Alex Lidow, Efficient Power Conversion

»Wir können Silizium-MOSFETs nun direkt attackieren!«

25. September 2018, 14:00 Uhr | Ralf Higgelke
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Integration überwindet physikalische Einschränkungen

WEKA Fachmedien, Alex Lidow, Efficient Power Conversion, PCIM 2018
Spezifischer Einschaltwiderstand über die Durchbruchspannung. Die aktuellen Gen5-Bausteine von EPC sind etwa 300x von den theoretischen Leistungsgrenzen von Galliumnitrid entfernt.
© Efficient Power Conversion EPC

Nach einem Blick in die Vergangenheit, kommen wir nun zur Zukunft. Auf dem Technical Seminar auf der APEC 2018 sagten Sie, Integration sei der Königsweg für Galliumnitrid. Warum?

Unsere aktuellen Produkte der fünften Generation sind etwa dreihundertmal von den theoretischen Belastungsgrenzen entfernt. Ein GaN-Transistor ließe sich wie gesagt um den Faktor 300 schrumpfen, dann ließe sich aber der Strom nicht mehr hinein- und herausbekommen. Begrenzender Faktor ist die Anschlussfläche auf der Platine. Die einzige Möglichkeit, diese Herausforderung zu lösen, besteht darin, weitere Komponenten und Funktionen auf dem Chip zu integrieren.

Nehmen wir ein Beispiel: Eine diskrete Halbbrücke enthält zwei Transistoren mit je drei Anschlüssen, also insgesamt sechs Anschlüsse. Eine monolithisch integrierte Halbbrücke hat jedoch nur fünf Anschlüsse. Sie sparen sich also einen Anschluss. Ein anderes Beispiel: Multilevel-Wandler. Als diskrete Lösung mag er vielleicht zehn verschiedene Anschlüsse benötigen, aber in einem monolithisch integrierten Baustein sind im Prinzip nur der Ein- und Ausgang sowie der Steueranschluss vorhanden.

WEKA Fachmedien, Alex Lidow, Efficient Power Conversion, PCIM 2018
So haben sich die eGaN-Geräte von EPC über die verschiedenen Generationen hinweg entwickelt. Die physikalischen Grenzen für zukünftige Generationen lassen sich nur überwinden, wenn ICs anstelle von Einzeltransistoren eingesetzt werden.
© Efficient Power Conversion EPC

Ist der Platzbedarf für die Anschlüsse die einzige Restriktion?

Genau genommen geht es gar nicht um den Platzbedarf an sich, sondern um die Elektromigration an der Schnittstelle zwischen Leiterplatte und Bauteil. Stellen Sie sich die Elektromigration als einen reißenden Strom von Elektronen vor, die durch die Metallschicht strömen und gegen die Atomkerne stoßen. Durch die Wucht der Elektronen verschieben sich die Atomkerne ganz allmählich, und es bilden sich Fehlstellen in der Metallschicht. Für jedes Metall gibt es eine Grenze, wie hoch die Stromdichte für eine bestimmte Zeit sein darf.

Mit der fünften Generation sind wir an dieser Grenze angekommen, mit der nächsten Generation werden wir diese überschreiten. Daher arbeiten wir daran, diese Herausforderung zu lösen. Es gibt verschiedene Optionen, zum Beispiel dickere Metallschichten oder schwerere Metalle, damit die Atomkerne nicht so stark herumgeschoben werden. Wenn man aber die Transistorstrukturen um das dreinhundertfache schrumpfen möchte, muss man völlig andere Wege gehen, und die Integration ist einer davon.

Als wir uns das letzte Mal auf der PCIM 2017 trafen, sagten Sie mir, dass Sie nächstes Jahr weitere ICs haben werden. Bitte erzählen Sie ein wenig mehr darüber, was Sie seitdem erreicht haben.

Wir haben mehrere neue Produkte, allein fünf neue Demoboards. Diese sind uns sehr wichtig, weil sie zeigen, wie leistungsfähig unsere Produkte sind.

Dabei übernehmen wir das gesamte Engineering, um das Beste aus unseren GaN-Lösungen herauszuholen. Im März 2018 haben wir auch zwei ICs vorgestellt, den EPC2112 und den EPC2115. Beide enthalten den Treiber auf dem gleichen Chip wie der Leistungstransistor. Beim EPC2115 sind zwei HEMTs (Anm. d. Red.: High Electron Mobility Transistor) und deren Treiber auf einem einzigen Chip integriert.

Ich erinnere mich, dass Sie gesagt haben, Ingenieuren beizubringen, mit GaN-Transistoren zu arbeiten, sei so, als würde man einem Käfer-Fahrer beibringen, wie man einen Ferrari steuert.

(Lacht) Absolut! Wir müssen unseren Kunden Entwicklungskits zur Verfügung stellen, bei denen wir bereits einen Großteil der harten Arbeit für sie geleistet haben. So können unsere Kunden für jedes Produkt sofort ein entsprechendes Design-Kit mit allen Gerber-Dateien bestellen.

Wir haben ein 700-Watt-Demo-Board mit fünf Phasen, das 48 Volt auf 12 Volt wandelt und eine Leistungsdichte von 1250 Watt pro Kubikzoll (76,3 kW/l, Anm. d. Red.) hat. Wir haben auch eine kleinere Version mit nur einer Phase mit 1400 Watt pro Kubikzoll (85,4 kW/l; Anm. d. Red.). Der EPC9204 ist ein Point-of-Load-Wandler für 12 Volt bis ein Volt mit einer Schaltfrequenz von bis zu zehn Megahertz.

Wie bereits erwähnt, haben wir zwei ICs veröffentlicht, bei denen wir den Treiber mit dem Transistor monolithisch auf dem gleichen GaN-Chip integriert haben. Dies erspart dem Anwender den zusätzlichen Aufwand, Treiber und Schalter getrennt einzustellen.

Ein solcher Chip lässt sich auf einen Mikroprozessor aufsetzen, und ein Logiksignal mit wenigen Milliampere reicht aus, um die Stromversorgung des Mikroprozessors mit etwa sieben Megahertz anzusteuern. Viele der Probleme mit der Empfindlichkeit des Layouts und der parasitären Induktivitäten sind dadurch gelöst.

Mein Ziel ist die monolithisch integrierte Halbbrücke mit allen Treibern und Level-Shiftern. Das ist eine große Herausforderung, in die wir viel Geld investieren. Aber letztendlich kann dies die Definition einer Leistungskomponente verändern: von einem einzelnen Transistor zu einer kompletten Halbbrücke mit Level-Shiftern und Treibern. Nötig sind dann nur Anschlüsse für den Ein- und Ausgang sowie für die Logiksignale zur Ansteuerung der Komponente.


  1. »Wir können Silizium-MOSFETs nun direkt attackieren!«
  2. Integration überwindet physikalische Einschränkungen
  3. Monolithisch integrierte Wandler werden kommen

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