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GlobalWafers-Übernahme ist geplatzt

1. Februar 2022, 7:07 Uhr | dpa ha
Herstellung eines 300-mm-Ingots bei Siltronic, aus dem Wafer für die IC-Fertigung geschnitten werden.
© Siltronic

GlobalWafers kann Siltronic nicht übernehmen, weil die börsenrechtliche Frist am 31. Januar abgelaufen ist.

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GlobalWafers hat Siltronic mitgeteilt, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine Unbedenklichkeitsbescheinigung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz erteilt wurde oder als erteilt gilt und damit die Vollzugsbedingungen nicht vollständig innerhalb der Frist eingetreten sind. Das Übernahmeangebot wird daher nicht vollzogen, sondern ist erloschen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz habe die notwendige Genehmigung nicht erteilen können, weil dazu die Zeit gefehlt habe. »Bis zum Ablauf dieser Frist konnten nicht alle notwendigen Prüfungsschritte im Rahmen der Investitionsprüfung abgeschlossen werden«, erklärte eine Ministeriumssprecherin. »Das betrifft insbesondere die Prüfung der erst in der letzten Woche erfolgten kartellrechtlichen Genehmigung durch die chinesischen Behörden.« Globalwafers reagierte mit Enttäuschung.

Das Bundeswirtschaftsministerium hatte die Übernahme zwar seit ungefähr einem Jahr geprüft. Doch die chinesische Wettbewerbsaufsicht hatte die Genehmigung für die knapp 4,4 Mrd. Euro schwere Transaktion erst vor Kurzem, am 21. Januar, erteilt. Die Behörde verhängte dabei Auflagen: Demnach hätte Globalwafers binnen sechs Monaten sein Geschäft rund um das Zonenziehverfahren verkaufen müssen – eine Herstellungsvariante für Siliziumwafer. Zudem sollte der Konzern weiterhin chinesische Kunden beliefern. Diese Bedingungen hätte das Ministerium genauer untersuchen wollen.

Für die Übernahme wäre eine so genannte außenwirtschaftliche Unbedenklichkeitsbescheinigung in Deutschland erforderlich gewesen. Dabei prüft das Bundeswirtschaftsministerium, ob durch ausländische Investitionen in inländische Unternehmen eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit für die Bundesrepublik zu erwarten ist.

Das Prüfverfahren sei mit Ablauf der Frist rechtlich gegenstandslos geworden, erklärte die Ministeriumssprecherin. »Sollte das Unternehmen einen neuen Anlauf nehmen für einen neuen Erwerb, dann wird die Investitionsprüfung selbstverständlich erneut vorgenommen.«

»Angesichts unserer Bemühungen um eine für beide Seiten akzeptable Lösung und unserer langen und erfolgreichen Geschichte in Europa ist dieses Ergebnis sehr enttäuschend«, sagte Globalwafers-CEO Doris Hsu laut einer Pressemitteilung des Unternehmens. »Wir werden selbstverständlich weiterhin eng mit unseren europäischen Kunden zusammenarbeiten, von denen viele die vorgeschlagene Transaktion unterstützt haben. Wir werden die Nicht-Entscheidung der deutschen Regierung analysieren und ihre Auswirkungen auf unsere künftige Investitionsstrategie prüfen.« Globalwafers will nach eigenen Angaben am Sonntag über die Pläne für die alternative Verwendung der für die Transaktion vorgesehenen Mittel informieren.

Grundlage für die Prüfverfahren des Ministeriums ist die im vergangenen Jahr verschärfte Außenwirtschaftsverordnung. Seitdem gibt es neue Meldepflichten für Investitionen in Hoch- und Zukunftstechnologiesektoren. Dazu gehören zum Beispiel die Bereiche künstliche Intelligenz, autonomes Fahren, Robotik, Halbleiter, Cybersicherheit, Luft- und Raumfahrt oder Nukleartechnologie.

Die Zahl der Investitionsprüfungen steigt nach Angaben aus Ministeriumskreisen seit Jahren an. Demnach gab es im vergangenen Jahr 306 solcher Verfahren, nach 160 im Jahr 2020, 106 im Jahr 2019 und 78 im Jahr 2018.

Vertreter von Regierung und Opposition begrüßten die ausgebliebene Genehmigung. Der Vize-Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Hannes Walter (SPD), steht nach eigenen Angaben hinter der Entscheidung. »Technologische Souveränität gewinnen wir nicht dadurch, dass wir unser Tafelsilber veräußern«, sagte Walter dem Handelsblatt. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Julia Klöckner, sagte der Zeitung: »Deutschland ist ein attraktiver Investitionsstandort. Gerade deswegen ist es richtig, dass wir auch unsere Sicherheitsinteressen im Blick halten.«

Die Münchner Siltronic gehört zu den führenden Herstellern von Wafern. Vorstand und Aufsichtsrat hatten das Übernahmeangebot begrüßt. Letzte Hürde wäre die Unbedenklichkeitserklärung des Bundeswirtschaftsministeriums gewesen. Siltronic beschäftigt rund 4000 Mitarbeiter und produziert unter anderem im sächsischen Freiberg. Das größte Werk steht in Singapur.

Globalwafers ist nach eigenen Angaben der größte Wafer-Lieferant in Europa. Vorstandschefin Doris Hsu hatte vor Kurzem erklärt, ihr Unternehmen habe weitreichende Absicherungen angeboten. »Allein das zeigt deutlich, dass wir kein ausländischer Käufer von Schlüsseltechnologien sind, sondern – ebenso wie Taiwan – ein starker Partner für die europäische Halbleiterindustrie.« Sollte die Übernahme scheitern, würde Globalwafers andere Investitionspläne außerhalb Europas verfolgen, hatte sie angekündigt.

Das zwischen Siltronic und GlobalWafers geschlossene Business Combination Agreement sieht vor, dass in dem Fall, dass erforderliche regulatorische Freigaben nicht fristgemäß erteilt werden, GlobalWafers an Siltronic eine Termination Fee in Höhe von EUR 50 Mio. bezahlt.


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