Für 2-nm-ICs

ZEISS baut das Herzstück für die IC-Fertigung

1. Februar 2024, 9:00 Uhr | Heinz Arnold
Andreas Pecher, Mitglied im ZEISS Vorstand sowie President und CEO der Sparte SMT: »Die High-NA-EUV-Lithographie ermöglicht eine drei Mal so hohe Dichte an Transistoren auf Mikrochips wie bisher, was auch die Rechenleistung vervielfacht. Das von Intel-Mitbegründer Gordon Moore formulierte Moore‘sche Gesetz, demzufolge sich etwa alle zwei Jahre die Anzahl der Transistoren auf einem Mikrochip verdoppelt, wird damit fortgeschrieben.«
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ASML hat vor kurzem sein erstes High-NA-EUV-Lithografie-System ausgeliefert. Das Herzstück dieser weltweit einzigartigen Maschine, das optische System, hat ZEISS entwickelt und hergestellt.

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Die erste Serienfertigung mithilfe des neuen High-NA-Lithografiesystems »TWINSCAN EXE:5000« von ASML soll 2025 bei Intel beginnen, dem ersten IC-Hersteller, der das neue System der zweiten EUV-Generation erhält. Ohne diese Technik könnten die neusten IC-Generationen mit Strukturgrößen von 2 nm und darunter nicht gefertigt werden. Dank des neuen Beleuchtungssystems und der neuen Projektionsoptik, die ZEISS in Partnerschaft mit ASML entwickelt hat, können also noch leistungsfähigere, energieeffizientere und kostengünstigere Chips realisiert werden. 

High-NA-EUV

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»Die feinsten Strukturen, die präzisesten Optiken, die komplexeste Messtechnik: Wenn wir über High-NA-EUV-Lithografie sprechen, geht das nicht ohne Superlative«, sagt Andreas Pecher, Mitglied im ZEISS Vorstand sowie President und CEO der Sparte SMT. »EUV« steht für »extreme ultraviolet«, und bezeichnet Licht der Wellenlänge 13,5 nm. »NA« ist die Abkürzung für »Numerische Apertur«. »High NA« bedeutet, dass ZEISS den Öffnungswinkel seiner Optik gegenüber der vorausgegangenen EUV-Generation noch einmal vergrößern konnte: von 0,33 in den EUV-Maschinen der ersten Generation auf nun 0,55. 

Das Dilemma der hohen NA

Das war nicht so einfach – dazu ein tieferer Blick in die Details:
Um die NA erhöhen zu können, müssten größere Spiegel verwendet werden. Durch die größeren Spiegel vergrößert sich jedoch der Winkel, in dem das Licht auf die Maske trifft. Dadurch verliert die Maske ihr Reflexionsvermögen, so dass die Strukturen nicht auf den Wafer übertragen werden können. Dieses Problem hätte durch eine Verkleinerung der Strukturen um das 8-fache statt um das 4-fache wie bei den Systemen der ersten Generation, den NXE-Systemen gelöst werden können. Aber das hätte bedeutet, dass die Chiphersteller auf größere Masken hätten umsteigen müssen.

Geniale Idee führt aus der Zwickmühle

Stattdessen kommt in der »TWINSCAN EXE:5000« ein geniales Design zum Einsatz: eine anamorphotische Optik. Anstatt das zu druckende Muster gleichmäßig zu verkleinern, wird es von den Spiegeln des Systems in der einen Richtung um das Vierfache und in der anderen um das Achtfache verkleinert. Dadurch wurde der Winkel, in dem das Licht auf die Maske trifft, verringert und das Problem der Reflexion vermieden. Deshalb können die Chiphersteller weiterhin Masken in herkömmlicher Größe verwenden.

Wie gewaltig die Technik über die vergangenen 54 Jahre vorangeschritten ist, zeigt ein kurzer Rückblick: 1970 passten auf einen Mikrochip gerade mal 1.000 Transistoren. Heute sind es bereits mehr als 55 Milliarden. 

Mit High NA gilt Moore´s Law weiter

Das neue High-NA-EUV-Lithografie-System wird diese kaum vorstellbare Zahl noch einmal vervielfachen: »Die High-NA-EUV-Lithografie ermöglicht eine drei Mal so hohe Dichte an Transistoren auf Mikrochips wie bisher, was auch die Rechenleistung vervielfacht«, so Pecher. »Das von Intel-Mitbegründer Gordon Moore formulierte Moore‘sche Gesetz, demzufolge sich etwa alle zwei Jahre die Anzahl der Transistoren auf einem Mikrochip verdoppelt, wird damit fortgeschrieben.«

