Embedded-Prozessortechnik in Satelliten

Die Cloud im Weltall

5. Oktober 2021, 10:00 Uhr | Tobias Schlichtmeier
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Potential nutzbar machen

Unibap entschied sich noch aus einem weiteren Grund für die AMD-Technik: Sie bietet eine geeignete prozessorintegrierte Kombination aus CPU und GPU. Mitunter ein Grund, warum die CPU-Technik von AMD bereits auf der Erde in vielen Vision- und KI-Anwendungen zum Einsatz kommt. Hierbei ist jedoch nicht allein die Grafikleistung der GPUs sowie die Skalierbarkeit der Radeon-Technik entscheidend.

Ebenso ist das Software-Ökosystem für Deep-Learning umfassend und ausgereift. Offene Standards wie Open Source Computer Vision (OpenCV), Open Computing Language (OpenCL) sowie die offene Software-Plattform AMD ROCm liefern eine umfassende Grundlage für fortschrittliches Computing. Denn sie integrieren sowohl CPU als auch GPU. ROCm ist die erste Open-Source-Plattform der Hyperscale-Klasse für beschleunigtes Computing, die unabhängig von einer Programmiersprache ist. Sie bietet die UNIX-Philosophie der Wahl, Minimalismus und modulare Software-Entwicklung für CPUs. Für die eigene Anwendung sind Tools und die Language-Runtime frei wählbar oder sogar selbst entwickelbar, wovon Unibap Gebrauch macht.

Ryzen Embedded V1000

In der SpaceCloud kommen heute verschiedene Produkte aus der Embedded Roadmap von AMD zum Einsatz, darunter die Ryzen-Embedded-V1000-Prozessorfamilie. Hier sind die Zen-CPU- und Vega-GPU-Architekturen in einem System-on-Chip (SoC) vereint. Sie bietet eine hohe Leistung bei kleiner Bauform und einen geringe Leistungsaufnahme. Die »iTemp«-Variante der Ryzen-Architektur arbeitet bei Temperaturen bis -40 °C. AMDs Secure-Run-Technik verschlüsselt Daten im Hauptspeicher und bietet kryptografische Isolation von virtuellen Maschinen, Mandanten und sogar vom Hypervisor selbst und eignet sich somit ebenso für kleine Edge-Clouds in Fabriken, auf denen Anwendungen mehrerer Hersteller vereint werden sollen.

Überzeugt hat Unibap der hohe Grad an Datenintegrität, der sich ebenso für jede andere sicherheitskritische Applikation eignet. Vor allem, wenn Menschenleben in Gefahr sind. Mit zunehmendem Einsatz von KI häufen sich solche Applikationen – vom autonomen Fahren bis hin zu Vision-basierten Robotik-Applikationen.

So liegt die Single Event-Wahrscheinlichkeit für Elektronikgeräte auf Meereshöhe beispielsweise zwischen 10‑8 und 10‑2 Fehlern pro Betriebsstunde. Somit kann es alle 100 Stunden zu einem unerwünschten, gefährlichen Verhalten kommen. AMDs Prozessorfamilie liefert hier höchste Strahlungsresistenz und somit eine hohe Datensicherheit bei kurzen Reaktionszeiten in Echtzeit für KI in autonomen Verkehrssystemen.

Aktuell testet Unibap mit der Ryzen-Embedded-V2000-Serie den nächsten Entwicklungsschritt: Die Kernzahl hat sich verglichen mit der früheren Generation verdoppelt, genauso wie die Performance pro Watt. Da allerdings jeder Processing-Knoten anders auf Strahlungseinflüsse reagiert, sind für jedes neue Produkt spezielle Tests erforderlich, um es auf seine Eignung für Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt zu überprüfen. AMD plant eine bis zu zehnjährige Produktverfügbarkeit der V2000-Serie: Industriekunden und Weltraumingenieure erhalten hiermit eine lange Roadmap für die Lebenszyklus-Unterstützung.

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SpaceCloud
Die SpaceCloud von Unibap kann Bilddaten etwa vom Flug- oder Straßenverkehr nahezu in Echtzeit auswerten, um in kritischen Situationen rechtzeitig reagieren zu können.
© Unibap

Einsatz beim autonomen Fahren

Mit der hohen Kompetenz der AMD-Technik bei Deep-Learning sowie der Robustheit gegen kosmische Strahlung, ist die Technik ebenso für andere Anwendungen prädestiniert. Zum Beispiel in autonomen Logistikfahrzeugen: Deren jährliche Wachstumsrate soll laut Grand View Research bei 63,1 % von 2021 bis 2030 liegen.

Sie erfordern ebenfalls parallele Rechenprozesse bei kurzen Reaktionszeiten in Echtzeit, denn intelligente Vision-Systeme werden hier von entscheidender Bedeutung sein. Technologien wie Kurz- oder Langstreckenradar, Lidar sowie Ultraschall sind bereits bei der adaptiven Geschwindigkeitsregelung im Einsatz und helfen dabei, den Straßenverlauf zu identifizieren. Jedoch sind legiglich intelligente, stereoskopische Vision-Systeme in der Lage, Merkmale wie Verkehrsschilder, Fußgänger, Radfahrer, feststehende und bewegte Objekte sowie andere Gefahren zu erkennen. Sie müssen die Objekte mit höchster Sicherheit unterscheiden und bewerten, um Entscheidungen zu treffen. Erst dann ist vollständig autonomes Fahren möglich.

Solche Vision-Systeme haben dieselben Systemvoraussetzungen wie Satelliten: Es sind echtzeitfähige, autonome Entitäten am Edge, die robust und fehlerfrei arbeiten müssen. Sie müssen hierfür ebenfalls lernfähig sein, um sich anpassen zu können. Eine drahtlose V2X-Infrastruktur ähnelt der SpaceCloud hierbei sehr. So könnte die Unibap-Anwendung im Orbit bald ebenfalls Bestandteil autonomer Fahrzeuge sein.

ROCm Plattform
Die Zusammenarbeit mit bzw. die Beiträge von AMD für die Open-Source-Community unterstützen die Innovationen der ROCm Plattform.
© AMD

Open Source gehört die Zukunft

Die Beiträge von AMD für die Open-Source-Community unterstützen die Innovationen der ROCm-Plattform. Der Ansatz für beschleunigtes Computing und heterogene Auslastung verändert derzeit die Branche. Er gibt Nutzern noch nie dagewesene Flexibilität, Wahlmöglichkeiten und Plattformautonomie. Unibap brachte ROCm auf die V1000-Familie und war hiermit ein weiterer Unterstützer der Open-Source-Community.

Das ROCm-Ökosystem setzt sich aus frei verfügbaren Anwendungen zusammen: Frameworks (Tensorflow/PyTorch), Bibliotheken (MIOpen/Blas/RCCL), Programmierungsmodell (HIP), Unterstützung für miteinander verbundene (OCD) und »nach oben weitergegebene« Linux Kernel – die Plattform wird ständig auf Leistung und Erweiterbarkeit hin optimiert. Die Tools, Anleitungen und Erkenntnisse werden in der ROCm-GitHub-Community und den entsprechenden Foren frei weitergegeben.


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