“