Akira Matsuzawa, emeritierter Professor des Tokyo Institute of Technology und CEO von Tech Idea, betont in seiner Eröffnungsrede, dass die Mixed-Signal-Technologien entscheidend zur Digitalisierung beigetragen haben und auch in Zukunft nicht unterschätzt werden sollten.
Aus der Sicht von Matsuzawa waren die letzten Jahrzehnte dadurch geprägt, dass analoge Geräte durch digitale ersetzt wurden. Angefangen hat es mit den Schallplatten, die durch CDs ersetzt wurden. Aber auch NTSC- und PAL-Fernsehsysteme wurden durch digitale Fernsehgeräte ersetzt, VHS-Videorekorder durch DVD-Rekorder, und analoge drahtlose Kommunikation durch digitale drahtlose Kommunikation. Matsuzawa: »Die Digitalisierung dieser Geräte und Systeme ist auf den technologischen Wechsel von Bipolar- zu CMOS-Technik und die Entwicklung von skalierbarer Logik- und Speicherschaltungen zurückzuführen, aber auch die Mixed-Signal-Technik, wie ADCs und DACs, war unverzichtbar.
Von Analog zu Digital
»CDs kamen 1983 auf den Markt«, erklärt Matsuzawa weiter, das war das erste digitale Consumer-Gerät. Für die Musikwiedergabe war ein DAC mit 16 Bit Auflösung und einer Bandbreite von 20 kHz notwendig, »ein durchaus teurer Baustein«, so Matsuzawa. Zur Fertigung wurde eine 20-V-Bipolartechnologie verwendet. Der Dünnschichtwiderstand auf Basis von Nichrom-Elementen wurde per Laser getrimmt, um die 16-Bit-Genauigkeit zu gewährleisten. Der Chip gilt als der weltweit erste monolithische 16-Bit-IC für digitales Audio und wird von der IEEE als einer ihrer Meilensteine anerkannt.
Die Digitalisierung bei Fernsehern zielte hauptsächlich auf die Verbesserung der Auflösung. Und auch wenn die Entwicklungen bereits in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre begannen, die eigentliche digitale TV-Übertragung ist erst in den 2000er Jahren gestartet, also mehr als 20 Jahre später. In der zweiten Hälfte der siebziger Jahre war die ADC-Entwicklung noch nicht so weit fortgeschritten. Damals gab es lediglich bipolare 8-Bit-ADCs für Video, die extrem teuer waren. Matsuzawa arbeitete damals bei Panasonic und laut seiner Aussage hat das Unternehmen 1981 einen 8-Bit-ADC und 1982 einen 10-Bit-ADC für Videodaten auf den Markt gebracht. Zu dieser Zeit war laut seiner Aussage die CMOS-Technologie für die S&H-Schaltungen (Sample and Hold) noch nicht verfügbar, die Lösung war ein Flash-ADC mit einer Unzahl von Komparatoren, aber: »Die ersten Flash-ADS haben so viel wie ein Auto gekostet«, erklärt Matsuzawa weiter. HDTV benötigte eine A/D-Wandlung eines Breitband-Videosignals von etwa 25 MHz (von der Kamera), was eine Wandlungsrate von 75 MSPS oder mehr erfordert. Auch das war laut Matsuzawa damals ein Problem, denn solche Hochgeschwindigkeits-ADCs gab es schlichtweg nicht. 1984 entwickelte Panasonic einen 8-Bit-Flash-ADC mit 120 MSPS mithilfe von bipolaren Transistoren. Für höhere Geschwindigkeiten und geringeren Stromverbrauch wurde die Bipolar-Technik mit einer Trench-Isolation verwendet. 1994 wiederum hatte Panasonic einen 10-Bit-ADC mit 300 MSPS entwickelt, bei dem die selbstentwickelte Interpolationstechnologie für Flash-ADCs implementiert wurde. Er wurde für die Glasfaserübertragung von HDTV-Signalen eingesetzt. Matsuzawa: »Später ging das Digitalfernsehen zu einer Bildkompressionstechnologie auf der Grundlage von MPEG mit Hilfe von Computer Vision über, die bis zum heutigen Tag verwendet wird. Obwohl der in den achtziger Jahren entwickelte ADC für Videosysteme mit bipolarer und BiCMOS-Technologie im heutigen Digitalfernsehen nicht mehr verwendet wird, unterstützte er die frühe Entwicklungsphase digitaler Fernsehsysteme.«
Matsuzawa weist noch auf viele weitere Beispiele hin, die belegen, welche Entwicklungsfortschritte im Mixed-Signal-Bereich vollzogen werden mussten, um heutige digitale Consumer-Geräte Wirklichkeit werden zu lassen. Dazu gehören auch tragbare Camcorder, die die Entwickler dazu zwangen, die Leistungsaufnahme deutlich zu senken. CCD-Bildsensoren wiederum machten die Entwicklung von Hochgeschwindigkeits-ADCs mit einer Auflösung von etwa 12 bis 14 Bit notwendig, um den hohen Dynamikbereich des Bildsignals zu bewältigen. Matsuzawa: »Für CCD-Bildsensoren werden hauptsächlich Pipeline-ADCs verwendet. Sie werden aber auch für die drahtlose Kommunikation verwendet, insbesondere für Basisstationen, aber die erste Massenanwendung für diese Wandler waren die CCD-Bildsensoren.