Mit dem multimodalen Dünnfilmtransistor haben Forscher der University of Surrey ein Bauelement mit einzigartiger Funktionsweise vorgestellt. Dieses könnte den Beginn für eine völlig neuartige Elektronik einläuten, einschließlich Robotersteuerung, KI und unüberwachtes maschinelles Lernen.
Üblicherweise steuern Gate-Elektroden den Stromfluss in einem Transistor. Mit dem Bauelement, den ein Forscherteam der University of Surrey entwickelt hat, erfolgt das Ein- und Ausschalten unabhängig von der Höhe des durch den Transistor fließenden Stroms. Dadurch kann der sogenannte Multimodal-Transistor (MMT) mit einer höheren Geschwindigkeit als vergleichbare Bauelemente arbeiten. Dies könnte Ingenieuren auch eine noch nie dagewesene Designfreiheit für stark vereinfachte Schaltungen geben.
Der vorgestellte multimodale Dünnfilmtransistor bietet ein breites Funktionsspektrum, das sich aus der getrennten Steuerung von Ladungsträgerinjektion und deren Transport ergibt. Er nutzt im Wesentlichen verschiedene Bereiche der aktiven Materialschicht für zwei komplementäre Bauelementfunktionen und ist materialunabhängig. Die anfängliche Implementierung verwendet ausgereifte Prozesse, um sich auf die grundlegenden Vorteile des Bauelements zu konzentrieren.
Da die Schaltgeschwindigkeit zehnmal höher ist als bei heutigen Transistoren, die Eingangs-Ausgangs-Abhängigkeit linear ist und das Bauteil sehr tolerant auf Prozessschwankungen reagiert, lassen sich verzerrungsarme Verstärker und Signalwandler mit reduzierter Komplexität realisieren. Floating-Gate-Designs eliminieren die störende Drain-Spannungskopplung für überragende analoge Speicher oder Datenverarbeitung. Dieser vielseitige Baustein eröffnet bedeutende neue Möglichkeiten für Dünnschichttechnologien, einschließlich kompakter Schaltungen für integrierte Verarbeitung am Edge und energieeffiziente Analogberechnungen.
Einer der Durchbrüche ist die Unempfindlichkeit des MMT gegenüber parasitären Effekten, die dazu führen, dass Transistoren nicht mehr in der Lage sind, gleichförmige, sich wiederholende Signale zu erzeugen. Diese haben die traditionellen Floating-Gate-Designs seit ihrer Erfindung im Jahr 1967 behindert, aber diese neue Struktur verspricht effiziente Analogberechnungen für Robotersteuerung, KI und unüberwachtes maschinelles Lernen.
Hochleistungsfähige Wearables und umweltfreundliche Einweg-KI-Elektronik
Dr. Radu Sporea, Projektleiter und Lehrbeauftragter für Halbleiterbauelemente an der University of Surrey, sagte: »Unser multimodaler Transistor stellt einen Paradigmenwechsel im Transistordesign dar. Er könnte die Art und Weise verändern, wie wir zukünftige elektronische Schaltungen herstellen. Trotz seiner elegant einfachen Grundfläche könnte er der Schlüssel für zukünftige Wearables und Geräten jenseits des heutigen Internet der Dinge sein.«
Eva Bestelink, die Miterfinderin des MMT, erklärte: »Es war eine unglaubliche Reise, seit ich während meines Bachelor-Studiums an Dr. Sporea mit der Idee herangetreten bin, ein Bauelement zu schaffen, das auf neuronalen Funktionen basiert. Als wir 2017 begannen, konnten wir uns nicht alle Vorteile vorstellen, die sich aus einem relativ einfachen Bauteildesign ergeben würden. Ich habe das Glück, Teil einer Gruppe zu sein, die aufgeschlossen und bereit ist, neue Ideen zu erforschen.«
Dr. Sporea hat sich vom Forschungsrat für Ingenieur- und Physikwissenschaften auch ein Early Career Fellowship im Wert von mehr als 1 Million Pfund gesichert, um die weitere Entwicklung des MMT zu unterstützen.
Originalpublikation
E. Bestelink, et al, Versatile Thin‐Film Transistor with Independent Control of Charge Injection and Transport for Mixed Signal and Analog Computation, Adv. Intell. Syst.. doi: 10.1002/aisy.202000199