Nachdem der Automotive-Markt zu den wichtigsten Wachstumstreiber für den diesjährigen Halbleitermarkt zählt, dürften den die europäischen Halbleiterherstellern gute Zeiten bevorstehen, denn Infineon, STMicroelectronics und NXP gehören bereits heute vom Umsatz her zu den fünf größten Halbleiterherstellern für Automotive. Hinzu kommt, dass die europäischen Automobilhersteller neue Technologien treiben. Dazu zählt Ahad Buksh, Analyst für Automotive-Halbleiter bei IHS Technology, insbesondere ADAS-Anwendungen, Fortschritte in der Telematik und in der Connectivity (Infotainment) sowie die Hybridisierung des Antriebs (Start-Stopp-Systeme und HEV/EV). Buksh: »Der Halbleiterumsatz im Antriebsstrang von HEVs soll zwischen 2013 und 2018 mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 20 Prozent pro Jahr zulegen. Im Infotainment-Bereich liegt die Wachstumsrate für Telematik und Connectivity bei 18 Prozent, für ADAS bei 16 Prozent.«
Hinsichtlich des immensen Preisdrucks, der zumindest den Mikrocontroller-Herstellern zu schaffen macht, weist Buksh darauf hin, dass die Automobilindustrie selbst ebenfalls mit Preisdruck zu kämpfen hat. In Hinblick auf die Mikrocontroller hält er es aber dennoch für möglich, dass die Preissenkungen 2015 sehr begrenzt ausfallen werden, und zwar aufgrund der benötigten höheren Performance und des Bedarfs an größeren integrierten Speichern. Buksh bleibt ein wenig vage: »Das Gleichgewicht zwischen Rechenleistung, Die-Größe und Volumen könnte zu stabileren Preisen führen.« Anforderungen an die funktionale Sicherheit (wie ISO 26262) würden ebenfalls dafür sorgen, dass Preise und Wert künftiger Mikro-Komponenten, sprich MCUs/MPUs/Prozessoren, aufrechterhalten bleiben. »Diese Anforderungen laufen dem Preisverfall entgegen«, so Buksh weiter. Anders sieht es bei den Applikationsprozessoren aus. Hierfür sprechen aus seiner Sicht mehrere Punkte. Dazu zählt er die höheren Preise der Applikationsprozessoren im Vergleich zu kostengünstigen Mikrocontrollern. Hinzu kommt die neue Konkurrenz seitens verschiedener Hersteller von »Consumer«-ICs. Und als letzten Grund nennt er das starke Volumenwachstum auf der Seite fortschrittlicher Infotainment-Systeme. Buksh: »Aus diesen Gründen werden bei Applikationsprozessoren wahrscheinlich höhere Preisverfälle auftreten als bei den Mikrocontrollern.«
Consumer-ICs für Automotive
Aus der Sicht von Buksh spielt die Consumer-Elektronik speziell im Infotainment eine große Rolle. Gemäß einer IHS-Marktanalyse gewinnen genau in diesem Applikationssegment neue Consumer-IC-Anbieter, aber auch die Smartphones, Marktanteile zulasten traditioneller Anbieter. Ein Beispiel ist nVidia, dessen Prozessoren im Infotainment zu finden sind. Buksh: »Wir gehen davon aus, dass der Umsatz von nVidia 2014 um über 80 Prozent auf 136 Mio. Dollar gewachsen ist.« Ein weiteres Beispiel sind Sensoren, die in Navigationssysteme wandern. Buksh: »Bosch Sensortec und STMicroelectronics werden anfangen, diesen Markt mit Consumer-artigen Produkten zu überfluten.« Der Marktforscher sieht diese Strategie schon bei anderen Anbietern wie Intel und Qualcomm und glaubt, dass weitere wie Marvell, AMD und Samsung wohl folgen werden. Dennoch bleibt Qualität ein wichtiges Thema. Deshalb glaubt er, dass die Consumer-Elektronik hauptsächlich im Infotainment-Bereich relevant ist, nicht in sicherheitskritischen Anwendungen. Buksh: »Eine Ausnahme stellt STMicroelectronics als Hersteller von Consumer-Sensoren dar, denn das Unternehmen hat begonnen, Safety-konforme Airbag-Sensoren an einen wichtigen Tier-One zu liefern.« Für sicherheitskritische Segmente seien Qualität und Haftung weiterhin entscheidende Anforderungen, so dass sich traditionelle Hersteller für Sensoren und Halbleiter (wie Freescale, Texas Instruments, NXP, Infineon, Bosch, Renesas, STMicroelectronics) für einige Zeit noch in einer gesicherten Position befinden.