Technologie der Superlative – europäisches Netzwerk

ZEISS hat rund zehn Millionen Arbeitsstunden in die Forschung und Entwicklung der High-NA-EUV-Lithografie investiert. An der Entwicklung der Technologie sind zudem der strategische Partner ASML und viele weitere europäische Partner beteiligt. »Wir arbeiten immer daran, die Grenzen des technisch Machbaren zu verschieben«, sagt Pecher. »Unser Anspruch ist es, die Digitalisierung weltweit mit unseren Innovationen aktiv zu gestalten, indem wir die Chipindustrie zu neuen Technologiesprüngen befähigen. Dafür setzen wir uns ambitionierte Ziele. Unser langer Atem über mehr als 25 Jahre hat sich nun bezahlt gemacht: Der neue Waferscanner von ASML für die High-NA-EUV-Lithografie ist die modernste, komplexeste und präziseste Maschine zur Mikrochipfertigung der Welt – und wir sind sehr stolz darauf, mit dem optischen System das Herzstück für diese Maschine bereitzustellen.«

Mehr Licht für mehr Details

Mikrochips werden im sogenannten Lithografie-Verfahren in Waferscannern hergestellt. Mit verschiedenen Photomasken werden die unterschiedlichen Lagen der Chipstruktur Schicht für Schicht auf den Wafer belichtet – ähnlich wie bei einem Diaprojektor. Essenzieller Bestandteil der Waferscanner ist das optische System von ZEISS. Darin sind Spiegel verbaut, die das Licht reflektieren und nanometergenau an die richtige Stelle lenken. »Durch die größere numerische Apertur und die neuen Spiegel für die High-NA-EUV-Lithografie können wir mehr Licht einfangen und damit noch detailreicher und präziser belichten. Erfahrungsgemäß gilt: je kleiner die Chipstrukturen werden sollen, desto größer ist das optische System aus Projektionsoptik und Beleuchtungssystem«, sagt Dr. Peter Kürz, Leiter des Geschäftsfelds High-NA-EUV-Lithografie von ZEISS SMT. 

65.000 Teile – 18 t Gewicht

Das Beleuchtungssystem für die High-NA-EUV-Lithografie besteht aus rund 25.000 Teilen und wiegt mehr als 6 t. Die Projektionsoptik kommt mit mehr als 40.000 Teilen auf rund 12 t Gewicht und sorgt für die hochpräzise Fokussierung des Lichts im Waferscanner. 

0,01 cm Abweichung auf der Fläche Deutschlands

Die Strukturen auf dem fertigen Mikrochip sind dagegen nur einige Nanometer groß. Zum Vergleich: 1 nm entspricht 0,0000001 cm. Um solche Strukturen abzubilden, müssen die Spiegel sehr präzise sein. Dafür werden auf die Spiegeloberfläche mehr als 100 extrem dünne Silizium- und Molybdän-Schichten aufgedampft – jede Schicht nur wenige Atomlagen stark. »Wie präzise die Spiegel sind lässt sich mit einem Gedankenexperiment erklären: Man stellt sich vor, der Spiegel wird so vergrößert, dass er die Fläche von Deutschland hat. In dieser Größe wäre die größte Unebenheit dann weniger als 100 µm groß. Das sind 0,01 cm – fast so fein wie ein menschliches Haar«, so Kürz.

Messtechnik ist 150 t pure Präzision

Um die Qualität der Spiegel zu prüfen, braucht es die präziseste Messtechnik der Welt. »Eine solche Messtechnik gab es nicht, also haben wir sie gemeinsam mit ASML parallel zur High-NA-EUV-Lithografie entwickelt und damit Pionierarbeit weltweit geleistet«, sagt Kürz. »Das ist die komplexeste Maschine, die wir je bei ZEISS gefertigt haben.« In Vakuumkammern mit rund fünf Metern Durchmesser prüft das insgesamt 150 Tonnen schwere Messgerät die Qualität der Spiegel nanometergenau.

Spitzentechnologie aus Europa

»Die High-NA-EUV-Lithografie ist Hightech „Made in Europe“«, sagt Andreas Pecher. In der hochinnovativen Technologie stecken ein Vierteljahrhundert Forschung und Entwicklung, mehr als 2.000 Patente von ZEISS, die Arbeit von rund 1.200 Netzwerkpartnern, Investitionen in Milliardenhöhe von ZEISS SMT und ASML sowie Fördermittel der Bundesregierung Deutschlands und der Europäischen Union für die technologische Souveränität Europas. »Das Herzstück für die weltweite Mikrochipfertigung kommt aus Europa«, so Pecher weiter. »Diese europäische Erfolgsgeschichte möchten wir noch lange fortschreiben. Dafür investieren wir an allen SMT-Standorten in Menschen, Maschinen und Infrastruktur, um die Megatrends der Zukunft zu ermöglichen.«


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