Unschlagbar genügsam und leistungsstark

Analoge KI-Prozessoren für Edge-Geräte

26. Juli 2022, 6:00 Uhr | Heinz Arnold
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Erster analoger »Matrix«-KI-Prozessor: 25 TOPS für 3 bis 4 W

Die Hardware allein stellt aber nur einen Teil des Gesamtkonzepts dar. Denn es kommt auch darauf an, die richtige Software und eine einfach zu nutzende Entwicklungsumgebung zur Verfügung zu stellen, um die hohe Leistungsfähigkeit des KI-Prozessors schlussendlich »auf die Straße bringen zu können«, in diesem Fall also ins System. Deshalb hat Mythic die Software und den Compiler selbst entwickelt und auf die Hardware abgestimmt, wie Vehling erklärt: »Die Anwender können mit unserem analogen ›Matrix‹-KI-Prozessor so arbeiten, als ob es sich um einen ganz normalen digitalen Prozessor handeln würde.« Das Besondere: Die analoge Hardware ermöglicht sehr hohe Rechenleistungen bei erstaunlich geringen Taktfrequenzenim zwei- bis dreistelligen MHz-Bereich. Auch das trägt wesentlich dazu bei, dass die Prozessoren so wenig Leistung aufnehmen.

Den ersten analogen »Matrix«-KI-Prozessor hat Mythic jetzt unter der Bezeichnung »M1076« vorgestellt. Er steht derzeit in Mustern zur Verfügung und kommt auf nicht weniger als 25 Tera Operations pro Sekunde (TOPS) – bei einer Leistungsaufnahme von nur 3 bis 4 W. Vehling: »Diese Rechenleistung erreichen bisher nur speziell dafür ausgelegte digitale System, beispielsweise von Nvidea, die mindestens 50 W benötigen und Tausende von Dollar kosten.« Der »M1076« ist dagegen in einem BGA-Gehäuse untergebracht, das eine Fläche von 19 mm x 15,5 mm einnimmt.
Trotz der hohen Leistungsfähigkeit müssen die Prozessoren nicht in den neusten Prozesstechnologien gefertigt werden: Den »M1076« fertigt die Foundry UMC mithilfe eines 40-nm-Prozesses. Die zweite Generation auf Basis eines 28-nm-Prozesses wird demnächst folgen. »Kleine Chipgröße bei höchster Performance, das können eben nur Prozessoren, die analog arbeiten«, so Vehling.

Mit der eigenen analogen Matrix-Prozessoren sieht sich Vehling in einer einzigartigen Position: »Wir waren die ersten, die analoge Prozessoren entwickelt haben, jetzt gibt es zwar einige weitere Unternehmen die aber weniger Rechenleistung bieten und auch sehr viel simpler aufgebaut sind. Deshalb werden sie auch für sehr viel einfachere KI-Aufgaben eingesetzt.« Auch die anspruchsvolleren Aufgaben in die Cloud auszulagern, wie das beispielsweise intelligente Lautsprecher tun, sei für viele Aufgaben nicht der richtige Weg: »Die Reaktionszeiten wären für viele Edge-Anwendungen einfach zu lang.« Nach seinen Worten hat sich Mythic deutlich höhere Ziele gesetzt und zielt mit den Matrix-Prozessoren auf vielfältige Einsatzgebiete ab: von der Video-Überwachung über den Einsatz in Drohnen, Robotics und Augmented Reality bis zu Automotive, etwa in der Objekterkennung.

Denn die hohe KI-Rechenleistung bei geringer Leistungsaufnahme verleiht batteriebetriebenen Geräten einen neuen Grad an Autonomie. So können Drohnen DNNs für die Bildverarbeitung und die Verarbeitung der übrigen Sensordaten nutzen, um sich viel selbstständiger als bisher in ihren Umgebungen zurechtzufinden. Ihre Bediener müssen nun nicht mehr ständig in Kontakt zu ihnen stehen, um größere Infrastrukturen wie Übertragungsnetze und Pipelines zu überwachen. Ein weiteres Beispiel: Überwachungskameras müssen nicht jeden einzelnen Frame an einen Server zur Auswertung übertragen, was die Bandbreiteanforderungen und die Energieaufnahme drastisch reduziert. Plötzlich können Sicherheitskameras batteriebetrieben arbeiten.

Das Konzept hat offenbar auch die Investoren überzeugt: Nach dem Abschluss der Runde-C-Finanzierung sind insgesamt 165 Mio. Dollar in das Start-up geflossen. Unter anderem finden sich so illustre Namen wie Black Rock, HPW, SoftBank und Lockeed Martin unter den Geldgebern. Derzeit beschäftigt Mythic 150 Mitarbeiter an den Standorten in Kalifornien und Texas.

Weil aus all diesen Gebieten eine hohe Nachfrage besteht und Mythic bereits in Mustern liefern kann, ist Tim Vehling für die nähere Zukunft außerordentlich optimistisch: »Derzeit liefern wir Tausende Prozessoren und planen für die Zukunft Millionen, weil ich weiß, wie viele Kunden ein sehr hohes Interesse daran haben.« 
 


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