Renesas Electronics/Reality AI

KI – Schritt für Schritt zum Komplettanbieter

1. August 2022, 15:12 Uhr | Iris Stroh
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Viel Aktivitäten im KI-Bereich

Die Übernahme von Reality AI ist nur ein Schritt, der zeigt, dass Renesas derzeit extrem aktiv im KI-Sektor ist, ein weiterer Beweis ist die Investition in Syntiant, ein Hardware-Spezialist für KI …

Stimmt, Syntiant ist ein Spezialist für Hardware und neuronale Netze, sprich ein Unternehmen, das Komplettlösungen einschließlich ihrer eigenen Hardware, also neuronale Prozessoren + Software + Modell, anbietet. Syntiant ist Spezialist, wenn es um Spracherkennung, insbesondere um Wake-up-Funktionen auf Basis von Sprache geht. Sie bieten eine schlüsselfertige Lösung, aber wie gesagt, Syntiant ist primär auf Sprache und insbesondere auf Wake-up-Feature mittels Sprache fokussiert. Jeder, der sein System mit der Stimme aufwecken möchte, ist hier an der richtigen Stelle. Damit ist aber auch klar, dass es sich hierbei, um einem sehr spezialisierten Ansatz handelt. Cyberon ist im Vergleich ein Anbieter, der eine ähnliche Kompetenz wie RealityAI bietet und HW-agnostisch ist. Syntiant hat eigenes Silizium, Software und KI-Tools. Das Unternehmen ist im Bereich der Spracherkennung tätig und mit ihren NDP-basierten Produkten absolut hervorragend in der Lage, Stimmen in lauten Umgebungen mit ihrem integrierten Lösungsangebot zu erkennen. Durch die Kombination unserer DRP-basierten KI-Kameralösungen mit den Produkten von Syntiant haben wir nun eine Kamera mit einer Aufwach-Funktion per Sprache. Diese Lösungen werden mithilfe von Sprachbefehlen aktiviert, so dass die Kamera, sobald sie in Betrieb ist, u. a. Funktionen wie die Gesichtserkennung ausführen kann. Im Gegensatz dazu ist das Angebot von Cyberon komplementär zu unseren bestehenden Ansätzen, hierbei geht es weniger darum, IP zu integrieren oder Hardware in unsere eigene zu implementieren. Im Unterschied zu Syntiant hat Cyberon seine eigenen KI-Modelle, die hardwareunabhängig sind, aber für uns geht es darum, die Modelle von Cyberon mit unseren eigenen MCUs als zusätzliche Funktionalität zu integrieren.

Renesas hat noch weitere Partnerschaften angekündigt, zum Beispiel mit Hailo…

Stimmt und auch in diesem Fall ist der Grund sehr ähnlich. Wir sind absolut überzeugt, dass KI immer wichtiger wird. Im Gegensatz zu Reality AI geht es bei unseren anderen Partnern darum, dass sie sehr spezifische Lösungen für einen speziellen Anwendungsbereich anbieten. Wir halten KI insgesamt für sehr wichtig, weil wir überzeugt sind, dass diese Technologie die Industrie als Gesamtheit verändern wird. Deshalb sind wir überzeugt, dass Inferenz-Modelle für die Zukunft der Halbleiterindustrie wesentlich wichtiger sein werden als Trainings-Algorithmen. Das bestätigen auch Daten, denn es gibt eine Menge von Informationen, die im Edge verarbeitet werden müssen.

Renesas entwickelt aber auch selbst KI-Beschleuniger, steht das nicht in direkter Konkurrenz?

Das ist eine gute Frage. Wir sind zwar auf die HW-Entwicklung fokussiert, doch kann es in einigen Fällen passieren, dass unsere Partnerschaften/Übernahmen mit unseren eigenen hardwarespezifischen Ansätzen konkurrieren. Wir arbeiten aber intensiv daran, diese Fälle zu minimieren. Im weiteren Sinne geht es jedoch darum, dass Kunden mit uns zusammenarbeiten wollen, unabhängig davon, ob wir den Hardware-Beschleuniger entwickelt haben oder ob sie in den Genuss von Hardware von Drittunternehmen kommen, Hauptsache wir lösen ihr Problem. Ich betrachte das als eine Art »Coopetition«, die durchaus sinnvoll ist.

Noch eine ganz andere Frage: Renesas hat in Arduino investiert, doch sicherlich nicht aus Umsatzgründen?

