Das Fraunhofer-Institut IMWS bringt seine Kompetenzen in der Qualitätssicherung von hochkomplexen Elektronikbauelementen in die APECS-Pilotlinie ein, die kürzlich den ersten Förderbescheid des Landes Sachsen-Anhalt erhalten hat.
»Mit dem Fokus auf innovative Heterointegrations- und Chiplet-Technologien kann Europa auf vorhandenen Stärken aufbauen und sich eine führende Position für einen Schlüsselaspekt künftiger Elektronik-Anwendungen sichern«, sagte Prof. Dr. Armin Willingmann, Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt, zur Übergabe des Förderbescheids in Höhe von 1,26 Mio. Euro.
Denn dies ist das Ziel der Pilotlinie für »Advanced Packaging and heterogeneous Integration for Electronic Components and Systems« (APECS), die im Rahmen des EU-Chips-Acts mit insgesamt 730 Mio. Euro gefördert wird: Die Stärkung der europäischen Elektronikindustrie durch gezielte Unterstützung von innovativen Technologien und fortschrittlichen Fertigungsverfahren.
Ein wichtiger Baustein der APECS-Pilotlinienfertigung ist die Qualitätssicherung, also das funktionale Testen der Bauelemente und die Analyse von prozessbedingten Defekten, die Bewertung von anwendungsspezifischen Ausfallrisken und die Aufklärung von Versagensmechanismen. Dies ist eine Kernkompetenz des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale) und hat hohe Relevanz, um die Tauglichkeit der elektronischen Bauelemente für den späteren Einsatz insbesondere für zuverlässigkeitskritische Anwendungen wie der Automobilelektronik zu sichern.
»Die enorme Komplexität im Bereich der Heterointegration, also der Kombination unterschiedlicher Halbleitertechnologien in einem kompakten Bauelement, ist eine große Herausforderung für die Qualitätssicherung und Fehlerdiagnostik. Die immer kleiner werdenden elektrischen Kontaktstrukturen in solchen High-Performance-Bauelementen, die sehr komplexen Verschaltungen und dreidimensionalen Aufbauten und die wachsende Vielfalt von Materialien und Grenzflächen erfordern zahlreiche neue mikrostrukturelle Analyseverfahren, um mikro- und nanometerskalige Defektausbildungen identifizieren und bewerten zu können. Genau hier bringen wir unser langjähriges Know-how ein«, sagt Frank Altmann, Leiter des Geschäftsfelds »Werkstoffe und Bauelemente der Elektronik« am Fraunhofer IMWS. »Mit der Erweiterung unseres Analyseparks bauen wir unsere führende Rolle in der mikrostrukturbasierten Fehlerdiagnostik weiter aus und bleiben auch zukünftig ein attraktiver Partner für unsere Industriekunden.«
Das Fraunhofer IMWS spielt damit eine entscheidende Rolle beim Aufbau der APECS-Pilotlinie, denn es erforscht an der Pilotlinie Fehler- und Zuverlässigkeitsrisiken für neue Elektroniktechnologien. Die Ergebnisse werden und Industriepartnern zur Verfügung gestellt.
»Unsere Beteiligung an der APECS-Pilotlinie ist sowohl eine Auszeichnung unserer bisher erbrachten wissenschaftlichen Leistungen im Bereich Mikroelektronik als auch eine große Chance für das Institut, wichtige Impulse für Zukunftstechnologien zu setzen und neuste Ansätze aus der Forschung in die industrielle Anwendung zu bringen«, sagt PD Dr. Christian Schmelzer, kommissarischer Institutsleiter des Fraunhofer IMWS.
Die APECS-Pilotlinie, die von der Fraunhofer-Gesellschaft koordiniert und von der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) umgesetzt wird, konzentriert sich dabei auf neue Technologien für die Systemintegration und den Einsatz von Chiplets. Durch das Zusammenführen mehrerer Chiplets ergibt sich ein »System in Package«. Werden dabei Chiplets kombiniert, die auf verschiedenen Technologien basieren (z.B. Silizium-Technologie, photonische Chips), spricht man von Heterointegration. Sie ermöglicht eine besonders hohe Integrationsdichte sowie eine flexible und skalierbare Architektur.
Die APECS-Pilotlinie hat eine Finanzierung von 730 Mio. Euro über einen Zeitraum von 4,5 Jahren erhalten, die vom Joint Undertaking Chips der EU und den nationalen Förderungen aus Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Österreich, Portugal und Spanien im Rahmen der Initiative Chips for Europe bereitgestellt werden.
Dem Konsortium gehören zehn Partner aus acht europäischen Ländern an, die jeweils ihr Fachwissen und ihre Infrastruktur einbringen. In Deutschland beteiligen sich das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) sowie die Länder Sachsen, Berlin, Bayern, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt an der Förderung der Pilotlinie.