Der letzte Puzzle-Stein für PICs

Vollintegrierte Silizium-Photonik wird Realität

7. Januar 2025, 6:35 Uhr | Heinz Arnold
Ergänzt durch eine neuartige Ring-Geometrie minimiert die Multi-Quantum-Well-Struktur aus ultradünnen Schichten aus Silizium-Germanium-Zinn und Germanium-Zinn die Energieaufnahme und die Wärmeentwicklung des neuen Lasers und ermöglicht so einen stabilen Dauerbetrieb bei 90 K.
© Forschungszentrum Jülich / Jhonny Tiscareno

Der erste elektrisch gepumpte Halbleiterlaser mit kontinuierlichem Betrieb ist da. Er besteht aus Elementen der »Siliziumgruppe« und löst ein zentrales Problem der On-Chip-Photonik: die nahtlose Verbindung von optischen und elektronischen Komponenten auf einem einzigen Chip.

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Denn der neue Laser lässt sich direkt auf Siliziumchips integrieren. Er ist aus ultradünnen Schichten aus Silizium-Germanium-Zinn und Germanium-Zinn aufgebaut.

»Seit fast einem Jahrzehnt erforschen wir die faszinierenden Möglichkeiten von Germanium-Zinn-Legierungen (GeSn). Die Entwicklung eines hocheffizienten, elektrisch gepumpten Lasers war von Anfang an eines unserer großen Ziele. Dieser Durchbruch ist ein weiterer Beleg für das enorme Potenzial von GeSn-Legierungen für unterschiedliche Anwendungen, in diesem Fall für photonische«, sagt Dr. Dan Buca, vom Peter Grünberg Institut – Halbleiter-Nanoelektronik (PGI-9) am Forschungszentrum Jülich.

Ohne PICs keine KI und kein IoT

Mit den rasanten Fortschritten in der KI und dem IoT, also der zunehmenden Vernetzung intelligenter Geräte, steigt der Bedarf an leistungsstarker und energieeffizienter Hardware. Die optische Datenübertragung bietet hier klare Vorteile: Sie ermöglicht den Transport großer Datenmengen bei minimalen Interferenzen und Energieverlusten. Während sie heute vor allem für Distanzen über einem Meter eingesetzt wird, erweist sich die optische Datenübertragung zunehmend auch über kürzere Reichweiten als vorteilhaft. Ein zentrales Ziel ist die Integration entsprechender optischer Komponenten direkt in Mikroprozessoren – diese würden dann vergleichbar mit Transistoren direkt bei der Chip-Fertigung strukturiert. Im Fokus der Forschung steht deshalb die Entwicklung kostengünstiger photonischer integrierter Schaltkreise (PICs), die sowohl die Leistung verbessern als auch die Herstellungskosten senken können.
 
In den letzten Jahren hat die Silizium-Photonik bereits große Fortschritte erzielt. Schlüsselkomponenten wie Hochleistungsmodulatoren, Fotodetektoren und Wellenleiter konnten bereits erfolgreich monolithisch auf Siliziumchips integriert werden. 

Endlich integrierbar: Elektrisch gepumpte Laser

Doch ein zentraler Baustein fehlte bislang: eine elektrisch gepumpte Lichtquelle, die ausschließlich auf Materialien der vierten Hauptgruppe basiert. Üblicherweise verwendete III-V-Halbleiter, die aus anderen Hauptgruppen stammen, lassen sich nur schwer mit Silizium kombinieren – ein Material, auf dem die gesamte Chipfertigung beruht. Das macht die Herstellung aufwändig und teuer. Der neue Laser schließt diese Lücke und gilt daher als das »letzte fehlende Puzzlestück« der Silizium-Photonik. Da er mit der klassischen CMOS-Technologie kompatibel ist, kann er nahtlos in bestehende Siliziumprozesse integriert werden.
 
Der Laser basiert auf einer sogenannten Multi-Quantum-Well-Struktur, die aus ultradünnen Schichten aus Silizium-Germanium-Zinn und Germanium-Zinn besteht. Die Struktur wurde speziell an die Eigenschaften dieser Legierungen angepasst. Ergänzt durch eine neuartige Ring-Geometrie, minimiert sie den Energieverbrauch und die Wärmeentwicklung und ermöglicht so einen stabilen Dauerbetrieb bei 90 K.

Der erste Laser aus Halbleitern der vierten Hauptgruppe 
 
Im Gegensatz zu früheren Germanium-Zinn-Lasern, die optisch gepumpt wurden und hohe Energien benötigten, arbeitet der neue Laser auch elektrisch. Dazu benötigt er gerade einmal eine Stromstärke von 5 mA und eine Spannung von 2 V – vergleichbar mit einer Leuchtdiode. Auf Standard-Siliziumwafern gefertigt, ist dieser Laser damit der erste »wirklich nutzbare« Laser aus Halbleitern der vierten Hauptgruppe.  

Was noch getan werden muss
 
Obwohl der Laser bereits einen bedeutenden Fortschritt darstellt, besteht weiterhin Optimierungsbedarf. Insbesondere gilt es, die Laserschwelle weiter zu senken und einen stabilen Betrieb bei Raumtemperatur zu ermöglichen. Die Forscher sind aber optimistisch, dass das bald gelingen könnte. Denn die frühen Germanium-Zinn-Laser, die zunächst nur optisch gepumpt wurden und nur für den Einsatz bei kryogenen Temperaturen geeignet waren, konnten mittlerweile erfolgreich für den Betrieb bei Raumtemperatur angepasst werden. Und das Entwicklungspotenzial der Germanium-Zinn-Laser sei noch längst nicht ausgeschöpft.
  
Ein optisch gepumpter Laser wird durch eine externe Lichtquelle angeregt, um das Laserlicht zu erzeugen. Bei einem elektrisch gepumpten Laser geschieht dies durch einen elektrischen Strom. Elektrisch gepumpte Laser sind in der Regel energieeffizienter, weil sie Strom direkt in Laserlicht umwandeln.
 
Die Forschungsgruppe unter der Leitung von Dr. Dan Buca am PGI-9 des Forschungszentrums Jülich leistet seit Jahren Pionierarbeit auf dem Gebiet Zinn-basierter Gruppe-IV-Legierungen. In enger Zusammenarbeit mit Partnern wie dem IHP, der Universität Stuttgart, CEA-Leti, C2N-Université Paris-Sud und dem Politecnico di Milano haben die Forschenden bereits das Potenzial dieser Materialsysteme für Anwendungen in der Photonik, Elektronik, Thermoelektrik und Spintronik demonstriert. Mit der Entwicklung des neuen Lasers rückt die Vision einer vollständig integrierten Silizium-Photonik als All-in-One-System für die nächste Generation von Mikrochips in greifbare Nähe.

Die Ergebnisse der Forschungsarbeit wurden in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

 


 


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