Als Systemintegrator ist Aaronn Electronic ebenfalls von Lieferengpässen betroffen. Eine frühzeitige Planung sowie die Einbindung von Kunden und Lieferanten ist essenziell. Wie Aaronn die Herausforderung angeht, lesen Sie im Interview mit Geschäftsführer Florian Haidn.
Florian Haidn arbeitete nach seinem Abiturientenstudiengang zum Eurokaufmann zunächst im internationalen Vertrieb bei Kontron. Zuletzt verantwortete er das europäische Channel Management und schloss ein berufsbegleitendes Studium als Dipl. Betriebswirt (VWA) ab. Im Anschluss verantwortete er den Bereich Vertrieb und Marketing bei Aaronn ehe er im Jahr 2018 gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Maik Schauer zum Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma aufstieg.
Herr Haidn, Sie sind seit 2018 einer der Geschäftsführer von Aaronn Electronic. Wie kam es dazu und wie hat sich das Unternehmen seit Ihrem Einstieg – besonders in Zeiten der Pandemie – entwickelt?
Aaronn Electronic wurde im Jahr 1993 gegründet und hat sich über die Jahre von einem Distributor zu einem One-Stop-Shop für Embedded-Systeme entwickelt. Im Zuge eines Management-Buyouts konnten mein langjähriger Kollege Maik Schauer und ich 100 Prozent der Anteile vom Gründer und bisherigen Alleingesellschafter Klaus Lederer erwerben, der sich im Jahr 2018 nach 25 Jahren aus der Firma zurückzog.
Auf die Herausforderungen in der Pandemie konnten wir aufgrund unserer Flexibilität schnell und zielgerichtet reagieren, um unsere Kunden bestmöglich zu unterstützen. So haben wir zum Beispiel langjährigen Kunden eingeräumt, Liefertermine aufgrund der plötzlich einbrechenden Nachfrage kurzfristig zu verschieben, obwohl wir die Ware bereits auf Lager hatten.
Aaronn bietet kundenspezifische Entwicklungen auf Basis von IPCs und Modulen von Advantech, Kontron, Seco und ADLINK an. Aus welchem Grund haben Sie sich für diese Partner entschieden?
Bei unseren Technologiepartnern handelt es sich um die führenden Unternehmen im Bereich Embedded-Computer-Technologie (ECT). Unser Anspruch ist es, für unsere Kunden die Produkte und Dienstleistungen unserer Technologiepartner ihren Anforderungen entsprechend auszuwählen und – gepaart mit unserer Tätigkeit als Systemintegrator – die perfekte Lösung zu erarbeiten. Wir beraten unsere Kunden individuell, unabhängig und partnerschaftlich. Zugleich binden uns viele Kunden eng in ihre Projekte ein, da sie unser technisches Know-how, unsere jahrelange Erfahrung und unser Partnernetzwerk im Bereich ECT sehr schätzen.
Wann landen Kunden bei Ihnen und nicht direkt beim Modulhersteller und welche Vorteile entstehen ihnen hiermit?
Grundsätzlich gibt es keine Formel, wann ein Kunde beim Hersteller landet und wann bei uns. Wir betreuen Kunden aus verschiedenen Bereichen und in unterschiedlichen Größen: vom Ingenieurbüro bis hin zu globalen Konzernen.
Mit einer überschaubaren Organisation wie unserer, können wir Kunden individuell und persönlich betreuen. Unsere Erfahrung zeigt, dass sich viele Kunden selbst bei großen Stückzahlen individuelle Anpassungen wünschen und im besten Falle vorqualifizierte »Subsystem« beziehen wollen. So können sie sich ganz auf ihr Know-how konzentrieren. Das kann ein spezialisierter Systemintegrator in der Regel besser abbilden als ein Volumenhersteller.
Sind Sie – wie viele andere Elektronik-Unternehmen – von Lieferengpässen betroffen? Gibt es Wege, sich für die Zukunft anders aufzustellen, um Engpässe zu vermeiden?
Nachdem wir im letzten Jahr und bis Mitte dieses Jahres den Umständen entsprechend gut durch die Pandemie gekommen sind, sind wir jetzt ebenfalls von Lieferengpässen betroffen. Aus dem Grund ist es wichtig, transparent und offen mit Kunden und Lieferanten zu kommunizieren und individuelle Lösungen zu finden. Es zeigt sich, dass wir mit einigen Kunden die Herausforderungen erheblich besser meistern: Es sind diejenigen, mit denen wir langfristige Mengenkontrakte abgeschlossen und Sicherheitsbestände aufgebaut haben und uns eng hinsichtlich der Projekte und Forecasts abstimmen.
Bereits seit Jahren nutzen wir einen Großteil unseres Kapitals, um unsere Lieferfähigkeit dank eines sehr gut ausgestatteten Lagers auszubauen – den Weg wollen wir weiter beschreiten. Zudem unterstützen wir unsere Kunden dahingehend, beim Design eine Second-Source-Strategie zu berücksichtigen, um kurzfristige Lieferengpässe zu überwinden.
Mit COM-HPC hat die PICMG einen neuen Computermodul-Standard definiert und etabliert. Was denken Sie über COM-HPC und nehmen Sie bereits Projekte mit dem neuen Standard an?
COM-HPC ist gerade dabei, den seit vielen Jahren bewährten COM-Express-Standard nach oben zu ergänzen. Wir sehen bei unseren Kunden ein enormes Interesse an Anwendungen im Bereich IoT und künstliche Intelligenz, jedoch ebenso bei der Nutzung von 5G. All den Planungen gemein ist, dass wesentlich mehr Daten viel schneller – manchmal sogar in Echtzeit – zu verarbeiten sind als bisher.
Aus dem Grund rücken die Anwendungen näher an den Ort des Geschehens: Sie wandern aus dem Rechenzentrum an den Rand der Netzwerke, dem »Edge« – also dorthin, wo Embedded-Systeme schon lange zuhause sind. Deren Zuverlässigkeit, Robustheit und Langlebigkeit wird weiterhin benötigt. Allerdings erwarten Anwender eine deutlich höhere Leistungsfähigkeit und mehr Datendurchsatz – beides vereint COM-HPC. Viele neue Anwendungen im Automotive-Bereich, in der Telekommunikation oder in der Industrie werden dank der größeren Datenrate und Leistungsfähigkeit von COM-HPC möglich sein.
Vielen Dank für das Gespräch Herr Haidn.