« Er erklärt weiter, dass in der drahtgebundenen Kommunikation aufgrund von Dämpfungseigenschaften der Leitungen mittlerweile extrem schnelle ADCs mit etwa 100 Gbit/s mit 6 bis 8 Bits mit einer interleaved SAR-Architektur eingesetzt werden, um die Frequenzcharakteristik mithilfe eines DFEs (Decision Feedback Equalizer) zu verbessern. »Auch bei den drahtlosen Kommunikationssystemen hat sich die analoge Kommunikation zur digitalen Kommunikation entwickelt«, so Matsuzawa weiter. Also kommen hier ebenfalls Mixed-Signal-Schaltungen wie ADCs und DACs zum Einsatz und wie bei der drahtgebundenen Kommunikation geht es auch hier darum, die Datenraten ständig zu erhöhen. Wobei er hinzufügt, dass es in der drahtlosen Kommunikation nicht nur um eine größere Bandbreite und ein besseres SNDR (Signal-to-Noise-and-Distortion Ratio) geht, sondern dass es auch zu Inferenzen kommt und dass eine nichtlineare Verzerrung erforderlich ist, um Intermodulationen zu unterdrücken. Dementsprechend kommen verschiedene ADCs zum Einsatz, je nachdem wie der Empfänger aufgebaut ist, einschließlich einfacher Pipeline-ADCs und ADCs mit SAR-Architekturen bis hin zu CT-ΔΣ-ADCs (CT: Continuous Time). Matsuzawa: »Die Bandbreite, die von CT-ΔΣ-ADCs abgedeckt werden kann, ist in letzter Zeit auf etwa 465 MHz mit einer MASH-Architektur und 800 MHz mit einer CT-Pipeline-Architektur gestiegen, um eine große Bandbreite zu unterstützen, die für die neuesten Funkanwendungen benötigt wird.« In Basisstationen erfolgt laut seiner Aussage mittlerweile die HF-Abtastung mit einem ADC, der es möglich macht, dass der für drahtlose Systeme erforderliche Mischer entfallen kann, und die Abtastfunktion des ADC das HF-Signal direkt in ein Basisbandsignal umwandelt. Eine weitere Anwendung der Mixed-Signal-Technologie in der drahtlosen Kommunikation ist das Beamforming, um das Link-Budjet mithilfe einer Bündelung in eine spezielle Richtung zu erhöhen. »In diesem Fall ermöglicht die Mixed-Signal-Technologie nicht nur Hochfrequenzschaltungen, sondern auch die Steuerung des Strahls, was zu einer unverzichtbaren Technologie für die hochgradig gerichtete mm-Wellenkommunikation geworden ist«, so Matsuzawa weiter. Und weiter: »Die höheren Datenraten von 6G werden Kanalbandbreiten von mehreren GHz benötigen, und das in Kombination mit einer hohen spektralen Effizienz. Damit werden ADCs mit Abtastraten von weit über 10 GHz benötigt und mit einer, je nach Modulationsschema, effektiven Auflösung von bis zu 9 bis 10 Bit – das Ganze für den Einsatz in mobilen Geräten, sprich alles zusammen mit einer geringen Leistungsaufnahme.«
Fortschritte in Mixed-Signal-Schaltungen bleiben unerlässlich
Aus der Sicht von Matsuzawa zeigen die genannten Beispiele wie wichtig Entwicklungen im Mixed-Signal-Bereich sind. Und er ist überzeugt, dass dieser Bereich auch in Zukunft nicht vernachlässigt werden darf. Wobei es aus seiner Sicht in Zukunft nicht nur darum geht, dass mit Mixed-Signal-Schaltungen wie ADCs und DACs Anwendungen möglich werden. Er ist vielmehr überzeugt, dass mit Mixed-Signal-Schaltungen in Zukunft KI-Prozessoren und Quantencomputer realisiert werden. Es heiße beispielsweise, dass für einen KI-Prozessor eine Auflösung von etwa 8 Bit ausreichend ist. Matsuzawa weiter: » Mit diesem Genauigkeitsgrad kann ein Mixed-Signal-CNN im Vergleich zu einer digitalen Technologie eine Energieeffizienz erreichen, die um den Faktor 10 höher liegt.« Bei diesem Beispiel seien der Energieverbrauch, die Umwandlungsgeschwindigkeit und die Siliziumfläche noch nicht zufriedenstellend, aber er erwartet, dass sich diese Werte in Zukunft verbessern werden. Ein weiterer Bereich, in denen die Mixed-Signal-Technik ihre Vorteile ausspielen kann, ist für Matsuzawa die CIM-Technologie (Compute-in-Memory). Aber auch in Quantencomputern, bei denen die Supraleitfähigkeit für die Qubits genutzt wird, wäre eine Schaltung zur Erzeugung und Erkennung von Signalen bei Mikrowellenfrequenzen erforderlich, um den Spin zu steuern. Es werde ein SoC benötigt, das bei einer Temperatur von etwa 1 °K oder 4 °K arbeitet und eine Auslese- und Steuerelektronik enthält, die einem Transceiver ähnelt. Also sei die Entwicklung einer Niedertemperatur-CMOS-IC-Technologie unerlässlich. Aber auch andere Ansätze im Bereich der Quantencomputer benötigen Mixed-Signal-Technologien, Matsuzawa weiter: »In Zukunft wird es notwendig sein, viele ADCs und DACs auf Chips für Quantencomputing zu haben, ähnlich den Spalten-ADCs in Bildsensoren. Es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass sich die Mixed-Signal-Technologie zu einer Kerntechnologie für die analoge Arithmetik entwickelt.«