Warum es in bestimmten Anwendungen darauf ankommt, Nanoimprint-Lithografie und Inkjet-Technik auf einer Plattform zu integrieren, erklärt Dr. Thomas Glinsner, Corporate Technology Director der EV Group, im Interview mit Markt&Technik.
Nur so können beispielsweise AR-Brillen in hohen Stückzahlen wirtschaftlich gefertigt werden.
Markt&Technik: EVG arbeitet mit dem Inkjet-Spezialisten Notion zusammen, um die Nanoimprint-Lithografie, kurz NIL, mit der Inkjet-Technik zu kombinieren und ein integriertes System auf der eigenen »Hercules«-Nanoimprint-Lithografie-Plattform anzubieten. Was rechtfertigt den Aufwand? Warum genügt es nicht, die Schritte auf zwei getrennten Maschinen hintereinander auszuführen?
Dr. Thomas Glinsner: Grundsätzlich funktioniert das und wird in R&D und für kleine Stückzahlen auch gemacht. Aber wenn in hohen Stückzahlen produziert werden soll, dann ist es wirtschaftlicher, beide Schritte in einer Maschine zu integrieren. Ein geschlossenes, einheitliches System hat zudem den Vorteil, dass die Wafer nicht aus der Anlage herausgenommen werden müssen und so die Partikelbelastung sehr gering gehalten wird.
EVG legt den Prozess vor allem für die Fertigung der Waveguides auf AR-Brillen aus. Dieser Marktsektor ist heute allerdings von hohen Stückzahlen noch weit entfernt.
Die AR- und VR-Brillen werden im Moment noch nicht in hohen Volumen gefertigt. Sie befinden sich aber auf dem Weg dorthin, das sehen wir auf den einschlägigen Konferenzen sowie durch unsere Kundenprojekte. Die Hochvolumentauglichkeit unserer Maschinen ist für diese Anwendung belegt und qualifiziert worden, die Lieferkette bestehend unter anderem aus Materialien, Master-Lieferanten und Downstream-Prozessen ist etabliert.
Was jedoch fehlt, ist die entscheidene Anwendung, sozusagen der »Breakthrough«-Use-Case der AR Brillen seitens der Endanwender, auf den wartet der ganze Markt gespannt – so auch wir von EVG. Des Weiteren finden unsere Anlagen Anwendung im Wafer-Level-Optics-Bereich wie Mikrolinsen oder DOEs. Auch sie werden in AR-Brillen benötigt, außerdem im Sensing oder Automotive-Bereich. Nicht zuletzt bedienen wir mit unserem Equipment seit Jahren den Biotechnologie-Markt.
Warum ist es so interessant, NIL mit Inkjet zu kombinieren?
Um die Waveguides für AR-Brillen zu realisieren, müssen größere und kleinere Strukturen nebeneinander sitzen. Wenn das Coating der verwendeten Materialien über Spincoating erfolgt, dann schwankt die Restschichtdicke sehr stark. Mit Inkjet-Coating hingegen kann der Resist strukturspezifisch aufgebracht werden. Dazu wird das Dispensvolumen auf die jeweiligen Dimensionen der Waveguides sehr genau abgestimmt, um gleichmäßige Restschichtdicken und in der Folge einen guten Strukturübertrag durch Ätzen zu erreichen.
In welchem Bereich liegen die Dimensionen der Strukturen der Waveguides?
Für die Waveguides liegen sie zwischen 200 und 400 nm. Für die Herstellung von Chips für die Biotechnik müssen sie teilweise noch deutlich niedriger ausfallen. Metalinsen benötigen sogar Strukturen von unter 100 nm.
Wie klein können die Strukturen werde, die mithilfe der NIL gefertigt werden?
Wir können deutlich unter 50 nm kommen, und wir haben für ein R&D-Projekt sogar schon gezeigt, dass wir Strukturen von unter 10 nm erreichen. Unabhängig von der Strukturgröße spielt die Pattern-Fidelity eine große Rolle. Sie muss über die ganze Prozesskette stabil gehalten werden, um so eine hohe Reproduzierbarkeit und gleichbleibende Qualität zu erhalten. Das Wissen um alle Einflussfaktoren ist hierfür ausschlaggebend, um jegliche Strukturgrößen- und typen vom Prototypen ins Hochvolumen zu bringen. Hier haben wir in den letzten Jahren einiges an Know-how gesammelt.
Welche Rolle spielen die Materialien dabei?
Die Gläser für AR-Anwendungen sollten einen möglichst hohen Brechungsindex erreichen (derzeit ca. 1,9), die Resins sollten darauf abgestimmt sein und ebenfalls auf 1,9 kommen. Selbst mit Nanopartikeln gefüllte Materialien konnten wir bereits Strukturen von unter 50 nm fertigen. Herausfordernd ist dabei eine homogene, gleichbleibende Verteilung der Nanopartikel im Imprint selbst – auch das ist durch unsere Technologie und die dafür extra abgestimmten Materialien kein Problem.
Welche Inkjet-Nozzels können Verwendung finden?
Notion System kann prinzipiell mit allen Inkjet-Nozzels arbeiten. Es muss vorher aber immer getestet werden, ob sie zu den verwendeten Materialien kompatibel sind.
Sie haben gesagt, dass Sie kleine Strukturen für sehr wichtig halten. Wäre das in Zukunft eine Alternative zur optischen Lithografie und sogar zu EUV, wie Canon Nanotechnologies es offenbar vorhat?
Gemäß den letzten Publikationen von Canon Nanotechnologies wollen sie Speicher-ICs mittels NIL fertigen. Wir wollen allerdings nicht mit den etablierten Verfahren für die IC-Fertigung in Wettbewerb treten, sondern erwarten, dass NIL in den neu entstehenden Märkten AR/VR-Brillen, Biotechnologie, Automotive (Lidar) und Metalinsen schnell in die Hochvolumenfertigung kommt.
Gibt es bereits Produkte, die mithilfe von NIL in hohen Stückzahlen gefertigt werden?
Ja, Linsen für Kameras, wo die Strukturgrößen im mm-Bereich liegen. Hier sehen wir uns, was die Maschinen angeht, die bereits in hohen Stückzahlen diese Linsen produzieren, weltweit in einer Spitzenposition. Dasselbe gilt auch für die Maschinen, die bereits im Umfeld der Biotechnologie und der AR/VR-Gläser arbeiten. Mit der neuen Kombination aus NIL und Inkjet sind wir gerüstet, wenn diese Techniken weiter in die Phase der Hochvolumenproduktion eintreten werden.
Nanoimprint und Inkjet kombiniert
EV Group (EVG) und Notion kombinieren ein Nanoimprint-Lithografiesystem mit Inkjet-Beschichtungsfunktion, um Augmented/Virtual-Reality-Gratings in hohen Stückzahlen zu fertigen. Im Rahmen der Vereinbarung werden die beiden Unternehmen ein maßgeschneidertes Inkjet-Modul entwickeln, das in die Hercules-Nanoimprint-Lithografie-Plattform (NIL) auf Basis der »SmartNIL«-Technologie von EVG integriert werden soll. Das neue Digitaldruck-Modul ergänzt die bestehenden Spin-Coating-Module von EVG und wird als alternative Option für das Auftragen von Fotolacken auf NIL-Substrate für das High-Volume-Manufacturing (HVM) angeboten, die besondere Anforderungen an die Schichtaufbringung und -gleichmäßigkeit stellen.