Der »Ingenieurmangel« in Deutschland kostet bis zu 13 Milliarden Euro an Wertschöpfung, hat das IW errechnet. Eine der wirkungsvollsten Maßnahmen ist aktuell die Zuwanderung. Ausländische Ingenieure verdienen im Schnitt zwischen 5.411 und 6.750 Euro und arbeiten besonders häufig in Boom-Regionen.
Auch wenn die Gesamtzahl der offenen Stellen für Ingenieure gesunken ist, liegt die Engpasskennziffer (offene Stellen je 100 Arbeitslose) unverändert bei 333, meldet der aktuelle Ingenieurmonitor von IV/VDI. Die meisten offenen Stellen gibt es in Energie- und Elektrotechnik (Engpassrelation 558), Bau/Vermessung/Gebäudetechnik und Architektur (Engpassrelation 433) sowie Maschinen- und Fahrzeugtechnik (368) und Informatik (303).
Die Aussichten? »In den kommenden Jahren wird durch Digitalisierung und Klimaschutz der Bedarf an Beschäftigten in Ingenieur- und Informatikberufen weiter ansteigen«, so VDI-Direktor Adrian Willig.
»Vielfältige Anstrengungen« seien deswegen nötig, allesamt längst bekannt: Mehr junge Menschen und Frauen begeistern, (noch) mehr Zuwanderung. Zumindest bei letzterem gibt es steigende Zahlen zu vermelden: Die Zuwanderung in den letzten Jahren habe »erheblich« zur Sicherung der Fachkräfte in den Ingenieur- und Informatikberufen beigetragen. Ohne diese Zuwanderung wären die Wertschöpfungsverluste "gut doppelt so hoch" ausgefallen, sagt Prof. Axel Plünnecke vom IW.
Von Ende 2012 bis September 2023 ist die absolute Zahl der ausländischen Beschäftigten in Ingenieurberufen laut dem aktuellen Ingenieurmonitor von 46.489 auf 114.648 und damit um 146,6 Prozent gewachsen. Der Anteil ausländischer Ingenieurbeschäftigter an allen Ingenieurbeschäftigten stieg so in diesem Zeitraum prozentual von 6 Prozent auf 11 Prozent. Vom gesamten Beschäftigungszuwachs in Ingenieurberufen (263.760 Beschäftigte) entfielen rund 26 Prozent (68.159 Beschäftigte) auf zugewanderte Fachkräfte.
Die meisten von ihnen kommen aus Indien, der Türkei, Italien, China, Frankreich und Spanien und verdienen im Schnitt zwischen 5.411 (25-44 Jahre) und 6.750 Euro (45+). Von ihnen stammen auch 13 Prozent der 2020 angemeldeten Patente in Deutschland.
Die höchsten Anteile ausländischer Ingenieurinnen und Ingenieure gibt es in Bayern, Hessen, Thüringen, Brandenburg und Berlin. Vor allem im forschungs- und patentstarken Großraum München habe sich die Zuwanderung als wichtiger Faktor für die Fachkräftesicherung erwiesen, so Plünnecke. „Hier arbeiten mit 11.681 Personen die meisten ausländischen Ingenieurinnen und Ingenieure – und damit mehr als in ganz Hessen und fast doppelt so viele wie Niedersachsen.” Insgesamt haben im Landkreis München 23,7 Prozent der in Ingenieurberufen Beschäftigten eine ausländische Staatsangehörigkeit, Starnberg verzeichnet den bundesweit höchsten Wert von 29,3 Prozent.
Auch in anderen Regionen ist der Anteil ausländischer Beschäftigter hoch: Der Ilm-Kreis in Thüringen kommt auf 25,1 Prozent, der Main-Taunus-Kreis auf 23,4 Prozent und die Region um Frankfurt an der Oder auf 22,8 Prozent. Unter den zwölf Kreisen/Städten mit den höchsten Anteilen von ausländischen Staatsangehörigen an der sozialversicherungspflichten Beschäftigung in Ingenieurberufen sind sechs in Bayern, drei in Hessen und je einer in Thüringen, Brandenburg und Berlin.
Um zugewanderte Fachkräfte bei der Integration in Arbeitswelt und Gesellschaft zu unterstützen, hat der VDI das Projekt VDI-Xpand initiiert. Projektleiter ist der VDI-Arbeitsmarktexperte Ingo Rauhut. Im Zentrum von VDI-Xpand steht ein Mentoring-Programm, mit dem zugewanderten Ingenieurinnen und Ingenieuren ein berufserfahrenes VDI-Mitglied zur Seite gestellt wird. Das überwiegend online durchgeführte Angebot wird ergänzt durch Netzwerkveranstaltungen vor Ort. Der mit Mitteln aus dem bundesweiten Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung” (IQ) geförderte Ansatz ist 2024 erfolgreich als Pilot in Nordrhein-Westfalen gestartet.