Nein, aber wie Sie wissen, verfolgt Renesas zwei Ansätze: »Broader and Deeper«. »Deeper« bedeutet, dass wir in den Bereichen, in denen wir bereits aktiv sind, mehr Produkte verkaufen wollen. Bei »Broader« geht es um die Erweiterung unseres Kundenstamms und genau in die Richtung geht unser Investment in Arduino. Arduino hat neben Raspberry Pi die größte Anwender-Basis, wobei Raspberry Pi mehr auf das Higher-End fokussiert ist. Mit diesem Investment können wir ihren Workflow integrieren und erhalten gleichzeitig Zugang zu rund 30 Mio. User, den wir vorher nicht haben. Arduino stellt Entwicklungs-Kits zur Verfügung, die alles Mögliche im Do-it-yourself-Bereich ermöglichen, angefangen von Robotik-Kits, über Kits für Haushaltsanwendungen, bis hin zu Cloud-Anwendungen. Hier geht es Renesas also darum, zu verstehen, wie die Weiterentwicklungen aussehen werden und damit in der Lage zu sein, dass in Zukunft unsere Halbleiter genutzt werden. Wir wollen im Laufe der Zeit der bevorzugte Hardware-Anbieter werden. Das bedeutet zwar nicht, dass sich diese Entwickler immer für unsere ICs entscheiden, aber auch dann erhalten wir mit diesem Engagement ein besseres Verständnis dafür, warum sie sich beispielsweise gegen unsere ICs entschieden haben. So oder so erhalten wir einen viel besseren Einblick in die Sichtweise einer sehr breiten User-Basis. Dabei geht es also nicht direkt um Umsatzgenerierung, sondern mehr darum, die Sichtweise von vielen Anwendern zu verstehen und zukünftiges Geschäft zu sichern, denn Studenten, die heute mit Renesas entwickeln, erinnern sich später daran, womit sie gute Erfahrungen gemacht haben.

Abseits von KI, hat Renesas noch eine weitere Partnerschaft mit Tata bekanntgegeben, was sind die Ziele von Renesas?

Indien ist ein interessanter Markt. Konkurrenten von uns haben eine sehr starke Präsenz in Indien, was die Entwicklungsaktivitäten, das VLSI-Design etc. angeht. Wir sprechen hier von mehreren tausend Mitarbeitern. Renesas hingegen ist bislang auf dem indischen Markt nicht sehr aktiv. Wir sind zwar seit einigen Jahren vor Ort, aber mit einer relativ kleinen Mannschaft.

Wir haben zwar mit anderen Drittanbietern zusammengearbeitet, aber es wäre sinnlos für uns gewesen, unsere Kapazitäten in Indien mit unserem geringen Bekanntheitsgrad zu erweitern. Die Partnerschaft mit Tata ermöglicht es uns, mit einer sehr bekannten Marke zusammenzuarbeiten. Gleichzeitig dürften wir von der Trendwende profitieren, die auf dem indischen Markt zumindest wahrscheinlich ist: die indische Regierung steckt viel Geld in die Halbleiterindustrie.

Tata stellt für uns eine sehr gute Möglichkeit dar, unseren Fußabdruck zu vergrößern und wichtige Talente für unser gemeinsames Innovationszentrum zu gewinnen, das wir dort einrichten. Damit können wir außerdem den indischen Markt mit einem der größten Konglomerate in diesem Bereich anprechen. Denn zu Tata gehört nicht nur Tata Motors, sondern auch Jaguar Land Rover, eine ganze Reihe von Industrieunternehmen etc.

Ist die Partnerschaft exklusiv, sprich entwickelt Renesas Produkte, die ausschließlich an Tata gehen?

Nein. Aber wir werden sicherlich bestimmte Lösungen entwickeln, die insbesondere für Tata von Vorteil sind, beispielsweise im Kommunikationsbereich, sprich Komponenten, die Tata helfen, den 4G- und 5G-Markt zu erobern. Tata Communications entwickelt 4G-Lösungen und bald auch 5G-Lösungen für den Einsatz auf dem indischen Markt, aber das Unternehmen will auch weltweit aktiv werden. Tata, insbesondere Tejas Networks, ist heute auf dem globalen Kommunikationsmarkt noch recht klein, aber wir sind überzeugt, dass das Unternehmen im Laufe der Zeit an Größe und Umfang zunehmen wird, so dass die Zusammenarbeit mit Tata auf der Entwicklungsseite für uns zu diesem Zeitpunkt sehr viele Vorteile bringt. Dasselbe gilt für die Automobilindustrie: Wir arbeiten mit Tata derzeit auf dem Gebiet von Elektrofahrzeugen zusammen, aber wir würden die Zusammenarbeit sicherlich ausweiten.

Ich denke, dass diese Partnerschaft eine Win-Win-Situation für beide Unternehmen ist: Renesas erweitert seine Aktivitäten in Indien und Tata erhält Zugriff auf unsere Technologien, mit denen sich das Unternehmen differenzieren kann. Außerdem ist damit für Tata auch eine gewisse Liefersicherheit verbunden, ein ebenfalls wichtiger Punkt für Tata.


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