FMCW-Radarsysteme

Komplexe Signalverarbeitung im Basisband

11. Dezember 2017, 10:25 Uhr | Von Karthik Ramasubramanian
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Verbesserte Rauschzahl

Der unmittelbarste Vorteil der komplexen Signalverarbeitung im Basisband ist die Verbesserung der Rauschzahl, die durch den Wegfall der durch Faltung verursachten Einkopplung von Rauschen aus dem Spiegelfrequenzband erzielt werden kann. Verglichen mit der Rauschzahl bei Einseitenbandmodulation (SSB – Single Side Band), die stellvertretend für eine Schaltung zur Verarbeitung des realen Signalteils steht, entspricht die effektive Rauschzahl der Verarbeitung komplexer Signale der verbesserten Rauschzahl im Zweiseitenbandbetrieb (DSB – Double Side Band).
Theoretisch kann die Verbesserung der Rauschzahl bis zu 3 dB betragen. In der Praxis fällt sie jedoch etwas geringer aus und ist außerdem anwendungsspezifisch. Dies hängt mit den Verlusten zusammen, die sich durch das Aufspalten des empfangenen Signals in den I- und den Q-Pfad ergeben, und dem folglich größeren Beitrag des ZF-Rauschens zur Gesamt-Rauschzahl. Ungeachtet dessen ist aber mit einer Schaltung zur komplexen Signalverarbeitung im Basisband in jedem Fall eine Verbesserung der effektiven Rauschzahl zu erreichen.

Besonders wichtig ist diese Verbesserung bei Radarsystemen, die von einer Rauschglocke des Senders dominiert werden – z.B. Amplitudenrauschen oder unkorreliertes Phasenrauschen. In diesen Radarsystemen dominiert das Rauschen, das durch die Antennenankopplung entsteht oder durch Reflexionen an Objekten in unmittelbarer Nähe, wie z.B. dem Stoßfänger in Automobilen bei Abstandsradarsensoren, das thermische Grundrauschen im Empfänger. Unter solchen Bedingungen lässt sich mit einer komplexen Signalverarbeitung im Basisband eine Verbesserung der Rauschzahl um 3 dB erreichen.

Höhere Störfestigkeit

In einem LFMCW-Radarsystem enthält das Spiegelfrequenzband, wie weiter oben ausgeführt, ausschließlich Rauschen und ist frei von jeglichen gewünschten Signalen. Bei einer Verarbeitung komplexer Signale im Basisband kann deshalb das Spektrum des Spiegelfrequenzbandes überwacht werden, um Interferenzen zu detektieren und/oder das thermische Rauschen präzise und ohne Störsignale zu berechnen.

Zum Beispiel lässt sich an einem Signal oder einer Energiespitze im Spiegelfrequenzband einfach erkennen, dass es bzw. sie von einem störenden Radarsystem hervorgerufen wird – ohne etwaige Unklarheiten darüber, ob die Ursache in einem echten Objekt liegen könnte. Die Detektierung und Unterdrückung von Störungen durch andere Radarsysteme ist also ohne Verwechslung mit echten Objekten möglich.

Da eine komplexe Signalverarbeitung im Basisband außerdem eine Einkopplung von Rauschen durch Faltung aus dem Spiegelfrequenzband unterbindet, ist die Störfestigkeit gegen etwaige Störungen im Spiegelfrequenzband größer. In einer Schaltung die nur den realen Signalanteil verarbeitet werden dagegen Störgrößen, die sich im Spiegelfrequenzband befinden oder es durchlaufen, auch in den Signalfrequenzbereich (In-Band) übertragen, sodass diese Schaltung anfälliger für Störungen ist und sich als weniger leistungsfähig erweist.

Kompensation von Signallaufzeiten

In einer typischen Radarschaltung, die mit mehreren Empfängern zum Steuern der Antennencharakteristik arbeitet, müssen die Laufzeiten der HF-Signale in den Antennenzuleitungen und HF-Schaltungen aneinander angepasst werden, um die korrekte Funktion zum Beamforming zu gewährleisten. Hieraus resultieren bestimmte Restriktionen für das Führen der Leiterbahnen beim Leiterplatten-Layout und die Anpassung der HF-Bauelemente von Kanal zu Kanal.

In diesem Zusammenhang wird nochmals auf Bild 3 verwiesen. Darin ist zu sehen, dass die Laufzeit bei LFMCW-Radarsystemen gleichbedeutend mit einer Frequenzverschiebung ist. Die Differenzfrequenz fZF ist proportional zur Laufzeit tV des Radarsignals für den Hin- und Rückweg. Gemäß dieser Beobachtung müssten sich unterschiedliche Laufzeiten in der Radarschaltung mithilfe digitaler Frequenz- und/oder Phasenverschiebungen kompensieren lassen.

In einer Schaltung zur Verarbeitung komplexer Signale im Basisband lassen sich Laufzeit-Abweichungen und/oder ungleiche Phasengänge der einzelnen Kanäle auf elegante Weise digital kompensieren – sogar vor der FFT-Verarbeitung. Dazu werden auf die komplexen I- und Q-Datenwerte der einzelnen Empfangskanäle unterschiedliche digitale Frequenz/Phasen-Korrekturen angewandt.

Weniger empfindlich gegen Intermodulationsprodukte

Bekanntermaßen führen Nichtlinearitäten, z.B. die kubische Nichtlinearität, zum Entstehen von Intermodulationsprodukten bei 2f1 – f2 und 2f2 – f1, wenn zwei Signale mit den Eingangsfrequenzen f1 und f2 vorliegen.

In LFMCW-Radarempfängern kann das Vorhandensein eines starken Reflexionssignals – verursacht von der Antennenankopplung oder dem Stoßfänger in Automobilanwendungen – zusammen mit einer starken Reflexion an einem zu erfassenden Objekt zum Entstehen von Intermodulationsprodukten führen, die sich als Geisterobjekte bemerkbar machen.

In den meisten Fällen wird das von der Antenne oder dem Stoßfänger stammende Reflexionssignal (P1) stark sein und eine Frequenz (f1) von nahe null haben. Das Intermodulationsprodukt bei 2f1 – f2 wäre deshalb groß und würde in das Spiegelfrequenzband fallen, bei ca. –f2.

In einer Radarschaltung, die nur den realen Signalanteil verarbeitet, würde dieses Intermodulationsprodukt in das In-Band gefaltet und dort den Signal-Rauschabstand im Bereich des Signals bei f2 beeinträchtigen, das von der Reflexion des tatsächlichen Objekts stammt. Eine für die Verarbeitung komplexer Signale ausgelegte Schaltung dagegen mildert dieses Problem deutlich ab, da es hier zu keiner Faltung ins Spiegelfrequenzband kommt.

Redundanz zur Überwachung der funktionalen Sicherheit

Die Verfügbarkeit von zwei ZF- und ADU-Kanälen für I und Q sorgt indirekt für eine gewisse Redundanz, die beim Überwachen der funktionalen Sicherheit helfen kann. Auch hier ist bei einem uneingeschränkt funktionsfähigen System das Spiegelfrequenzband frei von jedem gewünschten Signal. Es lässt sich also die Energie im Spiegelfrequenzband mit der im Signalfrequenzband vergleichen, um Fehler im I- oder Q-Kanal zu erkennen. Dies wiederum kommt der Überwachung der funktionalen Sicherheit den ZF- und ADU-Stufen zugute.

Erkennung naher Objekte

Eine Schaltung zur Verarbeitung komplexer Signale im Basisband gestattet präzise Berechnungen der Amplitude und Phase der Reflexion sehr naher Objekte. Anhand der I- und Q-Ausgangssignale können die Frequenz und die Phasenlage von Differenzfrequenzsignalen mit sehr niedriger Frequenz nahe 0 Hz, die durch Reflexion an sehr nahen Objekten hervorgerufen werden, genauer berechnet werden. Wegen der niedrigen Frequenz der Signale und des kurzen Beobachtungsfensters während eines Chirps gestalten sich derartige Berechnungen weitaus schwieriger, wenn die Radarschaltung nur die realen Signalanteile verarbeitet.


  1. Komplexe Signalverarbeitung im Basisband
  2. Verbesserte Rauschzahl
  3. DSP-Anforderungen

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